Rheinderby in der Frauen-Bundesliga: Leverkusen im Aufwind - Köln kriselt

Köln und Leverkusen treffen für das 14. Rheinderby der Frauen aufeinander. Die Gefühlswelt bei den beiden Rivalen könnte vor dem Spiel kaum unterschiedlicher sein.
Köln hält den Zuschauerrekord in der Liga, aber sportlich läuft es durchwachsen
Köln hält den Zuschauerrekord in der Liga, aber sportlich läuft es durchwachsen / Mika Volkmann/GettyImages
facebooktwitterreddit

Wenn die Geschichte recht behält, dann können sich die Leverkusen-Fans auf das Rheinderby gegen Köln freuen. In den bisherigen zehn Spielen in der Frauen-Bundesliga gab es nämlich ein auffälliges Muster: Entweder Leverkusen holte mindestens einen Punkt, was in den letzten fünf Spielen der Fall war.

Oder aber Bayer verlor, aber schoss trotzdem drei Tore. Das klingt unwahrscheinlich, passierte aber schon zweimal in der noch eher kurzen Historie der Frauen-Rheinderbys. 2021 und 2019 siegte Köln je mit 4:3 gegen den Rhein-Rivalen.

Am Freitag, den 1. November um 18:30 Uhr, treffen Köln und Leverkusen wieder aufeinander. Und nicht nur die Geschichte, sondern auch die aktuelle Spielzeit, geben den Leverkusener Fans Grund zur Vorfreude. Denn die Gefühlslage könnte bei den beiden Teams unterschiedlicher kaum sein.

Köln wird als Tabellenelfter in das heimische Franz-Kremer-Stadion auflaufen. Zwei Punkte stehen auf dem Konto des Effzeh, ein Sieg aber nicht. Leverkusen dagegen grüßt von Tabellenplatz vier. Auch wenn das Spiel gegen Freiburg wohl wiederholt wird, sind die Aussichten gut. Die Tabellenlage passt zur Entwicklung der beiden Klubs in den letzten Jahren.

Dabei war vor wenigen Jahren noch mit beiden Klubs kaum zu rechnen: Leverkusen stieg erst 2018 wieder in die Bundesliga auf, Köln fristete zu der Zeit eine Existenz als Fahrstuhlklub. Zwischenzeitlich wirkte der Effzeh wie der Verein, der von beiden die größeren Ambitionen hegte. Inzwischen aber ist die Situation umgekehrt. Wie ist die ungleiche Entwicklung der beiden Klubs zu erklären?

Köln: Pech und fragwürdige Kader-Zusammenstellung

Die Kölner sind für ihr frohes Gemüt und ihren Optimismus bekannt. "Et hätt noch immer jot jejange" - übersetzt: Es ist immer noch alles gut gegangen - ist wohl der bekannteste Spruch aus der Rheinmetropole. Das Sprichwort könnte am Ende auch die Saison der Kölnerinnen ganz gut zusammenfassen.

Mit Platz elf wäre das Team von Daniel Weber in einer normalen Saison stark abstiegsgefährdet. Diese Spielzeit gibt es wegen der Aufstockung der Liga jedoch nur einen Absteiger. Und da sich Aufsteiger Turbine Potsdam aktuell desolat präsentiert, herrscht in Kölle aktuell wohl noch keine Krisenstimmung.

Das trotz eines historisch schlechten Saisonstarts: Es droht die schlechteste Hinrunde aller Zeiten, der bisheriger Negativrekord datiert aus der ersten Bundesliga-Saison 2015/16, nach der sich Köln prompt wieder verabschieden musste. Damals sammelte Köln in den ersten zehn Spielen fünf Punkte. Das direkte Duell mit Potsdam steht für den Effzeh noch aus. Wenn dort ein Sieg geholt wird, sieht es gut aus für den Klassenerhalt. Dann wäre am Ende doch wieder alles gut gegangen.

Große Transfers, aber nicht immer gut integriert

Aber langfristig hat Köln wohl keine Perspektive in der höchsten Liga, wenn die Entwicklung nicht bald wieder eine Trendwende macht. Zum dritten Mal in Folge steckt man im Abstiegskampf fest. Und zum dritten Mal in Folge war das eigentlich nicht wirklich zu ahnen.

Denn Köln machte in der Transferphase, wie schon in den letzten Jahren, mit prominenten Wechseln an den Rhein auf sich aufmerksam. Unter anderem kamen die österreichische Nationalspielerin Laura Feiersinger von der AS Roma und die ehemalige Torschützenkönigin Nicole Billa aus Hoffenheim.

Solche Namen wurden auch in den letzten Jahren schon präsentiert, das Problem: So richtig schien der Kader selten zusammenzufinden, ob unter Weber oder seinem Vorgänger Sascha Glass. Die Zusammenstellung des Kaders wirkt trotz einigem Talent wenig kohärent.

