Wieso die Dauerdebatte um Lucas Hernandez müßig ist
Von Florian Bajus
Laut BILD sorgt die Personalie Lucas Hernandez für Zwietracht beim FC Bayern. Demnach sollen zwischen Hansi Flick und Hasan Salihamdizic Spannungen herrschen, weil der Cheftrainer das Innenverteidiger-Paar David Alaba und Jerome Boateng bevorzugt. Allerdings ist es nicht unwahrscheinlich, dass Hernandez in der kommenden Saison endgültig einen Stammplatz erhält.
Lucas Hernandez wird besonders von der Presse genauestens beobachtet. Immerhin kam der Innen- und Linksverteidiger im Sommer 2019 für satte 80 Millionen Euro von Atlético Madrid und wurde von Karl-Heinz Rummenigge als bester Innenverteidiger der Bundesliga angepriesen - die Erwartungen sind also enorm hoch. Hernandez, so wirkt es, müsste ein Weltstar sein.
Der Weltmeister von 2018 musste sich zunächst jedoch aufgrund von Verletzungsproblemen und den klaren Hierrachien unter Hansi Flick hintanstellen. Seit dieser Saison kommt er wesentlich häufiger zum Zug, zu Buche stehen 20 Pflichspieleinsätze über 1508 Spielminuten. Dennoch gibt es immer wieder Phasen, in denen der 24-Jährige ein Thema rund um die Berichterstattung an der Säbener Straße wird, wie zu Beginn dieses Jahres, als er in den Bundesligaspielen gegen Mainz 05, Borussia Mönchengladbach und den SC Freiburg jeweils über 90 Minuten auf der Bank saß.
Gegen den FC Augsburg absolvierte Hernandez starke 90 Minuten, auf Schalke durfte er sich hingegen erst in der zweiten Halbzeit beweisen. Dass er keinen klaren Stammplatz hat, soll für Spannungen zwischen Flick und Salihamidzic sorgen - dabei ist Rotation gerade auf der offensiven Linksverteidigerposition wichtig. Weder Hernandez noch Konkurrent Alphonso Davies können jedes Spiel über 90 Minuten absolvieren, stattdessen gilt es, sich gegenseitig zu entlasten.
Kommt es hart auf hart, kann Flick beiden vertrauen: Hernandez wegen seiner Aggressivität, seinem besseren Positionsspiel im ersten Drittel und seiner offensiven Akzente, Davies aufgrund seines irren Tempos, seiner hohen Dynamik und seiner Beweglichkeit. Die beiden Konkurrenten liefern sich ein enges Rennen, dementsprechend schwer machen sie es ihrem Coach, eine Entscheidung zu fällen.
Ab der nächsten Saison könnte alles anders werden
Es ist also keinesfalls eine Entscheidung gegen Hernandez, wenn Davies den Vorzug erhält. Zumal sich die Rolle des Rekordneuzugangs in der kommenden Saison ändern könnte. David Alaba wird den Verein aller Voraussicht nach verlassen, auch die Zukunft von Jerome Boateng ist ungewiss. Flick stellte unlängst klar, dass er Hernandez zutraut, in Alabas Fußstapfen zu treten und die Rolle des linken Innenverteidigers zu übernehmen - gleichzeitig wird seit Wochen über das Interesse der Bayern an Linksverteidiger Omar Richards vom FC Reading berichtet.
Mit der Verpflichtung eines Außenverteidigers könnte Hernandez' Versetzung in die Innenverteidigung besiegelt werden. Sofern die Münchner den Zuschlag bei Dayot Upamecano erhalten - angeblich befindet man sich im Werben um den Innenverteidiger von RB Leipzig in der Pole Position - wäre ein Stammplatz nur bedingt in Gefahr, denn am häufigsten spielt Upamecano in einer Viererkette als rechter Verteidiger.
Grundsätzlich ist nicht unbedingt zu erwarten, dass die Bayern Ausschau nach einem weiteren linken Innenverteidiger halten, da diese Position ausreichend besetzt ist. Von größerer Bedeutung wäre die Verpflichtung eines rechten Innenverteidigers, weil neben Boatengs ungewisser Zukunft die schwankenden Leistungen von Niklas Süle offen lassen, ob er wirklich das Potenzial zum Stammspieler hat.
Dass Kritik an Hernandez und in gewisser Weise auch an Flick aufkommt, wenn erstgenannter (noch) nicht der Spieler ist, der von außerhalb erwartet wurde, ist nachvollziehbar. Manche Spieler brauchen jedoch Zeit, um bei ihrem neuen Verein anzukommen. Da Hernandez bis 2024 in München unter Vertrag steht, ist davon noch genügend vorhanden. Und schon in der kommenden Saison könnte er zum Leistungsträger aufsteigen.