Mit Mut und Müller ins Halbfinale: Was der FC Bayern im Rückspiel gegen Inter besser machen muss
Von Dominik Hager

Der FC Bayern steht nach der 1:2-Pleite im Hinspiel gegen Inter Mailand mit dem Rücken zur Wand. Die Münchner zeigten sich in der heimischen Allianz Arena zwar über weite Strecken überlegen, bekamen jedoch längst bekannte Schwächen nicht in den Griff. Noch lebt die Hoffnung auf das Halbfinale, jedoch braucht es im San Siro einen Sieg, was selbstredend eine Herkules-Aufgabe wird.
Dennoch ist die Chance vorhanden, sollten die Bayern folgende sieben Aspekte besser hinbekommen als im Hinspiel:
1. Schnelleres Passspiel und Bewegung im Angriffsspiel
Natürlich geht ein schnelleres Passspiel immer auch mit einem erhöhten Risiko einher. Dennoch haben die Münchner insbesondere zwischen Minute 30 und 60 zu sehr auf die Bremse gedrückt. Wird jeder Ball erstmal angenommen, sich zurechtgelegt und zum Nebenmann gespielt, wird die Inter-Abwehr so schnell nicht in Verlegenheit kommen. Hier sind insbesondere Leon Goretzka und Joshua Kimmich gefragt, ein wenig häufiger das Gaspedal zu finden.
In der letzten halben Stunde hat das zwar besser funktioniert, jedoch ist gerade Goretzka fast jedem etwas komplizierteren Pass aus dem Weg gegangen. Gewissermaßen hatten es beide aber nicht leicht, weil die Offensive phasenweise nur gestanden hat und Tiefenläufe vermissen ließ. Diesbezüglich muss gerade von Leroy Sané mehr kommen, der wieder mal Probleme dabei hatte, aus statischen Situationen irgendetwas Gefährliches zu kreieren.
2. Nicht in Destruktivität verfallen
Der FC Bayern war gegen Inter zwar rund 70 Minuten lang die klar bessere Mannschaft, allerdings kann man definitiv nicht sagen, dass das 0:1 aus dem Nichts kam. Nach guten ersten 30 Minuten haben die Roten in dieser Phase das Spielen komplett eingestellt. Offensiv wurde Standfußball gespielt, während gegen den Ball niemand mehr in die Zweikämpfe kam und diese auch gar nicht groß gesucht worden sind.
Natürlich kann es ein probates Mittel sein, sich auch mal hinten reinzustellen, Kräfte zu sparen und den Gegner kommen zu lassen, jedoch ist das eben nicht das Spiel von Bayern München. Weitaus schwächere Mannschaften verstehen mehr davon, Beton anzurühren und den Kasten sauber zu halten als die Münchner.
Egal, wie sich der FC Bayern taktisch verhält, ist die Abwehr gerade in der aktuellen Konstellation immer verwundbar. Eine destruktive Spielweise passt einfach nicht zum FC Bayern. Nachdem man in Mailand aber ohnehin gewinnen muss, dürfte diese Gefahr nicht mehr so groß sein.
3. Chancenverwertung verbessern
Es ist ein leidiges Thema, das man gerade nach großen Spielen immer und immer wieder ansprechen muss. Die Chancenverwertung ist und bleibt die große Schwäche des FC Bayern im internationalen Fußball. Man ist geneigt zu sagen, dass nur die Münchner Spiele bei 2,65:0,9 x-Goals noch mit 1:2 verlieren können.
Der FC Bayern hatte gegen Inter Mailand 20 Schüsse und zahlreiche Großchancen. Insbesondere Harry Kane hätte als top-bezahlter Mittelstürmer aus seinen Chancen mindestens ein Tor machen müssen. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Bayern in Mailand mehr Torgelegenheiten bekommen werden, weshalb nun die Effektivität dringend hochgefahren werden muss. Ansonsten wird es definitiv nicht mehr für das Weiterkommen reichen.
