Kohfeldt bleibt - vorerst: Wie es im Sommer weitergeht
Von Marc Knieper
Nach der starken Leistung seiner Mannschaft im Pokal-Halbfinale gegen RB Leipzig (1:2 n.V.) darf Werder-Trainer Florian Kohfeldt weiterhin auf dem Chefsessel Platz nehmen. Das gewonnene Selbstvertrauen soll auf die letzten drei Bundesliga-Spiele übertragen werden und zum erneuten Klassenerhalt der Grün-Weißen führen.
Dass Kohfeldt auch darüber hinaus - ganz unabhängig vom Ausgang der Saison - Cheftrainer des SV Werder Bremen bleibt, wird immer unwahrscheinlicher. Beide Seiten dürften sich einvernehmlich auf ein Aus im Sommer einigen. 90min liefert die Gründe und eine Einschätzung zur Causa Florian Kohfeldt.
"Das Ergebnis war enttäuschend, aber die Leistung macht Mut für die nächsten Wochen", resümierte Werders Sportdirektor Frank Baumann den Pokal-Fight gegen Leipzig. Auch die letzten drei Partien der Saison möchte man in der Hansestadt gemeinsam mit Trainer Florian Kohfeldt angehen. Das verlorene Halbfinale avancierte zur bestandenen Bewährungsprobe des Bremer Cheftrainers.
Die Mannschaft befinde sich jetzt im Kampfmodus, so Baumann, der davon überzeugt sei, dass sie "diese Leistung auch in den nächsten Wochen auf den Platz bringen wird und wir mit Florian den Klassenerhalt schaffen".
Ob Klassenerhalt, ob Abstieg: Schenkt man der Bild seinen Glauben, so trennen sich die Wege von Klub und Trainer im Sommer ohnehin. Darüber sollen sich beide Parteien einig sein. Konkrete Nachfolge-Kandidaten gebe es noch keine. Gut möglich aber, dass nach Viktor Skripnik, Alexander Nouri und zuletzt Florian Kohfeldt dieses Mal ein externer Übungsleiter das Zepter in die Hand nimmt.
3 Gründe für ein Kohfeldt-Aus im Sommer
Die Aussagen von Kohfeldt gleich im Anschluss der Pokal-Partie deuteten jedenfalls stark auf eine Trennung im Sommer hin. Der 38-Jährige wolle "das Ganze hier, die Saison, vernünftig zu Ende bringen" - ehe er seine sieben Sachen packt?! Zumindest drei Gründe dürften für ein Kohfeldt-Aus sprechen:
- Der zweite Abstiegskampf in Folge schmälert das Vertrauen der Fans ungemein. Verschiedenste Umfragen lieferten ein klares Stimmungsbild: Kohfeldt soll gehen. Das forderten zuletzt etwa 65 Prozent in einer Umfrage der DeichStube.
- Bei Werder stehen längst nicht mehr alle Verantwortlichen hinter Kohfeldt. Das bewiesen zuletzt die kontroversen Diskussionen zwischen Geschäftsführung (pro) und Aufsichtsrat (contra Kohfeldt). Auch das öffentliche Feuer der Aufsichtsrat-Kandidaten Jörg Wontorra und Maria Yaiza Stüven Sanchez bleibt nicht unbemerkt.
- Kohfeldt erscheint amtsmüde. Das unterstreicht vor allem seine obige Aussage, er wolle "das Ganze" nur noch "vernünftig zu Ende bringen". Gut möglich, dass er sich selbst längst hinterfragt hat und zu dem Entschluss gekommen ist, nicht mehr der Richtige für Werder zu sein.
Von wegen familiärer Werder-Weg: Baumanns Trainersuche
Die Suche nach einem neuen Übungsleiter dürfte sich in diesem Jahr schwieriger denn je gestalten. Denn Werder liefert kaum noch überzeugende Argumente für ein Engagement an der Seitenlinie. Der Kader wird von Jahr zu Jahr dünner, der Etat weiter gesenkt und die Chance auf sportlichen Erfolg schmilzt und schmilzt.
Zuletzt hatte man diese Mammutaufgabe immer wieder vereinsinternen Trainern zugetraut. Eine solche Lösung scheidet in diesem Jahr laut Bild aber aus. Co-Trainer Tim Borowski ist schlicht noch nicht erfahren genug, Konrad Fünfstück habe sich als Coach der Reservemannschaft nicht ausreichend profiliert. Ein Neuanfang von Trainer-Legende Thomas Schaaf scheint aktuell nicht realisierbar und auch Marco Grote, einstiger U19-Coach, konnte sich während seiner sieben Monate in Osnabrück keineswegs auszeichnen.
Spekulationen und Gerüchte, wie jene um Edin Terzic, spielen - wenn überhaupt - nur im Falle eines Klassenerhalts eine Rolle. Doch auch für den Neuanfang in der 2. Bundesliga müsste ein Trainer gefunden werden, der aus den begrenzten (personellen) Mitteln eine echte Einheit für den direkten Wiederaufstieg formt. Die kommenden Wochen und Monate bleiben aus Werder-Sicht spannend und ganz gewiss auch nervenaufreibend.
Wenn schon pro Kohfeldt, dann auch langfristig!
90min meint: Werder und Kohfeldt hätten sich längst trennen müssen! Ganz unabhängig von der Leistung im Pokal, der bekanntlich seine eigenen Gesetze hat, würde ein neuer Mann an der Seitenlinie den wichtigen Impuls für den Saisonendspurt liefern.
Den Bremer Chefcoach lediglich in den letzten drei Ligaspielen am Klassenerhalt tüfteln zu lassen, ehe im Sommer ohnehin Schluss ist, scheint zwar fair, ist aber ebenso engstirnig. Falls Kohfeldt "das Ganze hier" tatsächlich gerade rückt und den Abstieg erneut verhindert, wird sich niemand beschweren. Steigt Werder aber ab, so hätte man sich seinen Rauswurf bereits vor dem Saisonendspurt gewünscht. Wenn man also schon an Kohfeldt festhält, dann bitte auch langfristig - und zur Not in Liga zwei.