Zuschauergarantie bei der EM? Ceferin verhält sich egoistisch und rücksichtslos
Von Stefan Janssen
Schon immer ging es der UEFA vor allem darum, viel Geld zu verdienen. Die Forderung, dass die Spielorte der Europameisterschaft bis April garantieren sollen, dass im Juni Zuschauer erlaubt sein werden, ist aber geradezu lachhaft. Das Verhalten des Verbandes um Präsident Aleksander Ceferin ist während der aktuellen Pandemie egoistisch, rücksichtslos und unmenschlich.
Natürlich geht es bei der UEFA in erster Linie darum, Geld zu verdienen und den Gewinn zu maximieren. Anders sind gewisse Schritte auch gar nicht zu rechtfertigen: Die Aufstockung der Europameisterschaft vor vier Jahren auf 24 Mannschaften hatte keinerlei sportlichen Wert, sondern sorgte für ein eher ödes Turnier in Frankreich, bei dem am Ende eine Mannschaft Europameister wurde, die nach 90 Minuten ein einziges Spiel gewonnen hatte. Die Europa Conference League verspricht jetzt auch nicht gerade hochklassigen Fußball, der die Fans vor den Fernseher locken wird.
Zumindest nicht hier in Deutschland. Kaum jemand hat sich mal mit diesem neuen Wettbewerb befasst oder hat überhaupt auf dem Schirm, dass er schon in diesem Sommer beginnen wird. Grüße gehen raus an Max Kruse von Union Berlin. Und dann gibt es da ja noch diese Nations League, deren sportlicher Wert ebenfalls umstritten ist - diplomatisch formuliert.
Mit mehr Wettbewerben lässt sich noch mehr Geld verdienen
Aber in kleineren Fußballändern sieht das schon anders aus. Da ist es schon etwas besonderes, dank der Aufstockung an einer Europameisterschaft teilnehmen zu können, oder in der Nations League mal nicht ständig von den Großen auf die Nase zu bekommen und natürlich auch, in der neuen Europa Conference League einmal im internationalen Vereinsfußball mehr zu sein als ein Nebendarsteller, der im Juli in einer der gefühlt 17 Qualifikationsrunden die Segel streicht. Hier lässt sich für die UEFA noch Geld verdienen.
Das alles kann man jetzt eben noch ein wenig unter Größenwahn abstempeln oder unter dem allseits bekannten Credo 'höher, schneller, weiter'. Das kann man hinnehmen oder eben keinen Fußball mehr schauen, denn ansonsten unterstützt man das Ganze, wenn auch nur mittelbar und im Kleinen. Doch die Pläne von UEFA-Präsident Aleksander Ceferin, die Europameisterschaft in diesem Jahr um jeden Preis mit Fans im Stadion austragen zu wollen, ist nicht einmal mehr größenwahnsinnig. Das ist schlicht verantwortungslos und komplett an der Realität vorbei. Zwar hat die UEFA den Vorstoß seines Präsidenten leicht relativiert (kein Gastgeber werde "automatisch" gestrichen, sollten nur Geisterspiele möglich sein), doch der Grundgedanke bleibt.
"Jeder Gastgeber muss garantieren, dass bei seinen Spielen Fans sein werden."
- UEFA-Präsident Aleksander Ceferin (Sky)
Schon das krampfhafte Festhalten daran, das Turnier wie geplant in zwölf Ländern austragen zu wollen, sind zu Zeiten einer Pandemie lachhaft. Jetzt aber die Gastgeberländer und -städte tatsächlich dazu zwingen zu wollen, Zuschauer in den Arenen zuzulassen, treibt es nochmal auf eine ganz neue und viel höhere Spitze. Nicht nur sollen die Austragungsorte das erlauben, sie sollen es auch zwei Monate vor dem Turnier entscheiden - wie soll das bitte funktionieren?
Die UEFA stellt die EM über die Pandemie
Die Alternative ist, dass die Europameisterschaft dann an bestimmten Spielorten eben doch nicht stattfindet, wenn nicht schon im April garantiert werden kann, dass im Juni Fans erlaubt sein werden. Eine romantische Vorstellung wäre es, wenn sich alle Gastgeber zusammenschließen, diesen Zirkus nicht mitmachen würden und im Notfall dafür sorgen, die Europameisterschaft erneut ausfallen zu lassen. Aber das wird leider nicht passieren - denn auch hier ist sicher Geld im Spiel.
Letzten Endes erschüttern diese skrupellosen Machenschaften immer wieder aufs Neue. Es ist unglaublich, mit welcher Selbstverständlichkeit die UEFA ein Fußballturnier über eine Pandemie stellt. Über eine Pandemie, die bereits so viele Menschenleben forderte und noch fordert. Und die es, so sehr es bereits seit einem Jahr schmerzt, von uns allen verlangt, uns einzuschränken, um so viele Leben zu retten wie möglich.
Das Verhalten der UEFA macht nur noch fassungslos. Größenwahn reicht hier nicht mehr. Was die UEFA macht ist rücksichtslos, egoistisch und unmenschlich. Es ist genau das Gegenteil von dem, was die Pandemie von uns allen einfordert, um sie zu überstehen. Es lässt zweifeln, ob man das alles noch mitmachen und durch seinen Konsum unterstützen möchte.