Pech mit Verletzungen und Spielverläufen

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass Köln in den letzten Jahren großes Pech hatte. Erst im letzten Spiel, einem Unentschieden gegen Jena, verletzte sich Leistungsträgerin Adriana Achcinska. Die 22-Jährige hatte zuvor noch das Traumtor zur Führung erzielt. Großes Verletzungspech hatte Köln schon in den letzten Jahren.

Das beste Beispiel für die Mischung aus seltsamer Kaderzusammenstellung und Pech ist die Personalie Selina Cerci. Cerci kam 2022 an den Rhein, als hoffnungsvolle Nachwuchsstürmerin, die aber noch einen Kreuzbandriss auskurieren musste. Die Genesung zog sich hin, Cerci hatte immer wieder Rückfälle.

Wenn sie spielte, hatte sie ein paar gute Szenen, aber der Sturm passte schlicht nicht gut zusammen. Cerci kam in ihren zwei Jahren auf nur vier Tore - genauso viele hat sie bereits nach zwei Monaten bei Hoffenheim auf dem Konto, wo sie prompt zur DFB-Nationalspielerin avancierte. Die Kölner Verantwortlichen dürften sich ordentlich geärgert haben.

Selina Cerci
Selina Cerci (links) durfte gerade erst für die DFB-Frauen jubeln / Pau Barrena/GettyImages

Köln hat eigentlich gute Bedingungen und tolle Fans, die auch den aktuellen Zuschauerrekord (38.365 gegen Frankfurt) aufstellten. Da wäre eigentlich mehr drin - selbst wenn die Ressourcen seit der Zweitklassigkeit der Männer vermutlich knapp sind. Diese Saison machten einige Auftritte Hoffnung, aber Zählbares gab es kaum.

Als Fazit eignet sich ein weiteres Kölner Sprichwort, dieses Mal nicht traditionell, sondern aus dem Mund des Ex-Trainers Steffen Baumgart: "Ich würde es nicht auf Glück oder Pech schieben, aber Glück haben wir aktuell auf keinen Fall, dafür aber eine ganze Menge Pech."

Leverkusen: Solide Arbeit, langsamer Aufstieg

Munterer ist die Stimmung kurz vor Anbruch der Karnevalszeit in Leverkusen. Nur gegen den FC Bayern München verlor Bayer bisher. Das 2:3 am letzten Spieltag war unglücklich, gegen den Meister hätte Leverkusen ein Pünktchen durchaus verdient gehabt. Es sieht so aus, als würde sich die positive, wenn auch langsame, Entwicklung der letzten Jahre fortsetzen.

Leverkusen rast nicht im Raketentempo durch die Liga, konnte sich nicht schnell in den Top Drei etablieren wie Eintracht Frankfurt. Aber es geht kontinuierlich nach oben. Nach dem Bundesliga-Abstieg 2017 scheint bei den Verantwortlichen ein Schalter umgelegt worden zu sein: Wenn wir hier Frauenfußball machen, dann nicht nur halbherzig, sondern richtig.

Transfers passen zum Kader

Seitdem arbeitete sich Leverkusen vom Tabellenkeller in das obere Mittelfeld vor. Die sportliche Arbeit kann man nur als solide bezeichnen: Große Stars holt Bayer selten, dafür kamen in den letzten Jahren Namen wie Elisa Senß oder Jill Baijings, die sich bereits in der Bundesliga empfohlen hatten - und zum Kader passten.

Beide spielen inzwischen bei Topklubs, in München und Frankfurt. Das ist einerseits ein Kompliment für das Leverkusener Scouting, andererseits aber auch ein Beweis, dass Bayer noch eins fehlt: Die Top-Spielerinnen können sie noch nicht halten, bei Frankfurt war das einer der wesentlichen Faktoren bei der Etablierung in den Top Drei.

Dazu kommen Leihspielerinnen wie Karolina Lea Vilhjalmsdottir und große Talente wie Loreen Bender. Stürmerin Kristin Kögel blühte diese Saison richtig auf und wurde zur 90min-Spielerin des Monats September. Leverkusen zeigte auch Mut und Ambitionen, als sie nach der letzten Saison trotz sportlich zufriedenstellender Ergebnisse den Trainer Robert de Pauw ziehen ließen und einen Neuanfang wagten.

"Wir haben die Ambition, auf ein Niveau mit Hoffenheim und Frankfurt zu kommen", sagte Leverkusens Sportlicher Leiter Achim Feifel diesen Sommer im 90min-Gespräch. Der große Druck soll aber vermieden werden, die Infrastruktur nachhaltig ausgebaut werden. Klingt ein bisschen langweilig, aber es ist nachhaltig. Der Erfolg gibt Leverkusen Recht.

Nur bei einem Punkt hinken sie den Rivalen aus Köln weiter hinterher. Trotz guter Ergebnisse ist das Zuschauerinteresse weiter eher gering. Der Zuschauerschnitt hat sich in den letzten Jahren allerdings schon fast vervierfacht, stieg von 300 auf 1.169 in dieser Saison. In Köln sind es nur etwa vierhundert mehr, aber die Stimmung ist doch eine andere.

Das Herz des rheinischen Frauenfußballs klopft in Köln, doch das Gehirn sitzt in Leverkusen.