Werder weiter auf Sparkurs: Filbry denkt über Mittelstands- und Fan-Anleihen nach
Von Marc Knieper
Während sich der SV Werder Bremen im Gegensatz zur vergangenen Katastrophensaison sportlich befreien konnte, bereitet das liebe Geld am Osterdeich weiterhin große Sorgen. Der finanzielle Befreiungsschlag bleibt aus, dem Klub steht das Wasser bis zum Hals. Nun prüfen die Verantwortlichen einen Notfallplan, der insbesondere Anleihen des Mittelstands in den Blick zieht.
Obwohl die Mitgliederversammlung des Bundesligisten weiter auf sich warten lässt, sickerten die Finanzzahlen zur vergangenen Spielzeit 2019/20 unlängst durch. Ein Minus von 23 Millionen Euro verzeichnete der SVW in einer Saison, die allein durch fehlende Ticketeinnahmen, geschmälerte TV-Gelder und geringere Sponsorengelder rund zwölf Millionen Euro weniger in die Kassen spülte.
Obendrauf noch das Problem, dass trotz der Transferausgaben für gleich sieben Akteure auf der anderen Seite kein einziger Spieler den Klub gegen ein kleines Ablösesümmchen verließ. Der aktuell einzige Verkauf, für den es eine beachtliche Summe gab, fällt in das aktuelle Geschäftsjahr. Doch auch die elf Millionen Euro für Mittelfeldmotor Davy Klaassen sorgen keinesfalls für kleinere Bauchschmerzen.
Werders Transferausgaben 2019/20:
- Niclas Füllkrug - 6,5 Mio. Euro
- Marco Friedl - 3,5 Mio. Euro
- Ömer Toprak - 1 Mio. Euro (Leihgebühr)
- Davie Selke - 1 Mio. Euro (Leihgebühr)
- Kevin Vogt - 750 Tsd. Euro (Leihgebühr)
- Michael Lang - 600 Tsd. Euro (Leihgebühr)
- Leo Bittencourt - 600 Tsd. Euro (Leihgebühr)
Gesamt: - 13,95 Mio. Euro
Ganz im Gegenteil: Die Einnahmeverluste von 2019/20 und 2020/21 summieren sich derzeit auf 40 Millionen Euro. Der erst im Dezember aufgenommene Kredit in Höhe von 20 Millionen Euro, der durch die Bürgschaft des Landes Bremen abgesichert ist, sei war noch nicht gänzlich ausgeschöpft und die aktuelle Spielzeit sei zudem durchfinanziert, dennoch prüfe man laut kicker bereits zusätzliche Alternativen, um auch zukünftig liquide zu bleiben.
Werder denkt über Mittelstands- und Fan-Anleihen nach
Die wirtschaftliche Situation bleibt angesichts der unklaren Zukunft schwer einschätzbar. Um auch in einer möglichen Folgesaison ohne Zuschauer über die Runden kommen zu können, denkt Geschäftsführer Klaus Filbry laut Deichstube allerdings nicht über weitere Kredite nach, sondern befasst sich ausführlich mit Mittelstands- und Fan-Anleihen. Wegen der geringeren Zinsen wäre dies eine deutlich günstiger Alternative für die Grün-Weißen.
Laut des vereinsnahen Online-Portals plane man durch Anleihen 15 bis 20 Millionen Euro zu generieren. "Für den Fall, dass wir auch in der nächsten Saison ohne Zuschauereinnahmen auskommen müssen, ist es unsere Sorgfaltspflicht, unterschiedliche Finanzierungsmöglichkeiten zu prüfen", bestätigte Filbry. Geld von den Fans lehnte man am Osterdeich bis dato immer ab. Auch aktuell sei ein solches Modell "die allerletzte Option, die wir eigentlich nicht ziehen wollen und auch sehr wahrscheinlich nicht ziehen werden".
Deutlich wahrscheinlicher erscheint somit eine Zusammenarbeit mit Unternehmen, Investoren und geschäftlichen Privatanlegern. Das Verhältnis zu den Fans würde durch Anleihen womöglich nur gekränkt. Fan-Anleihen gibt es beim Rivalen aus Hamburg bereits seit 2012. Hier investierten die Fans allerdings in den Bau des "HSV-Campus" und somit nicht in die Spieler, Transfers und Gehälter. Bei entsprechend schlechter Leistung des Teams käme in Bremen somit lediglich schlechte Stimmung zwischen der aktuell so starken Bindung zwischen Klub und Fans auf.
Eine Mittelstands-Anleihe hingegen wäre "ein faires Geschäft mit einer guten Verzinsung", so Filbry, der noch einmal darauf hinwies, dass man auf alle Fälle vorbereitet sein müsse. "Wir hatten noch keine Pandemie und wissen nicht, was noch alles auf uns zukommen wird."