Alle Infos der Mitgliederversammlung: Werder Bremen blickt auf sportlich und finanziell schwieriges Jahr zurück
Von Dominik Hager
Der SV Werder Bremen steckt nicht erst seit gestern in der Krise. Der Traditionsklub hat seit Jahren zu kämpfen und steht nach dem Abstieg im Vorjahr auch in der laufenden Zweitliga-Saison nur auf Rang sieben. Selbstredend kann eine Mitgliederversammlung in einer Zeit, die durch die Corona-Pandemie zudem erschwert wird, schon mal unangenehm werden. Wir fassen die wichtigsten Aussagen der Sitzung zusammen.
Sonderlich rosig schaut es bei Werder Bremen aktuell weder sportlich noch finanziell aus. Geschäftsführer Klaus Filbry zieht wenig überraschend eine negative Bilanz. Der SV Werder habe im vergangenen Geschäftsjahr einen Verlust von 8,8 Millionen Euro gemacht. In der Saison 2019/2020 lag man bei einem Minus von 23,8 Millionen Euro.
Filbry und Baumann bestätigen: "Bremer Verkaufsstrategie ist gescheitert"
Dies sei laut Filbry durch "sportliches Wagnis" und dem "Verzicht auf Verkäufe" zurückzuführen. Dieses Vorgehen war "rückblickend ein Fehler", zumal auch teure Spieler wie Rashica, Pavlenka, Augustinsson oder Selke den Absturz nicht verhindern konnten.
Laut Marco Bode sollte ein großer Verkauf am Ende der Saison nachgeholt werden. "Rashica war dann aber, für die Summe, nicht mehr zu verkaufen. Der Plan ist nicht aufgegangen", stellte der langjährige Aufsichtsratsvorsitzende klar.
Die Lage ist demnach angespannt. Derzeit befindet sich das Eigenkapital 20 Millionen Euro im Minus. Die langfristigen Verbindlichkeiten betragen 38 Millionen.
"Wir hatten Corona, wir lagen auf der Intensivstationen und werden mit den Folgen noch lange zu kämpfen haben", beschreibt Filbry die Situation drastisch.
Trotz Mindereinnahmen von 40 Millionen wegen des Abstiegs hofft er auf eine bessere Bilanz 2020/21. Schließlich hat der Klub 25 Millionen aus Verkäufen erzielen können. Die Kaderkosten haben sich zudem von 45 auf unter 20 Millionen verringert. Für eine finanzielle Genesung könnten auch die steigenden Zuschauerzahlen sorgen. Die Saison sei mit 10.000 im Schnitt durchgeplant, wobei 30.000 ein gutes Ergebnis wären.
Baumann gibt sich Teilschuld am Abstieg: "Auch ich habe falsche Entscheidungen getroffen"
Rein sportlich müssen die Bremer durch die Finanzprobleme kleine Brötchen backen, wenngleich es nach dem Abstieg ohnehin nur um die Rückkehr ins Oberhaus gehen kann. Kaderplaner Frank Baumann ist nach seiner mäßigen Kaderplanung einer derjenigen, denen von einigen Seiten eine Mitschuld am Werder-Absturz gegeben wurde. Selbst "Baumann-raus-Rufe" hörte man zur Genüge.
"Auch ich habe falsche Entscheidungen getroffen, gar keine Frage", gab er zu. "Aber die Realität ist nicht erst seit dem Abstieg keine Champions League mehr", rechtfertigte er sich.
Die Rahmenbedingungen haben sich schließlich bereits seit 2010 "drastisch verschlechtert". Demnach war ein Abstieg schon immer möglich, wenn denn mal "alle Dinge schief gehen. Genau das taten sie im vergangenen Jahr ganz gehörig.
"Wir haben die Führungsqualitäten einiger Spieler falsch eingeschätzt, bemängelte Baumann.
Der entlassene Coach Florian Kohfeldt sei und bleibe hingegen ein „sehr guter Trainer.“ Allerdings habe nach der Negativ-Entwicklung die „absolute Überzeugung in die Konstellation mit ihm gefehlt.“ Demnach fasste sich Baumann auch an die eigene Nase. "Wir hätten sicherlich früher handeln können und müssen“, gesteht er.
Nun ist laut Baumann vor allem Geduld gefragt. "Geben Sie dieser jungen Mannschaft noch etwas Zeit", forderte der Sportchef die Werder-Mitglieder auf. Allerdings wäre ein weiteres Jahr zweite Liga sicherlich ein finanzieller Rückschlag, weshalb die Zeit drängt und der Aufstieg schnellstmöglich klappen muss.
Bode verlässt unter Applaus die Bühne: "Werder muss Werder bleiben"
Mit Spannung wurde auch Marco Bode erwartet, der seinen Posten als Aufsichtsratsvorsitzender niederlegt. "Ich trage natürlich die Verantwortung für die harte Zäsur Abstieg", zeigt er sich schuldbewusst.
Trotzdem weigere sich der frühere Mittelfeldspieler "alles aus den vergangenen Jahren als misslungen und gescheitert“ zu bezeichnen. Sowohl den Medien als auch den Fans lastete er einen zu negativen Blickwinkel an. Mit seinen letzten Worten richtete er einen flammenden Appell an die Werder-Familie:
"Werder muss bereit sein zur Erneuerung, aber Werder muss auch Werder bleiben, wenn es um seine Werte und Haltung geht. Mir wird im Leben niemand einreden können, dass die Werder-Familie etwas schlechtes sein könnte", so die Abschiedsworte von Bode.
Demnach stand selbstredend auch die Wahl des neuen Aufsichtsrat auf dem Programmpunkt.
Im ersten Wahlgang setzte sich Harm Ohlmeyer mit 479 Stimmen vor Ulrike Hiller (389) und und Dirk Wintermann (353).
Ohlmeyer erklärte zuvor, dass er den SV Werder "als Marke weiterentwickeln“ und neue Sponsoren gewinnen will und er auch der gesellschaftlichen Verantwortung des Vereins "weiter gerecht werden“ möchte. Zudem muss der Aufstieg das klare Ziel sein. Er wolle seinen Beitrag leisten und garantieren: "Kein Harakiri!“
Für ein Ergebnis musste allerdings eine absolute Mehrheit her, wodurch es in die zweite Wahlrunde ging. Aufgrund von Problemen bei der Auszählung mussten alle Beteiligten jedoch viel Geduld bewahren, bis es zu einer Entscheidung kam.
Der Aufsichtsrat setzt sich schließlich wie folgt zusammen: