VfL Wolfsburg im Check: Wölfinnen mit starken Neuzugängen hungrig auf weitere Titel

Auch diese Saison will Wolfsburg wieder die Meisterschale in die Luft recken - allerdings ohne Almuth Schult, die in die USA gewechselt ist
Auch diese Saison will Wolfsburg wieder die Meisterschale in die Luft recken - allerdings ohne Almuth Schult, die in die USA gewechselt ist / Christof Koepsel/GettyImages
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Letzte Saison wurde schon von einer Wachablösung in Deutschland gesprochen - einige Monate später werden dem VfL Wolfsburg schon Chancen auf den UWCL-Titel zugestanden. Nach einer erfolgreichen ersten Saison unter Trainer Tommy Stroot soll die Basis gefestigt werden. Dafür wurden hochkarätige Neuzugänge an den Mittellandkanal geholt - aber auch Konkurrent Bayern München hat sich namhaft verstärkt. Kann der VfL Wolfsburg diese Saison seine Vormachtstellung festigen?


Letzte Saison: Schwieriger Start unter Stroot

Bayern war als amtierender Titelverteidiger leicht favorisiert in die letzte Saison gegangen, und die ersten Wochen schienen diesen Eindruck zu bestätigen: Wolfsburg tat sich mit dem neuen Trainer Tommy Stroot schwer, die Abgänge von Fridolina Rolfö und Ingrid Engen konnten zunächst nicht kompensiert werden. Fast aber wäre Wolfsburg nicht mal für die Champions League qualifiziert gewesen, als Zweiter der Bundesliga mussten sie in die Playoffs und setzten sich dort erst im Elfmeterschießen gegen Bordeaux durch.

Auch in der Liga gab es Anfangsschwierigkeiten, vieles hing von Torgarantin Ewa Pajor ab, während die Defensive einige Probleme hatte. Dass sich Pajor dann auch noch schwer verletzte, machte die Sache nicht leichter. Gegen Bremen etwa gelang Wolfsburg nur ein knapper 2:0-Sieg mit späten Toren, während Bayern den selben Gegner eine Woche vorher mit 8:0 demontiert hatte. Gegen Freiburg musste Stroots Team dann auch einen Punktverlust hinnehmen, in der Gruppenphase der Champions League verloren sie gegen Juventus und mussten ums Weiterkommen zittern. Das 3:3-Unentschieden gegen Chelsea verdeutlicht gut, dass die Balance im Wolfsburger Team zu diesem Zeitpunkt abhanden gekommen war - was unterhaltsam anzusehen war, aber nicht immer zielführend.

Große Leistungssteigerung im Laufe der Saison

Svenja Huth
Ein Wendepunkt der letzten Saison: Wolfsburgs 4:0 gegen Chelsea / Stuart Franklin/GettyImages

Ein Wendepunkt der Saison kam mit dem zweiten Spiel gegen Chelsea in der Gruppenphase. Wolfsburg musste mit zwei Toren Unterschied oder mehr gewinnen, um sich für das Viertelfinale zu qualifizieren. Ein Match, bei dem viel auf dem Spiel stand, doch unter dem Druck zeigte das Team eine grandiose Leistung und fertigte den englischen Meister mit 4:0 ab.

Die Leistung gab Wolfsburg viel Selbstvertrauen und über die Saison war zu sehen, wie sich die Teile zusammenfügten. Zwei Positionsrochaden von Stroot spielten eine Rolle bei der Leistungssteigerung: Er beorderte zum einen Lena Oberdorf von der Innenverteidigung zurück auf ihre beste Position, das defensive Mittelfeld. Das zahlte sich prompt aus - übrigens genau wie beim Nationalteam, wo Martina Voss-Tecklenburg Oberdorf erst kurz vor der EM wieder ins Mittelfeld stellte. Eine weitere wichtige Umstellung war die Umschulung von Rechtsverteidigerin Kathrin Hendrich zur Innenverteidigerin, die ihre Aufgabe auf der neuen Position sehr gut machte.

Perfekt war noch lange nicht alles, wie das 1:5 gegen Barcelona exemplarisch zeigte, als Wolfsburg naiv spielte und vom Druck der Katalaninnen zerrieben wurde. Stroot und das Team zeigten eine Reaktion, passten sich für das Rückspiel an und erfüllten die mehr als 20.000 Zuschauer in der Volkswagen-Arena mit dem Glauben, dass ein Wunder doch noch möglich sei. Auch Barcelona hatte im Rückspiel gute Chancen, aber dennoch hatte dieses Wolfsburg-Team mit dem im September wenig gemein.

Der Pokalsieg und die Meisterschaft waren angesichts dieser Leistungssteigerung und der gleichzeitigen Stagnation der Bayern verdient. Allerdings wurden die bayrischen Konkurrentinnen in der heißen Phase der Saison auch von Verletzungen und Covid-Infektionen geplagt. Und das 1:0 gegen Bayern in der Hinrunde hatte Wolfsburg vor allem der starken Leistung von Almuth Schult zu verdanken. Kurz: Trotz des Doubles sind die Wölfinnen der Konkurrenz nicht enteilt, das Rennen diese Saison könnte erneut knapp werden.

