Werder Bremen: Die Gewinner und Verlierer der laufenden Saison
Von Marc Knieper
Werder Bremen trottet durch die 2. Bundesliga. An allen Ecken und Kanten fehlt es der Mannschaft von Markus Anfang an Konstanz. Man droht im Mittelmaß der Liga zu versinken. Doch auch nach mehr als einem Drittel der Saison plädieren die Verantwortlichen weiter für Geduld. Höchste Zeit, einen Blick auf die Bremer Gewinner und Verlierer der laufenden Spielzeit zu richten.
Werders Gewinner: Ducksch und seine Youngster
Glasklare Gewinner der bisherigen Saison gibt es beim SVW kaum. Viele Youngster bekommen wegen des Umbruchs mehr Spielzeit als gewöhnlich, wissen dabei aber auch nicht sonderlich zu überzeugen. Ein Mann, der das hält, was er verspricht, heißt Marvin Ducksch. Nach neun Spielen stehen dem Bremer Neuzugang bereits fünf Tore zu Buche.
Ducksch zieht aus jeder Position einfach mal ab. Dass er am Ende der Saison die 10-Tore-Marke knackt, gilt als wahrscheinlich. Zuletzt konnte Milot Rashica in der Saison 2019/2020 mehr als zehn Tore erzielen. Dass ein grün-weißer Stürmer 15 Tore erzielt, ist sogar schon fünf Spielzeiten her: 2016/17 traf Max Kruse exakt 15 Mal.
Neben Werders Torgaranten Ducksch zählen folgende Bremer Profis zu den (teils überraschenden) Gewinnern der laufenden Zweitliga-Saison:
Niklas Schmidt: Der 23-Jährige hatte in der Vergangenheit häufig mit Gewichtsproblemen zu kämpfen, befand sich am Osterdeich schon das ein oder andere Mal auf dem Abstellgleis, wurde wegen seines enormen Potenzials aber nie gänzlich verkauft. Dass er im Sommer nach seiner Leihe an Osnabrück noch einmal derart in Tritt kommen würde, hätte in Bremen niemand gedacht.
Seine Standards sind brandgefährlich, mit seiner (kreativen) Spielübersicht verbessert er das Bremer Offensivspiel. Aktuell braucht Schmidt allerdings eine kleine Verschnaufpause. Gegen St. Pauli und Nürnberg verweilte der offensive Mittelfeldakteur lediglich auf der Bank.
Ilia Gruev: Noch überraschender sind die hohen Spielanteile von Jungspund Gruev. Der Bulgare ist seit 2015 im Verein, hat die Bremer DNA in der Jugend genauestens injiziert bekommen und darf (mangels Alternativen) derzeit von Beginn an als Sechser ran - die letzten sechs Partien sogar über die vollen 90 Minuten.
Dabei scheint der 21-Jährige zumindest defensiv solide, im Vorwärtsgang aber (noch) stark limitiert. Gruev macht seinen Job okay und ist damit sicherlich ein (individueller) Gewinner der laufenden Spielzeit. Das Auffälligste: Gruev verbessert sich von Spiel zu Spiel.
Oscar Schönfelder: Mit 19 Jahren kam er im Sommer letzten Jahres aus der U19 des FSV Mainz 05 an die Weser. Hier konnte Schönfelder am 1. Oktober gegen Heidenheim (3:0) endlich sein Profidebüt feiern und immerhin eine Minute Zweitliga-Luft schnuppern. Mittlerweile sind 37 Spielminuten in drei Partien dazugekommen.
Gegen Nürnberg entschied sich Cheftrainer Anfang ausgerechnet für seinen flinken Linksfuß, um die Außenbahn in der Schlussviertelstunde noch einmal hoch und runter zu flitzen. Damit setzte sich Schönfelder gegen die beiden Alternativen Eren Dinkci und Roger Assalé durch.
Abdenego Nankishi: Ähnlich wie Schönfelder, durfte auch Nankishi in der laufenden Spielzeit seine ersten Profierfahrungen sammeln. Gleich am dritten Spieltag schenkte Anfang dem 19-jährigen Flügelflitzer sein Vertrauen für die Außenbahn. In bereits sechs Ligapartien konnte der Deutsch-Angolaner seine Spritzigkeit unter Beweis stellen.
Aktuell schaut die Formkurve aber nach unten: Nankishi wartet seit vier Spielen auf einen Einsatz, befand sich bei den vergangenen zwei Spielen aber gar nicht mehr im Kader der Profis. Eine Verbesserung dieser Situation scheint nicht in Sicht, aber schon jetzt gelten die Spielanteile der laufenden Saison als absoluter Gewinn für ihn.
Michael Zetterer: Eigentlich der Gewinner, aber mittlerweile wieder "Verlierer" der Saison ist Werder-Keeper Zetterer. Der spielstarke Schlussmann hat seine Chance im Sommer genutzt und huschte wegen der Verletzung seines Kollegen Jiri Pavlenka zwischen die Pfosten.
Hier erledigte Zetti seinen Job gewohnt unaufgeregt, machte eigentlich nichts falsch, musste nach der Heilung von Pavlas aber vor zwei Spieltagen trotzdem wieder weichen. Anfang lieferte das Hauptargument pro Pavlenka: Der Tscheche strahle mit all seiner Erfahrung mehr Souveränität (auch gegenüber des Gegners) aus.
