Wisst ihr noch damals? Als die TSG Hoffenheim 2008 sensationell Herbstmeister wurde

Die Hoffenheimer waren selbst ganz überrascht über ihr überragendes erstes  Halbjahr in der Bundesliga
Die Hoffenheimer waren selbst ganz überrascht über ihr überragendes erstes Halbjahr in der Bundesliga / OLIVER LANG/Getty Images
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Der 1. FC Kaiserslautern vollbrachte 1998 das Kunststück, als Aufsteiger direkt deutscher Meister zu werden - heute sind die Pfälzer davon meilenweit entfernt. Aber: Dieser Rekord steht für die Ewigkeit. Im Winter 2008 mussten die Roten Teufel allerdings hart um ihr Alleinstellungsmerkmal zittern, denn der Aufsteiger aus dem Kraichgau, die TSG Hoffenheim, hatte im Sturm die Bundesligatabellenspitze erobert.

Wisst ihr noch, wie das damals war? Wer waren noch einmal ihre damaligen Spieler? Und warum stürzten die Badener so extrem ab in der Rückrunde? Wir bringen euer Gedächtnis wieder in Schwung und lassen eine außergewöhnliche Debüt-Saison Revue passieren.

Ganz zu Anfang: Natürlich, die Rahmenbedingungen waren in Sinsheim nicht dieselben wie bei jedem 08/15-Aufsteiger. Mäzen Dietmar Hopp hatte seinen Heimatverein innerhalb kürzester Zeit von der Oberliga in die Bundesliga geführt. Allein durch hartes Training und gute Kickschuhe wurde das natürlich nicht erreicht...

Im Aufstiegsjahr wurden fast 20 Millionen Euro für neue Spieler in die Hand genommen; enorme Ausgaben für die 2. Bundesliga. Am Ende stand der Aufstieg zu Buche. Das Abenteuer Bundesliga gingen die Kraichgauer mit Investitionen von rund elf Millionen Euro an; für einen Aufsteiger eine ordentliche Summe.

Trotzdem: Es war ihre erste Saison im deutschen Oberhaus und die Truppe war multikulturell aufgestellt und nicht mit bekannten Stars geschmückt. Aus diesem kunterbunten Haufen, wurde von Trainer Rangnick eine tolle funktionierende Mannschaft geformt, welche die Liga verzauberte.

Das magische Dreieck der Hoffenheimer: Carlos Eduardo, Demba Ba, Vedad Ibisevic
Das magische Dreieck der Hoffenheimer: Carlos Eduardo, Demba Ba, Vedad Ibisevic / OLIVER LANG/Getty Images

Der Saisonbeginn

Am ersten Spieltag gab es genau den richtigen Gegner für den Liga-Einstieg. Energie Cottbus wurde mit 3:0 aus dem Stadion gefegt und die TSG setzte sich gleich mal gemütlich an die Spitze der Tabelle. Auch der zweite Spieltag wurde gewonnen und die ersten Fans horchten auf, was sich da für ein Wirbelsturm im Südwesten zusammenbraute.

Am dritten Spieltag wurde der Wirbelsturm zum lauen Lüftchen degradiert, mit 2:5 wurden die Badener von Leverkusen nach Hause geschickt. Doch Hoffenheim verliebte sich in den Vollgas-Fußball, ganz nach dem Motto: Wer vorne genug schießt, darf hinten gerne auch ein paar Buden fangen. Die fing man sich übrigens nicht in Sinsheim, wo die aktuelle Arena der TSG steht, sondern in Mannheim. Genauer gesagt im Stadion von Drittligist Waldhof.

Die 5:4 Niederlage am 6.Spieltag gegen Werder Bremen war das torreichste Spiel der Saison
Die 5:4 Niederlage am 6.Spieltag gegen Werder Bremen war das torreichste Spiel der Saison / DAVID HECKER/Getty Images

Nach sechs Spieltagen hatten die Süddeutschen bereits zehn Zähler auf dem Konto und standen auf Platz sechs. Die Niederlage gegen Bremen in Runde sechs war die letzte Niederlage für lange Zeit. Hoffenheim spielte sich in einen Rausch, Spiele wurden nicht nur gewonnen - nein, der Gegner wurde deklassiert. Nach dem zehnten Spieltag stand die TSG wieder auf Platz eins und hatte mit 27 eigenen Treffern den besten Sturm der Liga. Die Kraichgauer gewannen und gewannen und hatten am 15. Spieltag bereits 34 Punkte gesammelt. Diese Anzahl hätte bereits jetzt schon am Ende für den Klassenerhalt in diesem Jahr gereicht - Respekt!

