Wendemarke 25. Spieltag? Was der HSV aus der jüngsten Geschichte lernen muss

Josha Vagnoman und Simon Terodde beglückwünschen Khaled Narey zu seinem 2:0 in Bochum
Josha Vagnoman und Simon Terodde beglückwünschen Khaled Narey zu seinem 2:0 in Bochum / Lars Baron/Getty Images
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Die gute Nachricht vorweg: der Hamburger SV hat nach fünf sieglosen Spielen mal wieder einen Dreier eingefahren. Und das auch noch beim Tabellenführer in Bochum. Der Rückstand zur Spitze wurde somit auf zwei Punkte verkleinert. Doch das war es dann auch schon an guten Nachrichten.


Denn was die Rothosen über weite Strecken der Partie im Vonovia Ruhrstadion abgeliefert haben, kann getrost unter der Überschrift Verunsicherung zusammengefasst werden. Abspiel-, Stellungs-und Stockfehler gab es jedenfalls zuhauf. Und da kann man auch bis auf den so gut wie fehlerlosen Ambrosius keinen Spieler aus der Kritik nehmen.

Pure Erleichterung bei Thioune

Dass die Ergebnisse der vorangegangenen Wochen ihre Wirkung hinterlassen haben, kann freilich niemanden überraschen. Am wenigsten den Trainer, der beim Abpfiff mit einem Urschrei seine Anspannung in den Bochumer Abendhimmel schleuderte. "Es herrscht pure Freude. Wir haben gewonnen, damit kann ich sehr gut leben, nachdem wir fünf mal nicht gewonnen haben", diktierte Thioune den Sky-Reportern in die Mikros.

Daniel Thioune
Schrie nach dem Schlusspfiff in Bochum seinen ganzen aufgestauten Druck heraus: HSV-Coach Daniel Thioune / Lars Baron/Getty Images

Und hatte im folgenden Satz auch gleich eine vorauseilende Replik auf die ob der sparsamen Leistung seines Teams zu erwartenden Kritiken parat: "Wenn man erwartet hätte, dass wir gegen zehn Mann ein Feuerwerk abfackeln, hat man das nicht bekommen."

Womit er gleichzeitig auch implizierte, dass er selbst sich eventuell auch etwas mehr Souveränität seitens seiner Elf gewünscht hätte. Zumal die ab der 35. Minute in Überzahl agierte. Davon etwas gemerkt hat man leider über die gesamten restlichen 55 Minuten nichts.

Mit haarsträubender Leichtsinnigkeit leistete sich die Mannschaft schon im Aufbauspiel Fehler im Abspiel oder in der Ballannahme, und brachte damit eine gegnerische Mannschaft, die weit von der Form eines Tabellenführers entfernt war, immer wieder in potenziell torgefährliche Situationen.

Gut nur, dass die Bochumer ihrerseits daraus kein Kapital schlagen konnten. Das gleiche Bild zeigte sich auch bei den spärlichen Hamburger Angriffsbemühungen. Meist wurden diese schon im Ansatz erstickt.

Und wenn man doch mal bis zur letzten Verteidigungslinie durchbrechen konnte, scheiterte man im Abschluss. Bezeichnenderweise gab es erst in der 20. Minute die erste gefährliche Szene im Strafraum der Gastgeber.

Wer trifft und gewinnt, hat im Fußball recht

Doch im Fußball zählen am Ende nun mal die Tore - und die schoss gestern nur der HSV. Amadou Onana belohnte sich für einen engagierten Auftritt mit seinem zweiten Saisontor. Fast folgerichtig fiel dieser Treffer aus einer Standardsituation heraus.

Amadou Onana, Josha Vagnoman
Wurde auch Zeit, scheint Onana hier symbolisch anzudeuten. Mit seinem zweiten Saisontor brachte der junge Belgier den HSV auf Kurs / Lars Baron/Getty Images

Und auch Khaled Narey konnte seinen Kritikern endlich mal wieder etwas Zählbares entgegenhalten. Für ihn war es bereits der dritte Torerfolg - in der gesamten letzten Saison kam er auf gerade mal einen Treffer.

Simon Terodde, Khaled Narey
Vagnoman und Terodde beglückwünschen Narey zu seinem Tor zum 2:0-Endstand / Lars Baron/Getty Images

Ein Bild symbolisiert jedoch wie kein anderes, dass das gestrige 2:0 beim Tabellenersten in der Mannschaft durchaus etwas losgetreten haben könnte. Die überschäumende Freude des gesamten Teams (Ersatzspieler inklusive) nach Khaleds Hammerschuss in der 89. Minute ließ für einen kurzen Moment tief in die durch die jüngste Ergebniskrise schwer angeschlagene Stimmungslage der Mannschaft blicken.

So unzureichend der Vortrag der Hamburger über weite Strecken auch war - wenn man sich nach solch einem Spiel am Ende doch mit drei Punkten belohnt, muss so was einfach neue Kräfte, neues Selbstvertrauen freisetzen. Von daher kam der erste Auswärtserfolg des HSV seit dem 4:2-Erfolg bei Eintracht Braunschweig am 17. Spieltag wohl gerade zur rechten Zeit.

Eine richtige Einordnung des Sieges als Lehre aus den vergangenen Jahren

Wichtig wird sein, diesen Sieg beim Tabellenführer in den richtigen Kontext zu setzen. Zu glauben, dass, weil man den Spitzenreiter geschlagen hat, alle folgenden Aufgaben automatisch leichter werden, wäre der erste Schritt zur Wiederholung der Fehler der vergangenen Jahre.

Es sei daran erinnert: auch in der ersten Zweitliga-Saison hatte man am 25. Spieltag ein sogenanntes Highlight-Spiel vor der Brust. Der HSV gewann damals mit 4:0 beim Stadtrivalen St. Pauli - und alle, Spieler, Fans und Verantwortliche, berauschten sich daran solange, bis Darmstadt 98 eine Woche später im pickepackevollen Volkspark der Party ein jähes Ende bereitete.

Von den dann folgenden acht Spielen gewann der HSV nur noch das tabellarisch unbedeutende letzte Spiel gegen den Absteiger aus Duisburg.

Unter anderen Vorzeichen gewann der HSV auch in der Vorsaison sein Spiel am 25. Spieltag (2:1 gegen Jahn Regensburg). Es sollte das bis heute letzte vor großer Kulisse (41.000 Zuschauer) sein. Von den anschließenden neun Partien bis Saisonschluss gewann der HSV dann nur noch (und mit Ach und Krach!) gegen die späteren Absteiger aus Wiesbaden und Dresden - und verspielte erneut den mehr als möglichen Aufstieg.

In einer späteren Rückschau auf diese Saison wird man vielleicht wieder diesen ominösen 25. Spieltag als Wendepunkt des Saisonendspurts identifizieren. Diesmal aber hoffentlich zum Guten.