Werner sagt dem FC Bayern ab - aber warum eigentlich?
Von Florian Bajus
Ganz offiziell hat Timo Werner angekündigt, dass er nicht zum FC Bayern wechseln wird. Der Torjäger von RB Leipzig wurde wieder einmal mit dem Rekordmeister in Verbindung gebracht, gestand nun jedoch gegenüber BILD, dass ihn das Ausland mehr reizt. Es ist das zweite Mal, dass Werner den Bayern eine Absage erteilt - dabei scheint es nie mehr als ein Gedankenspiel gewesen zu sein.
Ein potentieller Wechsel von Werner nach München wurde allen voran medial ins Spiel gebracht. 2019 sollen die Verantwortlichen ihn auf dem Zettel gehabt, sich letztlich aber dafür entschieden haben, den Vorstoß bei Leroy Sané zu wagen. Nach Saisonbeginn verlängerte Werner schließlich in Leipzig und beendete die Spekulationen, die er im Dezember 2018 selbst verursachte: "Wenn man in Deutschland bei RB Leipzig spielt und in Deutschland bleiben will, gibt es nur einen Verein, zu dem man wechseln kann", sagte er damals nach dem Spitzenspiel zwischen RB und Bayern gegenüber Sky - deutlicher konnte der Flirt nicht sein.
Und kaum wird wieder über einen Wechsel Werners spekuliert, weil auch im neuen Vertrag eine (wesentlich höhere) Ausstiegsklausel enthalten ist, da kommen wieder die Münchner ins Spiel. Der FC Liverpool soll den deutschen Nationalspieler auf dem Zettel haben, doch auch Bayern-Trainer Hansi Flick sei von Werners Qualitäten angetan und habe sich schon im vergangenen Sommer für ihn ausgesprochen, als er noch Co-Trainer war. Allerdings hätten Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge und Sportdirektor Hasan Salihamidzic ihr Veto eingelegt, auch Niko Kovac habe seine Zweifel gehabt. Dies behauptete BILD in mehreren Berichten.
Warum sagt Werner dem FC Bayern ab?
Es kommt für Werner also gelegen, dass er dem Rekordmeister über BILD eine Absage erteilt: "Bayern ist ein toller Verein, da brauchen wir nicht drüber zu reden. Und Hansi Flick hat diese Saison bewiesen, dass er ein richtig guter Cheftrainer ist. Aber falls ein Wechsel irgendwann einmal ein Thema werden sollte, würde mich eher der Schritt ins Ausland reizen als ein Wechsel zu Bayern", so der 24-Jährige.
War es eine Retourkutsche für Salihamidzics Erklärung, wieso man einen Transfer nie wirklich in Angriff genommen hat? Oder wollte er nach dem öffentlichen Flirt mit Liverpool seine Bereitschaft signalisieren, sich dem Tabellenführer der Premier League anzuschließen?
Die Frage nach dem 'Warum' stellt sich, weil die Spekulationen um einen Bayern-Wechsel allem Anschein nach rein medial konstruiert wurden. Gab es jemals Indizien, die für ein konkretes Angebot sprechen? Wurde mit Berater Karlheinz Förster, der unter anderem Niklas Süle vertritt, wirklich tiefergehend über Werner gesprochen?
Laut RB-Geschäftsführer Oliver Mintzlaff sei jedenfalls noch kein Angebot eingetroffen. Das dürfte auch vor einem Jahr nicht passiert sein. Warum sollte man also jemandem einen Korb geben, der gar kein Interesse hat?
Viele Behauptungen, keine Klarheit: Das Problem der Berichterstattung
Die Berichterstattung rund um den FC Bayern ist ohnehin intransparent geworden und hat an Glaubwürdigkeit verloren. BILD, kicker, Sky und Sport1 vermelden häufig Exklusiv-News und widersprechen sich gegenseitig. So berichteten BILD und kicker unterschiedlich über eine mögliche Verpflichtung von Kai Havertz, Sky verschrie den Sané-Transfer zunächst als unwahrscheinlich (auch der kicker musste nach der Behauptung, man habe sich gegen den Flügelspieler ausgesprochen, zurückrudern) und Sport1 berichtete über angebliche Einsatz-Garantien für Alexander Nübel. Zurückhaltender ist die tz, die dadurch zuletzt glaubhafter wirkte.
Das Problem liegt auf der Hand: Der FC Bayern ist der erfolgreichste und größte deutsche Fußballverein. Man liebt ihn oder man hasst ihn. Unabhängig vom Bezug des Einzelnen zum Verein erzeugen Exklusivmeldungen viel Reichweite und Aufmerksamkeit. Doch wenn jeder ein Stück vom Kuchen haben will und stets etwas anderes behauptet wird, blickt kaum jemand durch - wie auch?
Es ist nicht das erste Mal, dass ein Spieler mit den Bayern in Verbindung gebracht wird und sich am Ende entweder für einen Verbleib oder den Sprung zu einem anderen Klub entscheidet. So war es mit Hakim Ziyech, Erling Haaland, Callum Hudson-Odoi und jetzt zum zweiten Mal mit Werner, wobei auch dessen Teamkollege Dayot Upamecano erst angeblich nach München wollte und nun doch vor einer Verlängerung in Leipzig stehen soll; ersteres behauptete BILD, letzteres Sky. Ob seitens der Bayern ernsthaftes Interesse bestand oder nicht, ist von Spieler zu Spieler unterschiedlich zu bewerten, geht allerdings nicht immer eindeutig hervor.
Die Werner-Posse, die gar keine war, sollte man deshalb nicht zu hoch hängen. Vielleicht hatte er es auch einfach satt, dass ständig über die Bayern spekuliert wird, obwohl er einerseits keinen Wechsel dorthin anstrebt und andererseits die Klubverantwortlichen möglicherweise nicht ernsthaft auf ihn zugegangen sind. Festzuhalten gilt nur, dass dieses Gerücht nach über einem Jahr ad acta gelegt werden kann. Langsam wurde es auch Zeit.