Am 16. Spieltag kam es wohl zu einem der Knackpunkte in der Saison. Mit drei punkten Vorsprung reiste der Tabellenführer zum Zweitplatzierten nach München in die Allianz Arena. Bis zum Schluss sah es nach einem Unentschieden aus, doch das wollte Bayerns Luca Toni nicht hinnehmen und netzte in der Nachspielzeit zum 2:1 für die Bayern ein.

Als Vedad Ibisevic zur Führung für die Weiß-Blauen einschoss, hätte sein Team sechs Punkte Vorsprung gehabt...
Als Vedad Ibisevic zur Führung für die Weiß-Blauen einschoss, hätte sein Team sechs Punkte Vorsprung gehabt... / OLIVER LANG/Getty Images

Mit einem 1:1 gegen Schalke holten sich die Rangnick-Schützlinge trotzdem die Herbstmeisterschaft, aber mussten diese nach Punkten mit dem deutschen Rekordmeister teilen. Noch heute werden sie wohl in Hoffenheim die zweite Minute der Nachspielzeit gegen den FC Bayern 2008 verdammen...

Die herausragenden Akteure der Hinrunde

Der Bosnier Vedad Ibisevic traf 18 Mal in der besagten Hinrunde, seitdem gelang ein solcher Wert lediglich Robert Lewandowski - wem auch sonst? Demba Ba traf siebenmal und der Nigerianer Chinedu Obasi sechsmal, obwohl er fünf Partien in der Hinrunde verpasst hatte.

Gefüttert wurde diese spektakuläre Offensivreihe vom Brasilianer Carlos Eduardo, der damals 21-Jährige war an acht Treffern direkt beteiligt. 42 Tore und 23 Gegentore waren die Bilanz - einfach unfassbar gut.

Auch in der Defensive stimmte die Chemie, Innenverteidiger Marvin Compper, Außenverteidiger Andreas Beck und Mittelfeldspieler Tobias Weiß wurden allesamt zu deutschen Nationalspielern. Ergänzt durch Abräumer Luiz Gustavo und das österreichische Arbeitstier Andreas Ibertsberger hatte Hoffenheim eine sehr gute Absicherung, die den Offensivkünstlern alle Freiheiten nach vorne gab.

Weltenbummler Demba Ba spielte später für Newcastle, Chelsea und Besiktas Istanbul, auch in China war er aktiv
Weltenbummler Demba Ba spielte später für Newcastle, Chelsea und Besiktas Istanbul, auch in China war er aktiv / TORSTEN SILZ/Getty Images

Dann kam ein Tag, der wohl mitverantwortlich für den Rückrunden-Absturz war. Im Testspiel gegen den HSV zog sich Top-Stürmer Vedad Ibisevic einen Kreuzbandriss zu - Saisonende für den Mittelstürmer!

Verlauf der restlichen Saison

Genauso spektakulär wie die Hinrunde war, so extrem war der Absturz in der Rückrunde. Ibisevic fehlte an allen Ecken und Enden und konnte durch Neuzugang Boubacar Sanogo nicht im Geringsten ersetzt werden. Zwar spielte Demba Ba seinerseits eine gute Rückrunde, aber das ganze Gefüge passte plötzlich nicht mehr. Auch Chinedu Obasi rutschte in den Abwärtsstrudel, kein einziger Treffer gelang dem Nationalspieler in der Rückrunde.

Nur ein Tor gelang Sanogo für die TSG Hoffenheim
Nur ein Tor gelang Sanogo für die TSG Hoffenheim / TORSTEN SILZ/Getty Images

Zwischen den Spieltagen 19 und 30 gab es keinen einzigen Dreier für die TSG aus Hoffenheim. Die Mannschaft fiel ins graue Tabellen-Mittelfeld zurück und beendete die Saison auf Platz sieben. Für einen Aufsteiger natürlich sensationell - aber man stelle sich mal vor, was hätte sein können mit einem Sieg (oder zumindest einem Punktgewinn) in München am 16. Spieltag und einem fitten Vedad Ibisevic in der Rückrunde...