Nicht genug Talente: Wie der DFB die Nachwuchsarbeit im Frauenfußball reformiert

Die Nachwuchsarbeit ist für die Zukunft des deutschen Frauenfußballs essentiell. Aktuell wird das Potenzial laut DFB noch nicht ausgeschöpft. Mehrere Reformen sollen das ändern.
Das DFB-Logo: Der Verband hat einige Änderungen umgesetzt
Das DFB-Logo: Der Verband hat einige Änderungen umgesetzt / Juergen Schwarz/GettyImages
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Bei den medialen Debatten über den Frauenfußball geht es oft auch um große, öffentliche Themen: Zuschauerzahlen, TV-Quoten, und immer wieder das liebe Geld. Öffentlich weniger diskutiert als Mindestgehalt, Highlightspiele und Liga-Erweiterung wird dagegen das Thema Nachwuchsarbeit.

Verantwortliche von sämtlichen Klubs betonen dagegen die Wichtigkeit dieses Themas. Wer heute gut ausbildet, der erntet morgen die Früchte der Arbeit. Das zeigt etwa das Beispiel von Spanien, die auch wegen exzellenter Nachwuchsförderung binnen weniger Jahre vom Underdog zum Weltmeister aufstiegen.

Spanien dominiert auch die Turniere der U-Juniorinnen, während die DFB-Juniorinnen zuletzt gemischte Ergebnisse zu vermelden hatten. Bei der U17-EM 2022 siegte Deutschland noch, diesen Sommer dagegen schied die U19-Auswahl bei der EM schon in der Gruppenphase aus.

Probleme in der Breite: Nicht genug Spielerinnen, nicht genug Förderung

In Deutschland gibt es so einige Probleme, an denen es zu arbeiten gilt. Eins davon liegt in der Breite. Von der WM 2011 bis zur EM 2022 war die Zahl der beim DFB gemeldeten Mädchenteams (bis 16) konstant rückläufig. Das Problem liegt auf der Hand, denn die Qualität in der Breite wirkt sich auch auf die Spitze aus. Je mehr Spielerinnen überhaupt kicken, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass einige Ausnahmetalente darunter sind, und desto höher das allgemeine Niveau.

Nach der starken EM 2022 stieg die Zahl der Mädchenteams wieder an, aber damit sind noch nicht alle Probleme gelöst. Frauen- und Mädchenfußballverantwortliche von kleineren Klubs, egal ob in Bayern oder Nordrhein-Westfalen, erzählen oft von ähnlichen Problemen. Von vielversprechenden Spielerinnen, die jeden Tag mindestens eine Stunde pendeln müssen, um zum Training zu kommen. Weil es sonst kein Training auf ihrem Niveau gibt. Von unzureichenden Trainingsbedingungen, vom zermürbenden Kampf um die besten Plätze bei den Vereinen.

Bei Bayern München und Co. finden die Talente sehr gute Bedingungen vor, dort werden sie auf die Frauen-Bundesliga vorbereitet. Aber eine Ausbildung auf solch hohem Niveau ist eher die Ausnahme als die Regel.

Nachwuchsarbeit in der Spitze könnte einheitlicher werden

Viele der aktuellen Nationalspielerinnen haben, auch aufgrund des Mangels an besseren Möglichkeiten, lange bei den Jungs gespielt. Lena Oberdorf etwa. Die Nationalspielerin betont zwar stets, dass ihr das geholfen hätte, ihre Wettkampfhärte und Physis zu entwickeln. Trotzdem fehlt es aus DFB-Sicht an einer einheitlichen Ausbildung, an einer guten Koordination mit den Vereinen.

Im Männerfußball beklagen sich inzwischen einige über diese Auslöschung der Individualität der Spieler, die durch vorgegebene Drills und ein Zuviel an Koordinierung zu technisch perfekten, aber auch wenig aufregenden Spielern ausgebildet würden. Im Frauenfußball ist dieser Zustand noch weit entfernt.

B-Juniorinnen-Bundesliga abgeschafft: Förderung zu ineffizient

Der DFB arbeitet aktuell jedoch daran, die Nachwuchsförderung im Frauenfußball grundlegend zu verändern. Mit dem Projekt Zukunft wurde bereits die B-Juniorinnen-Bundesliga abgeschafft. Die Spielerinnen treten nun stattdessen in gemischten Juniorenligen mit Jungs an.

Das klingt zunächst paradox, wenn doch auch vereinheitlicht werden soll. Hintergrund ist, dass der DFB mit der Ausbildungsarbeit der Klubs unzufrieden sei: Eine Evaluation ergab, dass die erlernten Fähigkeiten der Spielerinnen sie "nur bedingt" auf das Spiel in einer Frauen-Liga vorbereiten würden. Spielerinnen würden trotz hohen Aufwands und langer Anfahrten nicht so gefördert und gefordert, wie es nötig wäre.

Daher soll für das Gros der Spielerinnen der Alltag erleichtert werden, indem die langen Fahrten in der B-Juniorinnen-Bundesliga wegfallen. Daran gab es jedoch auch Kritik, denn in der bisherigen B-Juniorinnen-Bundesliga konnten auch kleinere Klubs ganz oben mitspielen und sich mit bekannten Namen messen. Sie sind die Hauptleidtragenden der Reform, da sie, so DFB-Sicht, ihren Job bei der Ausbildung nicht gemacht haben.

Neue Leistungszentren: FLZW in Pilotphase

Für die Crème de la Crème der Spielerinnen dagegen könnte es bald eine weitere Lösung geben. Denn der DFB ist dabei, ein Äquivalent zu den aus dem Männerfußball bekannten Nachwuchsleistungszentren (NLZ) zu schaffen. Bei denen werden Spieler auf höchstem Niveau gefördert, sind meist in einem Internat untergebracht.

Der DFB hat 2024 eine Pilotphase für FLZWs (Förder- und Leistungszentren weiblich) gestartet. Die TSG Hoffenheim, der FC Carl Zeiss Jena, die SGS Essen, die SpVgg Greuther Fürth und der Eimsbütteler TV wurden als Pilotclubs ausgewählt. Sie werden nun vom DFB intensiv begleitet. Der DFB nennt auf seiner Website die Themenfelder "Sportliches Konzept, Klubphilosophie und -strategie, Personal, Infrastruktur, Duale Karriere, Sportpsychologie und Medizin" als Prioritäten. Genau diese Felder scheinen dem Verband bisher in der Ausbildung von Juniorinnen zu kurz gekommen zu sein.

Wie genau die FLZWs aussehen sollen und ob sie tatsächlich das NLZ-Konzept imitieren werden, steht aber noch nicht fest. Bald gibt es aber Neuigkeiten: Während der laufenden Saison 2024/25 soll eine mögliche Zertifizierung von FLZW eingeführt werden. Anhand fester Kriterien könnten sich dann auch andere Klubs bewerben, um ein anerkanntes FLZW zu werden.

Wie gut die Reform tatsächlich funktioniert, wird sich wohl erst in einigen Jahren zeigen - nicht zuletzt daran, ob das DFB-Nationalteam in der Breite noch besser aufgestellt ist als heute.