Wohin geht's, 1. FC Nürnberg? - Die Zukunftspläne der Club-Frauen

Die Frauen des 1. FC Nürnberg sind nach nur einer Saison im Oberhaus wieder abgestiegen. Dennoch verfolgt der Verein seine ganz eigenen Pläne, um in Zukunft im Frauenfußball wieder oben anzukommen. Osman Cankaya, der sportliche Leiter, gibt Einblicke in die Bestreben der Franken.
Wohin führt der Weg der Frauen des 1. FC Nürnberg?
Wohin führt der Weg der Frauen des 1. FC Nürnberg? / Sebastian Widmann/GettyImages
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Als eine "sehr lehrreiche Saison" betitelt Osman Cankaya, der sportliche Leiter der Frauenmannschaft des 1. FC Nürnberg, die vergangene Spielzeit im 90min-Gespräch. Der ambitionierte Aufsteiger aus der Frankenmetropole musste nach nur einer Saison in der Bundesliga, mit 15 erspielten Punkten, die Segel in Richtung Liga zwei setzen. Für die Zukunft verfolgt der Verein klare Pläne und für Cankaya ist sicher, dass "der Standort Nürnberg eine Bereicherung für die Bundesliga ist".

Der "alternative" Weg

Der 1. FC Nürnberg geht seinen eigenen Weg - "einen alternativen Weg", wie ihn Osman Cankaya beschreibt. Die vergangene Saison habe dem sportlichen Leiter gezeigt, dass dieser Weg funktionieren kann. "Das Geschäft Fußball ist zwar nicht immer berechenbar, aber kalkulierbar". Seit der Regionalliga verfolgt der Verein ein gewisses System in Sachen Analyse, Kaderzusammenstellung und Scouting. Die Verantwortlichen des Clubs würden diesen Weg "mit vollem Engagement und Elan" tragen.

Mit Blick auf das Transfergeschehen fällt auf, dass der Club mit Kapitänin Lea Paulick und Dauerbrennerin Jessica May zwei absolute Leistungsträgerinnen verlieren wird. Acht Abgängen stehen bislang vier Neuzugänge gegenüber. Auch in Sachen Neuverpflichtungen geht der Verein den "alternativen" Weg: Der 1. FC Nürnberg hat Richtwerte und Positionsprofile für jede Position erstellt und versucht anhand dieser Werte, die perfekte Spielerin zu finden. "In den letzten Jahren haben wir diese Richtwerte hochgeschraubt, weil wir genau wissen was wir erreichen können - nämlich die Bundesliga!". Gesteigerte Ambitionen bedeuten folglich auch mehr Einschränkungen bei der Wahl der Spielerinnen.

Der Club will sein Augenmerk gezielt auf Spielerinnen legen, deren Stärken bisher unterschätzt wurden oder falsch eingesetzt worden sind. Realismus herrscht indes im Frankenland genug: "In diesem ganz großen Haifischbecken mit den Topmannschaften sind wir nicht zahlungsfähig genug". Der Transfermarkt nehme keine Rücksicht auf die Nürnberger, deshalb sei der "alternative Weg" von Nöten.

Zwischen- statt Endstation

In Zukunft setzt der 1. FC Nürnberg auf Spielerinnen, die "unter dem Radar laufen oder Spätzünderinnen" sind. Der Club will die Stärken dieser Fußballerinnen gezielt stärken. Für die Verantwortlichen des FCN ist allerdings auch klar, dass Nürnberg "eine Zwischenstation für diese Spielerinnen sein soll". Sie wollen die Spielerinnen auf das nächste Niveau heben. Falls diese dann nach zwei oder drei Jahren den Verein mit besseren Leistungen verlassen würden, hätte dies ebenfalls "Vorbildcharakter" für weitere potentielle Neuzugänge.

Als Ausbildungsverein sieht Osman Cankaya den 1. FC Nürnberg nicht, findet aber auch, dass der Begriff despektierlich behaftet seit. "Ich glaube, es muss nicht mal so sein, dass man die finale Ausbildung bei uns bekommt. Sondern Spielerinnen bekommen hier die Bühne, um ihre Stärken auslegen zu können", erklärt der 35-Jährige. Indem Spielerinnen den nächsten Schritt gehen, helfen sie auch Nürnberg dabei, sich kontinuierlich zu verbessern. Das sei eines der Hauptaugenmerke bei der Zusammenstellung des Kaders.

