Mit "spanischem Flair" & neuer Kapitänin: DFB-Team kommt vor Olympia immer besser in Schwung
Von Adriana Wehrens
Zwei Spiele, zwei Siege, jeweils drei geschossene Tore - die deutsche Nationalmannschaft ist mustergültig in die Qualifikation um die Europameisterschaft 2025 gestartet. Sowohl gegen Österreich als auch gegen Island holte das DFB-Team drei Punkte. Nach langer Ungewissheit scheint die Mannschaft von Horst Hrubesch endlich den Weg zurück zur so wichtigen Konstanz gefunden zu haben, die auch für diesen Sommer beim Olympia-Turnier ein wichtiger Faktor sein wird.
Auch DFB-Frauen nun völlig losgelöst?
Zuschauerinnen und Zuschauer, die den Fernseher am Dienstagabend auch noch nach Abpfiff des Duells zwischen Deutschland und Island laufen ließen und nicht gleich rüber zur Champions League der Männer schalteten, konnten verfolgen, wie die deutschen Spielerinnen ihren verdienten Sieg feierten. Mit einem Strahlen in den Gesichtern tanzte die Mannschaft von Interimstrainer Horst Hrubesch zu den Klängen von Major Tom auf dem Platz und feierte im Anschluss gemeinsam mit den etwas mehr als 16.000 Fans im Stadion.
Da kam schon fast wieder eine ähnliche Stimmung wie bei der so erfolgreichen EM vor zwei Jahren auf, als man neben den herausragenden sportlichen Leistungen auch mit einem einstudierten Tanz auf sich aufmerksam gemacht hatte. Die Leichtigkeit scheint langsam wieder zurüchzukehren, genauso wie die Konstanz auf dem Spielfeld.
Die deutsche Nationalmannschaft der Frauen stand schon immer besonders für ihren außergewöhnlichen Teamgeist und ungebrochene Leidenschaft. Nach dem verlorenen EM-Finale in England hat es einen zwischenzeitlichen Einbruch gegeben, der unter anderem zum frühen Aus bei der letztjährigen Weltmeisterschaft und anschließend wackligen Leistungen in der Nations League führte. Mit dem Abgang von Martina Voss-Tecklenburg, der Rückkehr von Horst Hrubesch als Interimstrainer und der Bestimmung von Christian Wück als Nachfolger ist endlich Gewissheit in das Team zurückgekehrt und in Verbindung dazu scheinbar auch die Leichtigkeit auf dem Spielfeld, die längere Zeit abhanden gekommen war.
Neue Kapitänin und spanisches Flair
Besonders auffällig bei beiden Länderspielen aus den vergangenen Tagen war die deutlich höhere Anzahl an jüngeren Spielerinnen, die in der Startelf standen. Neben der zurückgetretenen Svenja Huth fehlten bei dieser Maßnahme Kapitänin Alexandra Popp und Marina Hegering (beide verletzt), die normalerweise gesetzt sind. So ergab sich für beide Partien ein Startelf-Durchschnittsalter von 25,4 Jahren, wo unter anderem Jule Brand und Sjoeke Nüsken zu mehr Einsatzzeit als gewohnt kamen. Und mit Bibiane Schulze Solano gab es eine Debütantin, die gleich bei ihrem ersten Lehrgang mit der Nationalmannschaft bei einem Spiel von Beginn an ran durfte.
Und diese Spielzeit nutzte die Innenverteidigerin von Athletic Bilbao, um einen guten ersten Eindruck bei Trainer und Mannschaft zu interlassen. "Sie ist ein Typ, der sich in jeder Form einbringt", lobte Hrubesch nach der Partie gegen Island. Der Trainer zeigte sich vor allem erfreut, dass er nun einen Linksfuß als Option für die linke Innenverteidiger-Position zur Verfügung stehen hat. Schulze Solano, die vor ihrem Wechsel nach Spanien für Frankfurt gespielt hat, zeigte auf dem Platz eine entschlossene Zweikampfführung und ein ruhiges sowie präzises Aufbauspiel.
Auch Mittelfeldspielerin Lena Oberdorf freut sich über den "Neuzugang". Die Verteidigerin sei "extrem gut ins Team gekommen" und habe gleich ihren Teil beitragen könnnen.
Durch den Wegfall von Popp und Huth musste sich Hrubesch außerdem für eine neue Besetzung der Kapitänsposition entscheiden. Die Wahl fiel auf Giulia Gwinn vom FC Bayern München, mit Oberdorf als ihre Stellvertreterin. Die 24-jährige Rechtsverteidigerin, die ihre Führungsqualitäten bereits in der Vergangenheit unter Beweis gestellt hat, überzeugte auch mit der Binde am Arm wie gewohnt mit einer guten Mischung aus defensiver Stabilität und Offensivdrang auf dem Flügel. Zudem kann Gwinn weiterhin ihre makellose Elfmeter-Statistik aufrechterhalten. Denn auch ihren fünften Elfmeter im Trikot der Nationalmannschaft verwandelte die Münchnerin ohne Probleme.
Mit ihren Qualitäten als Fußballerin, aber auch als Kapitänin, verkörpert die 24-Jährige die aufstrebende junge Generation, die sich aktuell langsam aber sicher im DFB-Team festspielt und überzeugt. Trotzdem versichert Gwinn, dass sie das Kapitänsamt bei einer Rückkehr von Popp natürlich wieder an die Torjägerin vom VfL Wolfsburg übergebe.
Einziges Manko: Chancenverwertung
Auch wenn nach zwei Siegen zum Auftakt der EM-Quali (zu Recht) die Freude überwiegt, gibt es auch noch einige Baustellen im deutschen Team, auch wenn die Anzahl über die vergangenen Monate deutlich zurückgegangen ist. In beiden Duellen musste die deutsche Abwehr Gegentore hinnehmen. Gegen Österreich lagen die Deutschen bereits nach einer Viertelstunde mit 0:2 hinten, gegen Island kassierte man den zwischenzeitlichen Ausgleichstreffer zum 1:1. Während man den Nachbarinnen aus Österreich in den Anfangsminuten zu viele Räume überließ, war es in Aachen die Lufthoheit, die über weite Strecken den Isländerinnen gehörte.
Hingegen sei es am Dienstagabend laut Hrubesch gelungen, das Spiel über 90 Minuten zu kontrollieren. "Das Einzige, was wir nicht getan haben, war, es noch deutlicher zu entscheiden. Wir wollen da hinkommen, dass es noch souveräner, noch klarer und noch deutlicher wird." Denn während in der ersten Hälfte drei erfolgreiche Torabschlüsse gelangen, versäumte das DFB-Team es im zweiten Durchgang, noch mehr Treffer zu erzielen. Die Chancen dafür gab es zu Genüge, doch schlussendlich fehlte das letzte Fünkchen Entschlossenheit, um das Spiel mit einem noch höheren Ergebnis zu Ende zu bringen.
Trotz allem blickt die deutsche Nationalmannschaft auf zwei wichtige Siege zurück. "Die Zeiten sind vorbei, dass man alle Mannschaften in Grund und Boden spielt", betont Hrubesch. "Wenn wir nicht hundert Prozent auf den Platz bringen, wird das nicht funktionieren." Dies wird umso mehr beim olympischen Turnier im Sommer zutreffen, wo das DFB-Team bereits in der Gruppenphase auf Hochkaräter USA sowie Australien und Sambia trifft. Vor allem bahnt sich aufgrund der Größe des erlaubten Kaders zuvor noch ein harter Konkurrenzkampf an, denn es dürfen nur 18 Spielerinnen mit nach Frankreich reisen.