Wolfsburg startet souverän in die Saison: Noten & Erkenntnisse zum 3:0 gegen Leverkusen
- Vizemeister startet mit 3:0 gegen Leverkusen in die Saison
- Oberdorf, Lattwein und Jónsdóttir treffen
- Stroot mit neuem System
Von Daniel Holfelder

Der VfL Wolfsburg hat zum Start in die neue Bundesliga-Saison nichts anbrennen lassen. Im Heimspiel gegen Bayer Leverkusen setzten sich die Wölfinnen klar und deutlich mit 3:0 durch.
VfL Wolfsburg - Bayer Leverkusen 3:0 (2:0)
Tore
1:0 Lena Oberdorf (15. Minute/Vorarbeit Alexandra Popp)
2:0 Lena Lattwein (21./Felicitas Rauch)
3:0 Sveindís Jónsdóttir (48./ohne Vorarbeit)
Spielverlauf
In der Anfangsphase war der VfL optisch überlegen, fand gegen die Leverkusener Abwehr aber kein Durchkommen. Das änderte sich in der 15. Minute: Felicitas Rauch setzte Alexandra Popp mit einem feinen Pass in Szene, die Mittelstürmerin bediente mit ihrer Hereingabe die eingelaufene Lena Oberdorf, die aus kurzer Distanz nur noch einschieben musste - 1:0. Nur sechs Minuten später sorgte Lena Lattwein früh für klare Verhältnisse. Nach einem Freistoß von Felicitas Rauch kam die Mittelfeldakteurin vollkommen frei zum Kopfball und ließ sich diese Chance auf das 2:0 nicht entgehen. Bis zur Halbzeit kontrollierten die Wölfinnen das Spiel, Leverkusen kam kaum zum Zug. Ewa Pajor tauchte zweimal gefährlich vor dem Kasten (24./27.) auf, auch Alexandra Popp hätte beinahe zum 3:0 getroffen (33.), verzog aber.
An der Wolfsburger Überlegenheit änderte sich auch nach dem Seitenwechsel nichts.
Sveindís Jónsdóttir machte nur drei Minuten nach Wiederanpfiff alle Leverkusener Hoffnungen auf ein Comeback zunichte und staubte nach einem Lattentreffer von Jule Brand zum 3:0 ab. Wenig später brachte Tommy Stroot Vivien Endemann und Svenja Huth in die Partie. Vor allem letztere erwies sich als belebendes Element. Zunächst war es jedoch Endemann, die gefährlich zum Abschluss kam (64.), gefolgt von eben Huth (74.) und Alexandra Popp (77.). Auch Bayer bekam die ein oder andere Gelegenheit auf den Anschlusstreffer. Der gefährlichste Versuch kam von Kapitänin Elisa Senß, deren Distanzschuss nur knapp über das Tor ging (89.). Die Wölfinnen hätten gerne das 4:0 erzielt, scheiterten aber in Person von Ewa Pajor, Svenja Huth und Lynn Wilms an Bayer-Schlussfrau Repohl und am Pfosten (86.). Dort landete auch ein artistischer Versuch von Svenja Huth, die in der Nachspielzeit zum Fallrückzieher angesetzt hatte. Nur wenige Zentimeter fehlten zum Tor des Monats.
Noten
Startelf:
Merle Frohms (6/10) - Lynn Wilms (6/10), Kathrin Hendrich (6/10), Dominique Janssen (6/10), Felicitas Rauch (8/10) - Lena Lattwein (8/10), Lena Oberdorf (8/10), Jule Brand (5/10) - Sveindís Jónsdóttir (7/10), Alexandra Popp (8/10), Ewa Pajor (5/10)
Einwechslungen:
59. Svenja Huth (8/10) für Jule Brand
59. Vivien Endemann (5/10) für Sveindís Jónsdóttir
66. Chantal Hagel (ohne Bewertung) für Lena Oberdorf
66. Marina Hegering (o. B.) für Dominique Janssen
78. Fenna Kalma (o. B.) für Alexandra Popp
Schlüsselspielerinnen
Felicitas Rauch
Rauch leitete die Führung mit einem herrlichen Pass auf Alexandra Popp ein und gab per Freistoß die direkte Vorlage zum 2:0. Defensiv ließ die Linksverteidigerin nichts anbrennen.
• Lena Lattwein
Lattwein war als alleinige Abräumerin vor der Viererkette unterwegs, sorgte dort für die defensive Stabilität und setzte auch offensiv immer wieder kluge Impulse. Im Spielaufbau gefiel die gebürtige Saarländerin mit Übersicht und Passsicherheit. Der Kopfballtreffer zum 2:0 war das i-Tüpfelchen auf eine tolle Leistung.