Das datenbasierte Scouting: ein Alleinstellungsmerkmal?

Um solche Spielerinnen für sich zu gewinnen, nutzt der Club bereits seit Regionalligazeiten das datenbasierte Scouting. Experten analysieren hierbei Hunderte Parameter verschiedener Spielerinnen, um dann das "perfekte Match" zu finden. Das lässt sich der FCN auch etwas kosten: "Wir geben außergewöhnlich viele finanzielle Ressourcen her, um datenbasiert zu scouten", erklärt Cankaya. Das bedeutet allerdings im Umkehrschluss, dass sich der FC Nürnberg keine Fehler erlauben darf: "Wenn wir eine Spielerin für einen gewissen Betrag holen, dann muss sie auch sitzen". Finanziell ist der FCN immer noch eines der kleineren Lichter der Bundesliga, das Budget steht ihnen nicht in Unmengen zur Verfügung. Zukünftig werde das Team noch akribischer und detaillierter arbeiten müssen, um passende Transfers abzuschließen und dadurch Erfolg zu haben.

"Wir können aus dem Vollen schöpfen"

In Sachen Infrastruktur sieht sich Osman Cankaya gegenüber manch anderen Vereinen im Vorteil: "Was wir Spielerinnen anbieten können ist schon besonders. Infrastrukturell können wir aus dem Vollen schöpfen". Gemeint ist damit, dass das Frauenteam die Anlagen mit den Herren teilt - das geht vom Trainingsgelände am Valznerweiher bis zum medizinischen Staff. Trotz Abstieg soll sich an diesem Verhältnis auch nichts ändern.

Luft nach oben und Raum für Verbesserungen gibt es überall, dennoch fällt es Cankaya schwer, konkret zu werden. Am wichtigsten sei es, immer den nächsten Schritt zu gehen. Doch diesen ausfindig zu machen, fällt oftmals nicht leicht. "Es ist das klassische Prinzip von ‚vor lauter Bäumen sieht man den Wald nicht‘", zieht der sportliche Leiter einen treffenden Vergleich. Der Verein werde in Zukunft weiterhin versuchen, "zeitgemäß" zu handeln und Strukturen an die aufkommenden Bedingungen anzupassen.

1. FC Nürnberg v FC Schalke 04 - Second Bundesliga
Auch das Max Morlock Stadion durften die Damen des 1. FC Nürnberg nutzen. / Marcel Engelbrecht - firo sportphoto/GettyImages

Dazu geht der 1. FC Nürnberg auch in den Diskurs mit anderen Vereinen - besonders in der englischen WSL und der aufstrebenden amerikanischen NWSL. Hier holen sich die Verantwortlichen der Franken den nötigen Input und Inspirationen. Zukünftig wird es immer wichtiger werden "über die Vereinsgrenze" hinaus zu denken. Cankaya hatte während Gesprächen mit Kolleginnen anderer Bundesligateams das Gefühl, dass die Entwicklung in Deutschland "in die richtige Richtung" geht. "Wir werden demnächst wahnsinnige Schritte machen können und gehen", ist er sich sicher.

"Die zweite Liga ist das Problem, nicht die erste"

Ein Hindernis einer solchen Entwicklung ist aber die Diskrepanz zwischen dem Oberhaus und der zweiten Liga. Zwischen den Auflagen des Lizenzierungsverfahrens der 1. und 2. Liga liege "ein Weltenunterschied". In der Zukunft muss das Hauptziel sein die "2. Liga näher an die 1. zu bringen und nicht umgekehrt", sagt Cankaya. Funktionieren wird das nur durch professionelleres Arbeiten. Der Club will auch in der nächsten Saison diesen Anspruch gerecht werden.

Jetzt muss der FCN aber erst mal wieder in der Zweiten Frauen-Bundesliga an den Start gehen. Den knappen Aufstiegskampf in dieser Saison habe der Club intensiv verfolgt, auch weil in Liga zwei für den mittelfränkischen Verein potentiell interessante Spielerinnen unterwegs seien. "Der letzte Spieltag hat gezeigt, dass die Teams in der zweiten Liga enger zusammenrücken und die Leistungsdichte sich intensiviert". Eine vorläufige Prognose über den Ligaverlauf möchte der sportliche Leiter nicht stellen. Blickt man auf die Ambitionen des Vereins, sollte allerdings schnell klar sein, dass ein längerer Aufenthalt in der zweiten Liga wohl eher nicht geplant ist.


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