Warum Schalke sich für Grammozis entschieden hat
Von Yannik Möller
Am Dienstagabend bestätigte Schalke, dass Dimitrios Grammozis der neue Cheftrainer wird - für die restliche Saison und für die Mission Wiederaufstieg aus Liga zwei. Eine der großen Aufgaben: Die komplizierte S04-Kabine hinter sich bringen. Aber: Wäre er bei einem Abstieg nicht automatisch schon ein Stück weit verbrannt?
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Längst pfiffen es die Spatzen von den Dächern, am Dienstagabend war dann alles fix: Dimitrios Grammozis ist der neue Cheftrainer von Schalke 04. Neben Mike Büskens wird Sven Piepenbrock als Assistent fungieren - schon bei Darmstadt 98 arbeiteten die beiden zusammen.
Die Vertragskonstellation ist dabei besonders: Das unterschriebene Papier läuft bis zum Sommer 2022. Auch wenn es bei so manchem Fan, und vermutlich auch dem ein oder anderen Vereinsverantwortlichen, noch die klitzekleine Resthoffnung auf den theoretisch noch möglichen Klassenerhalt gibt, so dürfte der direkte Wiederaufstieg aus der 2. Bundesliga in der nächsten Saison die große Aufgabe des neuen Trainers sein.
Blick über den Tellerrand: Grammozis kommt für den Wiederaufstieg, nicht für den Klassenerhalt
Heißt dementsprechend auch, dass der 42-Jährige mit S04 absteigen könnte - was eigentlich ohnehin nicht mehr zu ändern ist - und dann mit dem Klub den Schritt in die zweite Liga geht. Laut Bild seien sich die Verantwortlichen zwar des Risikos bewusst, dass der Coach durch dieses Negativ-Highlight womöglich verbrannt werden könnte, weil es schlussendlich (ohne seine Schuld) eine höchst emotionale Ausnahmesituation sein wird.
Allerdings ist die Zuversicht, dass der ehemalige Sechser sich bei Königsblau vor allem auch in der bislang als kompliziert in Verruf geratenen Kabine durchsetzen kann, größer. Dabei helfen wird Büskens, der mit seiner empathischen Art einen guten Stellenwert innerhalb der Mannschaft genießen soll. Zumal sich das Team im Falle des zu erwartenden Abstiegs sowieso in ganz großen Teilen verändern würde.
Nachdem Grammozis schon zwei Mal als Kandidat gehandelt wurde und dennoch nicht in Gelsenkirchen landete (erst Manuel Baum, dann Christian Gross), ist er nun derjenige, mit dem man sich den Wiederaufstieg in etwas mehr als einem Jahr vorstellen kann. Sollte er diesen großen Schritt packen, den man in seiner Schwierigkeit absolut nicht unterschätzen darf, so würde sich sein Vertrag automatisch um ein Jahr bis 2023 verlängern.
Die Gefahr des Verbrennens - es geht um die Erwartungshaltung
In den letzten Tagen wurde es oft betont: Für Schalke gab es zwei Modelle, in denen man hätte verfahren können: Entweder man holt einen Trainer, der interimsmäßig übernimmt, die restliche Saison eher verwaltet als noch am großen Wunder zu arbeiten und dann mit dem Klub absteigt. Zum Sommer hin dann ein Schnitt mit Neustart und neuem Coach.
Es war jedoch die zweite Variante, für die sich in Gelsenkirchen entschieden wurde: Grammozis wird schon jetzt als neuer Trainer geholt, der die ganz kleine Chance auf den Klassenerhalt im besten und nicht zu erwartenden Fall nochmals aufleben lässt, aber primär dafür da sein wird, den Wiederaufstieg zu meistern. Das Risiko dabei, das Verbrennen, wurde im Sinne der Personalie in Kauf genommen.
Das ist per se nicht schlecht. Vorrangig geht es in dieser Thematik um die Erwartungshaltung. Die Fans, die glauben, der gebürtige Wuppertaler wurde geholt, um Schalke in der Bundesliga zu halten, irren sich. Es ist ein noch mögliches Szenario, das aber nicht mehr ernsthaft erwogen werden kann. Wenn es Anzeichen geben sollte, dass sich der Abstand zum Relegationsplatz nochmals verringert, wäre das viel eher ein Zusatz als ein Muss.
Steigen die Knappen schlussendlich ab, wird zwar sein Name mit diesem historischen Schritt verbunden sein. Seine Arbeit wiederum nicht - zumindest ist es das, was begriffen werden muss, um für einen Neustart zu Beginn der Saisonvorbereitung im Sommer gewappnet zu sein. Sowohl intern, als auch von außen. Abstieg hin oder her, Grammozis muss (!) anschließend vernünftig arbeiten können, ohne immer wieder zurückzublicken. Stichwort Vertrauensvorschuss, der im Fußball oftmals nicht gegeben ist. Deshalb bleibt ein Risiko, das es zusammen zu minimieren gilt.