• Lena Oberdorf
Oberdorf soll in dieser Saison eine offensivere Rolle einnehmen und startete gegen Leverkusen nicht wie üblich auf der Sechserposition. Stattdessen beorderte Trainer Tommy Stroot die Nationalspielerin auf die Achterposition - und lag damit goldrichtig. Nicht nur, dass Oberdorf die Führung erzielte. Ohne dabei ihre Defensivaufgaben zu vernachlässigen, hatte die 21-Jährige in der offensiveren Rolle deutlich mehr Einfluss aufs Spiel.
• Alexandra Popp
Popp trug sich zwar nicht selbst in die Torschützenliste ein, dafür bereitete sie Oberdorfs Führungstreffer mustergültig vor und war von der Leverkusener Abwehr auch sonst kaum unter Kontrolle zu bringen. Wie gewohnt zeigte die Stürmerin enorme Einsatzbereitschaft und hatte einen großen Aktionsradius.
• Svenja Huth
Nach der Geburt ihres Sohnes Emil nahm Huth zunächst auf der Bank Platz. Als Jokerin machte die Nationalspielerin aber deutlich, dass sie trotz ihrer 32 Jahre keineswegs zum alten Eisen gehört. Zwar war die Partie bei Huths Einwechslung schon entschieden, trotzdem sorgte die quirlige Dribblerin sofort für mächtig Betrieb und war in der zweiten Halbzeit Wolfsburgs Aktivposten. Beinahe hätte sich die frischgebackene Mutter für ihre couragierte Leistung mit einem Traumtor belohnt. Ihr Fallrückzieher in der Nachspielzeit klatschte jedoch an den Innenpfosten.
Erkenntnisse
• Tommy Stroot setzt auf ein neues System
Im Vergleich zur Vorsaison hat Trainer Tommy Stroot das System verändert. Während er seine Mannschaft im letzten Jahr in einer 4-2-3-1-Formation ins Rennen schickte, bevorzugt er nun ein 4-3-3-System. Gegen Leverkusen bedeutete das, dass Lena Lattwein als einzige Sechs auflief, Lena Oberdorf und Jule Brand die Halbpositionen im Mittelfeld bekleideten und Alexandra Popp ins Sturmzentrum rückte. Als Links- bzw. Rechtsaußen fungierten Ewa Pajor und Sveindís Jónsdóttir.
Wie der VfL mittel- und langfristig mit dem neuen System fährt, lässt sich nach einem Spieltag natürlich nicht beurteilen. Fest steht allerdings, dass Lena Oberdorf in der neuen Formation eine offensivere Rolle einnimmt als bisher und Alexandra Popp dauerhaft vom Mittelfeld ins Sturmzentrum rückt. Die "Leidtragende" ist Ewa Pajor, die auf der Außenbahn wohl nicht mehr ganz so viele Abschlüsse bekommen wird wie auf der Neun.
• Die Neuzugänge verstärken das Team in der Breite, nicht in der Spitze
Anders als der FC Bayern, der sich im Sommer namhaft verstärkt hat, setzte der VfL auf dem Transfermarkt vor allem auf Talente. Vor Saisonbeginn war nicht davon auszugehen, dass sich die Neuzugänge bald einen Stammplatz erkämpfen können. Die Begegnung gegen Leverkusen bestätigte diese Einschätzung.
Keine der insgesamt neun Neuverpflichtungen stand gegen die Werkself in der Startformation, stattdessen setzte Tommy Stroot auf die Spielerinnen, die auch in der Vergangenheit erfolgreich waren. Vivien Endemann, Chantal Hagel und Fenna Kalma feierten in der zweiten Halbzeit ihr Bundesliga-Debüt im grün-weißen Trikot, konnten sich aber noch nicht nachhaltig empfehlen.
• Die Bundesliga bleibt eine Zweiklassengesellschaft
Obwohl Leverkusen als Vorjahresfünfter auch in dieser Spielzeit die obere Tabellenhälfte ansteuert, kam zu keinem Zeitpunkt des Spiels Spannung auf. Der VfL beherrschte die Werkself nach Belieben. Wie schon in den letzten Jahren erwartet uns eine Saison, in der viele Spiele schon vor dem Anpfiff entschieden sind. Daran ändern auch die Ausrutscher von Bayern gegen Freiburg und von Frankfurt gegen die SGS Essen nichts. Diese beiden Überraschungen werden die Ausnahme von der Regel bleiben.
Die Kluft zwischen den Top Vier aus Bayern, Wolfsburg, Frankfurt und Hoffenheim und dem Rest der Liga ist zu groß. Die Spitzenklubs, vor allem die Bayern und der VfL, gewinnen gegen den Großteil der Liga auch mit halber Kraft. Diese Diskrepanz ist beileibe kein deutsches Problem, sondern gilt für alle europäischen Topligen - und schadet der Attraktivität des Frauenfußballs.
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