4. Thomas Müller muss auf die Zehn
Zahlreiche Bayern-Fans waren enttäuscht und verärgert, dass Thomas Müller im Hinspiel gegen Inter nicht in der Startelf stand. Eigentlich war für ein typisches Müller-Spiel alles angerichtet. Zwar hatte der 35-Jährige als Joker mit seinem zwischenzeitlichen Ausgleichstreffer seinen großen Moment, jedoch dürfte spätestens jetzt klar sein: Im Rückspiel braucht es den Raumdeuter von Beginn an.
Die Bayern haben nach der Heimspiel-Niederlage nichts mehr zu verlieren und müssen riskieren. Müller ist noch immer für einen entscheidenden Treffer oder Assist gut und bringt die Mentalität und den unbedingten Willen mit, den Turnaround doch noch zu schaffen. Genau diese Spieler braucht es in solchen Momenten. Zudem könnte man darüber nachdenken, den nach seiner Einwechslung starken Serge Gnabry anstelle von Leroy Sané starten zu lassen.
5. Keine Akteure ohne Spielpraxis einsetzen
Angesichts der Tatsache, dass Kim min-jae an einer gelb-roten Karte schnupperte, war es schon nachvollziehbar, dass Vincent Kompany den Südkoreaner vom Platz genommen hat. Ebenso ist angesichts der Ausfälle von Hiroki Ito und Dayot Upamecano auch klar, dass es keine perfekte Alternative gab.
Dennoch war es ein Fehler, Sacha Boey für Kim ins Spiel zu bringen. Der Rechtsverteidiger hat weder Spielpraxis noch Selbstvertrauen, weshalb es auch nicht überraschend ist, dass er am Gegentreffer zum 1:2 große Aktien hatte. Kompany hätte wohl besser Joao Palhinha gebracht und diesen in die Innenverteidigung gestellt oder Leon Goretzka zurückbeordert. Dann hätte Laimer auch auf der rechten Abwehrseite bleiben können.
Im Rückspiel sollte sich Kompany definitiv davor hüten, Akteure mit so wenig Einsatzzeit wie Boey ausgerechnet in wichtigen Momenten ran zu lassen. Gerade bei Defensivspielern geht das eben häufig nach hinten los.
6. Fehler in der Abwehr einstellen
In einem solchen Spiel kann es durchaus dazu kommen, dass man mit zwei Konter-Gegentoren 1:2 verliert. Allerdings sahen die Gegentore nur ein wenig so aus, als wären sie Konter gewesen und sind eigentlich aus statischen Situationen entstanden.
Bei beiden Gegentreffern waren die Abstände viel zu groß und sowohl innen als auch außen in der Kette wurden gröbere Stellungsfehler gemacht und Fehlentscheidungen getroffen. So schön herausgespielt die Tore der Mailänder auch waren, sind sie eben auch viel zu einfach gefallen und haben klare Fehler im Münchner Defensivverhalten aufgedeckt.
Im Rückspiel ist also deutlich mehr Geschick und ein besseres Stellungsspiel gefragt. Mit Alphonso Davies und Dayot Upamecano fehlen die schnellsten und besten Münchner Verteidiger, die auch mal entwischte Gegenspieler wieder einholen können. Umso mehr muss die Kette darauf achten, Fehler zu vermeiden.
7. Bessere Standards treten
Sollten es die Bayern schaffen, Inter unter Druck zu setzen, werden einige Standardsituationen die logische Konsequenz sein. In der laufenden Saison haben sich die Bayern diesbezüglich auch durchaus gefährlich gezeigt.
Im Hinspiel gegen Inter war das aber überhaupt nicht der Fall. Die Eckbälle von Joshua Kimmich erinnerten im negativen Sinne an längst vergessene Zeiten und auch bei den direkten und indirekten Freistößen wurde es nie gefährlich. Inter aus dem Spiel zu knacken, ist keine leichte Aufgabe, weshalb es eklatant wichtig wäre, wenn Eckbälle und weitere Standards in Mailand wieder eine ganz andere Güteklasse haben würden.
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