Werder Bremen in Rostock: Das war gut, das geht besser
Von Marc Knieper
Die bärenstarke Serie des SV Werder hat auch nach dem 2:1-Arbeitssieg in Rostock weiter Bestand. Cheftrainer Ole Werner gewann am Freitagabend mit seinen Jungs das siebte Spiel in Folge und ist damit seit Amtsantritt weiterhin ungeschlagen. 90min nimmt den Auftritt der Grün-Weißen noch einmal genauer unter die Lupe. Das war gut, das geht besser:
1. Die individuelle Klasse
Am Ende regelte vor allem Werders Mega-Sturm aus Marvin Ducksch und Niclas Füllkrug den (aus Werder-Sicht) positiven Ausgang im Ostseestadion.
Dabei verteidigte die Hansa-Kogge über weite Strecken leidenschaftlich, sorgte nicht selten dafür, dass Werders Offensivspieler gedoppelt wurden und kaum in aussichtsreiche Abschlusspositionen kamen.
Ducksch und Füllkrug war das redlich egal. Beide zogen einfach mal ab und erzielten aus der Ferne Saisontor Nummer zwölf und neun.
"Die hässlichen Vögel" bleiben damit Werders Konstante im Rennen um den Wiederaufstieg in die Bundesliga und bewiesen am Freitag einmal mehr ihre individuelle Klasse.
2. Galligkeit
'Lücke' und 'Duckschi' überzeugen insbesondere durch ihre Galligkeit. Die Angreifer sind süchtig nach Toren, schießen aus jeder Lage und haben dabei aufgrund des aktuellen Momentums häufig das Glück auf ihrer Seite.
Ihre Abschlüsse und Laufwege erinnern nicht selten an BVB-Stürmer Erling Haaland. Man sieht einfach: Die Jungs wollen unbedingt Tore erzielen. Eine Galligkeit, eine Effizienz und ein Ehrgeiz, die dem Bremer Spiel und vor allem dem Bremer Sturm seit Jahren fehlten, sind endlich zurück.
Es gibt endlich wieder zwei Spieler, auf die man sich verlassen kann. Stürmer, die ihrem Job (dem Tore schießen) auch tatsächlich nachkommen.
3. Mai o Mai
Lars Lukas Mai ersetzte den angeschlagenen Milos Veljkovic. Nachdem die Bayern-Leihgabe bereits zu Saisonbeginn eine Menge Kritik erntete, spielte er erstmals seit dem elften Spieltag wieder von Beginn an.
Dabei hatte der 21-Jährige hier und da sichtlich seine Probleme mit Hansa-Angreifer John Verhoek und dessen Nebenmänner. Mit einer 90min-Note von 4/10 war er der am schlechtesten bewertete Werder-Akteur auf dem Rasen.
Der 1:2-Anschlusstreffer in der 83. Minute ging wegen unzureichenden Stellungsspiels und eines schwachen Kopfballs klar auf seine Kappe. Ein (klassischer) Mai-Bock sorgte noch einmal für Spannung an der Ostsee.
4. Fehlende Souveränität
Nach dem 2:0 spielte Werder die Partie keinesfalls wie eine Spitzenmannschaft runter. Trotz der ohne Zweifel vorhandenen Qualität des Drittliga-Aufsteigers darf der SV Werder als Mannschaft der Stunde in den letzten 15 Minuten nicht mehr derart schwimmen.
Viele Ungenauigkeiten prägten das Bremer Spiel. Beim Gegentor stimmte allgemein die Abstimmung zwischen Mai und Jean Manuel Mbom nicht. Werder spielte plötzlich unnötig unkonzentriert und musste nach dem Schlusspfiff sichtlich durchatmen.
5. Schlechte Passquote
Klar: Der Platz im Rostocker Ostseestadion war und ist nicht gerade der beste in der 2. Bundesliga. Trotzdem müssen sich die Bremer auch diesen (miesen) Gegebenheiten anpassen.
Die Passquote litt darunter - vor allem aber wegen zu vieler individueller Fehler. Es fehlt(e) ganz klar der Denker und Lenker im Mittelfeld. Christian Groß spielte ausschließlich seine gewohnten Sicherheitspässe, Romano Schmid und Leonardo Bittencourt blieben dieses Mal hinter den Erwartungen.
Eine Passquote von 73 Prozent ist gegen einen Aufsteiger aus der 3. Liga schlicht zu wenig. Eine derart schlechte Quote hatte Werder letztmals beim 2:1-Last-Minute-Sieg in Nürnberg; Anfang November noch mit Ex-Trainer Markus Anfang.
Nichtsdestotrotz stellen die erwähnten Negativ-Punkte ein Meckern auf hohem Niveau dar. Der SVW gewann mit Ole Werner das siebte von sieben Spielen und bejubelte Freitagabend sogar kurzzeitig die Tabellenführung. Nun befindet man sich hinter den Freunden aus St. Pauli auf dem zweiten Tabellenplatz. Wer hätte das noch vor wenigen Monaten gedacht?
Ole Werner sorgt für eine extrem wichtige Ruhe und Konstanz am Osterdeich. Die Hanseaten holen kontinuierlich die Punkte. Das Wort "Punkteverlust" befindet sich (noch) nicht in Werners Wortschatz. Am Samstag gegen Tabellen-Schlusslicht Ingolstadt soll der nächste Dreier eingefahren werden, ehe man acht Tage darauf zum wichtigen Nordderby nach Hamburg reist.
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