Baumann und Kohfeldt: Eine Love Story mit bitterem Ende

90min meint: Hält Baumann an Kohfeldt fest, so geht es für Werder in Liga zwei
90min meint: Hält Baumann an Kohfeldt fest, so geht es für Werder in Liga zwei / Stuart Franklin/Getty Images
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Werder Bremen bleibt sich treu, hält abermals an Florian Kohfeldt fest und geht damit einen nur schwierig nachzuvollziehenden Weg. Ein Weg, mit dem sich die Bremer selbst ins Knie schießen; denn ohne neuen Impuls droht der Abstieg in die 2. Bundesliga. Ein Kommentar.


Beste Freunde gehen durch dick und dünn. Florian Kohfeldt und Frank Baumann sind beste Freunde. Die Grün-Weißen gehen weiter ihren Werder-Weg. Trotz vereinshistorischer Negativserie fehlt es an Konsequenzen und Klartext. Bereits nach der Relegation im letzten Jahr hatte Cheftrainer Kohfeldt angekündigt, die Strukturen und Denkweisen des Klubs in jedweder Hinsicht umzukrempeln - ein Progress blieb aus.

Die Bremer kündigten an, es werde kein "Weiter so" geben. Doch ein Jahr später machen sie eben doch genauso weiter. Kohfeldt bleibt Trainer - zumindest bis Freitag. Eine Jobgarantie über das Pokal-Halbfinale hinaus vermied Sportchef Baumann vorerst. Es komme darauf an, wie der Klub gegen favorisierte Leipziger auftritt.

Werder Bremen spielt gegen RB Leipzig
Werder möchte sich im Pokal-Halbfinale endlich wieder von einer besseren Seite zeigen / Pool/Getty Images

Nach zwei intensiven Analyse-Tagen überzeugte der kämpferische Kohfeldt abermals die Geschäftsführung rund um Baumann, Klaus Filbry und Hubertus Hess-Grunewald. Wie die Verantwortlichen das in der Pressemitteilung hervorgehobene "intakte Verhältnis zwischen Florian und der Mannschaft" genau begründen, bleibt äußerst unklar. Der Aufsichtsrat, der sich zu Teilen contra Kohfeldt positionierte, konnte schließlich übertrumpft werden.

Friede, Freude, Eierkuchen: Die Bremer haben sich zu lieb

Und somit geht man in Bremen weiter den typischen, familiären Werder-Weg. Ein Weg, den Torwart-Ikone Tim Wiese bereits nach dem ersten Spieltag der laufenden Saison adäquat bemängelte. "Bei Werder haben sich alle lieb, es läuft alles so weiter wie bisher", monierte er via Sport Bild.

Dabei hätte man - bei aller Liebe zu Kohfeldt - nun wirklich den Schlussstrich ziehen müssen. Dass Werder in der Vergangenheit häufig Haltung bewies und dem Bremer Übungsleiter trotz großer Schwächephasen den Rücken stärkte, zeugt von Größe, Stärke und Charakter. Während andere Klubs längst die Notbremse zogen und einen neuen Mann an Bord holten, vertraute man auf die Fähigkeiten von Kohfeldt.

Spätestens jetzt, nach einer weiteren Serie von sieben (!) Niederlagen in Folge, hat Kohfeldt sein letztes Pulver verschossen. Die Mannschaft wirkte zuletzt lust- und wirkungslos. Verbesserungen gab es keine und auch die jungen Spieler strotzten überhaupt nicht mehr vor Energie. Nein, gar alle Spieler steckten ihre Köpfe in den Sand.

Neuer Mann für die Seitenline - egal wer!

Es bedarf eines neuen Impulses. Den - so schade es um Kohfeldt ist - nur ein anderer Akteur an der Seitenlinie auf die Mannschaft übertragen kann. Egal wer, Hauptsache es gibt eine Veränderung, einen neuen Impuls. Dass Baumann stattdessen weiterhin auf seinen Kumpel Kohfeldt vertraut, ist der Blindheit einer guten Freundschaft geschuldet - und scheint auch mit Blick auf die stetigen Trainerwechsel der Konkurrenz ziemlich realitätsfremd.

Ganz Bremen hatte am Montagnachmittag auf die Verkündung einer neuen Trainerpersonalie gehofft. Ob intern in persona Thomas Schaaf bzw. Konrad Fünfstück oder aber extern in feinster "Feuerwehrmann"-Manier - völlig egal. Es hätte eine Veränderung auf dem Chefsessel geben müssen. Denn ansonsten steigt Werder mit Kohfeldt ab!

Thomas Schaaf im Werder-Dress
Viele Werder-Fans forderten Thomas Schaaf als interne Lösung / Boris Streubel/Getty Images

Bleibt fast nur zu hoffen, dass Werder am Freitag gegen Leipzig sang- und klanglos baden geht - und Kohfeldt doch noch entlassen wird. Damit ginge zwar eine Trainingswoche für den neuen Trainer flöten, aber die letzten drei Bundesliga-Spiele mit neuem Impuls hätte man in der Hansestadt noch immer vor der Brust.