Werders Verlierer: Kommt Mai wirklich von den Bayern?
Lars Lukas Mai: Bei seinen bisherigen Leistungen fragt man sich wirklich, ob der Junge dem FC Bayern angehört. Aber ja, das tut er - und vielleicht verbessert sich der Leihspieler bei seiner Rückkehr an die Säbener Straße auch wieder. Am Osterdeich hat der 21-jährige Innenverteidiger aber herzlich wenig zu suchen.
Seine konzentrationslosen Aussetzer im Stellungsspiel werden bitter bestraft. Dass sich Mai in Bremens Abwehr nicht zurechtfindet, hat endlich auch sein Förderer Anfang erkannt. Seine Leihe kann getrost im Winter beendet werden - wird sie aber nicht.
Roger Assalé: Eine Leihe, die wohl eher im Winter beendet werden könnte, ist die von Angreifer Assalé. Dabei erhielt der Ivorer, der mitunter wegen der Sprachbarriere gewiss eine Zeit der Eingewöhnung benötigt(e), kaum die Möglichkeit, sich adäquat zu beweisen.
Die ersten vier Kurzeinsätze gefielen dem Trainerstab nicht. Seither erhielt der 27-Jährige nicht einmal für die letzten zehn Minuten die Option, auf der Außenbahn auf sich aufmerksam zu machen. Assalé muss sich wohlfühlen und das nötige Vertrauen erhalten, nur dann kann er zünden. Das tat er auch in Bern, wo er in 129 Pflichtspielen beachtliche 44 Tore erzielte und weitere 31 Buden auflegte.
Marco Friedl: Vor allem sein Spielstreik gegen Hansa Rostock, als er kurz vor einem Wechsel zu Union Berlin stand, sorgte in Bremer Kreisen für Furore. Friedl hat sich für diese dumme Aktion längst entschuldigt. Sowohl sportlich als auch menschlich (Reputation bei den Fans) läuft es für den erfahrenen Profi in der zweiten Liga aber noch nicht allzu pralle.
Nach seinem auffälligen Hand-Tor gegen Pauli sah der 23-Jährige zuletzt seine fünfte Gelbe Karte - eine ziemlich dumme Aktion, finden die Bremer Fans. Friedls enormer Marktwertverlust von 7,5 auf 4,5 Millionen Euro illustriert die bis dato schwache Spielzeit des einstigen Bayern-Akteurs.
Mitchell Weiser: Ein großer Name für die zweite Liga, doch bisher wenig dahinter. Von Weiser haben sich die Bremer mehr erhofft. Die Leihgabe aus Leverkusen wirkt mitnichten lustlos, aber irgendwie blockiert. "Der wird schon noch kommen", hört man hier und da aus Fankreisen. Wie dem auch sei, bisher ist der flexible Außenbahnspieler einer der Verlierer im grün-weißen Dress.
Niclas Füllkrug: Lücke hat seine Torflaute endlich überstanden. Auch die verbale Auseinandersetzung mit Clemens Fritz samt Suspendierung scheint Schnee von gestern. Dennoch gilt der Mittelstürmer weiterhin als Verlierer der Saison - wenn auch auf dem aufsteigenden Ast. Denn mit mageren zwei Toren aus zwölf Ligaspielen schwirrt Werders einstiger Torgarant gehörig hinter den Erwartungen.
Jiri Pavlenka: Ähnlich wie Füllkrug, befindet sich auch Torwart Pavlenka auf dem aufsteigenden Ast. Der Tscheche verlor zu Beginn der Saison seinen Stammplatz an Zetterer, darf nach zwölf verpassten Spielen aber wieder das Tor hüten. Vielleicht auch, damit er sich pro Verlängerung entscheidet. Ein ablösefreier Abgang des teuersten Torwarts in der Vereinsgeschichte (3 Mio. Euro Ablöse) wäre für die Hanseaten in ihrer aktuellen finanziellen Situation extrem bitter. Pavlenkas Kontrakt läuft im Sommer 2022 aus.
Leonardo Bittencourt: Manchmal sind es gar nicht die sportlichen Leistungen, sondern äußere Umstände, die einen Spieler zum "Verlierer der Saison" küren. So auch beim Deutsch-Brasilianer Bittencourt. Der 27-Jährige kam wegen einer Innenbandverletzung schlicht noch nicht zum Zug.
In Nürnberg erzielte er schließlich den Last-Minute-Siegtreffer. Mit guten Leistungen kann er sich blitzschnell aus dem Ranking der derzeitigen Bremer Verlierer der Zweitliga-Spielzeit hinausmanövrieren.
Nick Woltemade: Während der gebürtige Bremer in den vergangenen zwei Spielzeiten bereits Bundesliga-Luft schnuppern durfte (elf Einsätze), kommt er in der 2. Bundesliga überhaupt noch nicht an die Reihe. Woltemade musste sich zu Saisonbeginn hinten anstellen, verlor seinen Offensiv-Platz etwa an (Jugend-)Kumpel Dinkci und spielte bis dato magere 25 Minuten - aufgeteilt in zwei Partien. Aktuell laboriert der 19-jährige Mittelstürmer an einer Fußverletzung.