Zurück in die Zukunft? Löw öffnet auch Amin Younes die EM-Tür!
Von Guido Müller
Auf keines seiner Interviews in den letzten Jahren dürften die Fans der deutschen Nationalmannschaft gespannter gewartet haben. Gegenüber dem kicker gab Bundestrainer Jogi Löw einen vorsichtigen Ausblick - sowohl auf den Ende des Monats wartenden Triple-Header in der WM-Qualifikation für Katar 2022 (gegen Island, Rumänien und Nordmazedonien), als auch auf die im Juni beginnende Europameisterschaft.
Im Zentrum des Interesses lag dabei natürlich das Schicksal des vor zwei Jahren aussortierten Trios um Thomas Müller, Jerome Boateng und Mats Hummels. Der Plan Löws, zukünftig ohne diese Drei (die quasi als Stellvertreter aller für das WM-Desaster 2018 Verantwortlichen öffentlich an den Pranger gestellt wurden) ist krachend gescheitert.
Negativer Höhepunkt (wenn auch nicht so hoch zu hängen, wie es bisweilen von einigen getan wurde) war sicherlich die demütigende 0:6-Klatsche der DFB-Adler in Spanien im vergangenen November.
Doch das Spiel bei den Spaniern deckte letztlich nur auf, was sich schon in den vorangegangenen Spielen der Nationalkicker angedeutet hatte. Die damals kritische Corona-Situation auf der iberischen Halbinsel, gepaart mit verletzungsbedingten Ausfällen von Spielern wie Joshua Kimmich oder Kai Havertz taten dann ihr übriges.
Es zeigte sich nach der Ausbootung (die von Löw clevererweise nie als absolut endgültig bezeichnet wurde), dass der Mannschaft ein starkes Korsett um drei bis vier Säulenspieler fehlte. Das von Löw bestellte Personal konnte jedenfalls nie den Eindruck erwecken, die Weltmeister von 2014 gleichwertig zu ersetzen.
Löw "unterbricht" den Umbruchsprozess
Das scheint jetzt auch Jogi Löw erkannt zu haben. Von den zwischen März 2019 und März 2021 stets von ihm bemühten Floskeln a la "wir wollen anderen eine Chance geben" ist heuer nicht mehr viel zu hören. Weil diese "anderen", zumal in der Qualitätsstufe der betreffenden Drei, bislang nicht gefunden wurden.
Und Zeit, sie noch vor dem EM-Turnier zu finden, hat Löw schlicht und einfach keine mehr. Nach den besagten Quali-Spielen Ende des Monats wird es bis zur EURO2020 keine weiteren Testspiele mehr geben (außer vielleicht dem traditionellen Aufgalopp zum Turnier hin gegen Liechtenstein oder irgendeine Regional-Auswahl, der aber keine wesentliche Aufschlüsse geben dürfte).
Dennoch wird Löw vorerst auf Müller, Boateng und Hummels verzichten. "Zunächst möchte ich da sehen, wie weit wir mit dem Umbruch sind und wie die Mannschaft auf das 0:6 gegen Spanien reagiert".
Das Trio der Aussortierten bis zum Mitte Juni beginnenden Turnier wieder in die Mannschaft einzubauen, dürfte dann der nächste zu erwartende Schritt sein. "Das wird eine schwierige und wichtige Frage werden, auch für mich", gestand der 61-Jährige gegenüber dem Fachblatt.
Und sprach, wohl auch um sein eigenes Gesicht zu wahren und nicht als Phrasenschläger dazustehen, von einer Unterbrechung des Umbruchprozesses, den er mit seiner Entscheidung im März 2019 einleiten wollte.
Und einmal die Dynamik einer Rückkehr zumindest potentiell in Gang gesetzt, kam Löw auch gleich auf noch einen möglichen Comebacker im DFB-Dress zu sprechen: Amin Younes spielt seit seiner Ankunft bei Eintracht Frankfurt in bestechender Art und Weise auf.
Auch Younes wieder im Fokus des Bundestrainers
"Er ist absolut ein Thema für uns, ob für die EM oder schon im März. Er hat beim Confed-Cup 2017 einen positiven Eindruck bei uns hinterlassen, danach stagnierte er in seiner Entwicklung aus verschiedenen Gründen. Jetzt genießt er wieder das Vertrauen seines Trainers und zahlt das mit Leistung zurück", kommentierte Löw diese Personalie.
Bei erwähntem Confed-Cup spielte sich damals auch ein Lars Stindl in den Mittelpunkt. Der Kapitän von Borussia Mönchengladbach war seitdem einer der beständigsten und konstantesten Spieler der Fohlen - und ist auch in dieser Saison wieder einer der absoluten Leistungsträger seines Teams.
Auch ihn sollte Löw, angesichts der derzeitigen Formschwäche eines Julian Brandt oder Marco Reus, nicht aus den Augen verlieren.
Spieler, die in der Vergangenheit bereits für Deutschland gespielt haben, könnten sich im Sommer also ihren Traum von einer EM-Teilnahme erfüllen. Für die Müllers, Boatengs, Hummels, Younes oder auch Stindls könnte es also bald heißen: Zurück in die Zukunft.