Transfers: Abgänge sehr gut kompensiert, Qualität in der Breite

Merle Frohms
Nationaltorhüterin Merle Frohms kehrt diesen Sommer zum VfL Wolfsburg zurück / Visionhaus/GettyImages

Auf die Heldentaten von Almuth Schult kann sich das Team diese Saison nicht mehr verlassen, denn die langjährige Nummer eins zwischen den Pfosten wechselt in die USA, zu LA City. Der Ersatz, Nationaltorhüterin Merle Frohms, kann sich aber mehr als nur sehen lassen. Auch die anderen Abgänge konnte Wolfsburg gut kompensieren und der Kader ist nochmal stärker einzuschätzen als letztes Jahr. In der Winterpause verließen Linksverteidigerin Sofie Svava und Innenverteidigerin Sara Doorsoun bereits den Verein, mit Potsdam-Kapitänin Sara Agrez und der bei der EM bärenstarken Marina Hegering ist Wolfsburg auf den Positionen aber weiterhin sehr gut besetzt. Bei Hegering ist das große Fragezeichen aber, ob sie fit bleiben kann, denn die Nationalspielerin ist sehr verletzungsanfällig. Aktuell setzt eine Fußverletzung sie außer Gefecht.

Die weiteren Abgänge waren in der vorherigen Saison nur Ergänzungsspielerinnen gewesen und zu wenigen Einsätzen gekommen. Kristin Demann, die wie Hegering vom FC Bayern München kommt, ist vermutlich auch primär als Back-up eingeplant. Flügelspielerin Jule Brand von der TSG Hoffenheim dagegen wird mit ihrer Dynamik und Intuition vermutlich eine wichtige Spielerin für Wolfsburg werden. Vielleicht wird sie zunächst von der Bank kommen, in dieser Rolle kann Brand gegen eine ermüdete Abwehr aber sehr effektiv sein. Stroot setzte letzte Saison auf eine recht klare erste Elf, mit kleineren Umstellungen. Das könnte auch dieses Jahr der Fall sein, wie er bei einer Pressekonferenz zum Saisonbeginn verriet: "Wir arbeiten immer aus einer gewissen Stabilität heraus. Einige Positionen werden wahrscheinlich eine Sicherheit haben zu spielen, um wieder die Abläufe reinzubekommen."

Denn der Konkurrenzkampf im Angriff ist groß, Tommy Stroot hat die Qual der Wahl. Das fängt schon bei der Mittelstürmer-Position an, wo er nun EM-Heldin Alexandra Popp und Ewa Pajor, die ebenfalls eine sehr gute Athletik und Torquote mitbringt, zur Verfügung stehen hat. Stroot wollte sich noch nicht festlegen: "Das Schöne ist, dass alles möglich ist, es muss nur zu den Gegnern passen. Je nachdem werden wir mit einer oder vielleicht zwei Spitzen spielen, wir schließen nicht aus, dass es mit den beiden geht. Es geht auch mit den beiden auf verschiedenen Positionen, sei es auf der Zehnerposition, sei es auf der Sechserposition." Auch Tabea Waßmuth, Sveindis Jonsdottir, Jule Brand und Svenja Huth sind Startelf-Kandidatinnen, die Kaderbreite ist ein großer Trumpf für die neue Saison.

Spielstil

Women's Champions League semi final 2e leg"VFL Wolfsburg v FC Barcelona"
Tommy Stroh gilt als akribischer Coach, der auf eine starke Defensive baut / ANP/GettyImages

Tommy Stroot lässt sein Team zielstrebig spielen, die Schnelligkeit von Spielerinnen wie Jonsdottir und Waßmuth wird dabei ausgenutzt. Mit Pässen in die Tiefe will Wolfsburg sich nach vorne kombinieren und die gegnerische Abwehrkette durchbrechen. Dass sich die Genauigkeit dabei im Laufe der Saison verbessert hat, und die Ballverarbeitung schneller geworden ist, war einer der Gründe für die Wolfsburger Leistungssteigerung letzte Saison.

Neben den schnellen Stürmerinnen nimmt Lena Oberdorf eine absolute Schlüsselrolle für Wolfsburg ein. Die 1:5-Klatsche gegen Barcelona lag nicht nur, aber auch daran, dass Oberdorf mit ihrer Zweikampfstärke und Laufbereitschaft nicht mehr die Räume vor der Abwehr sichern konnte, weil sie verletzt war. Auch für den Spielaufbau nimmt sie, meist an der Seite von Lena Lattwein, eine wichtige Rolle ein, wobei sie unter Stroot etwas defensiver spielt als zuvor.

Die defensive Stabilität ist Stroot dabei wichtig, sein Team neigt nicht dazu, ins volle Risiko zu gehen. Das kann auch mal zu Phasen führen, in denen Wolfsburg sich mehr auf lange Bälle in die Spitze verlässt und weniger von hinten heraus spielt. Die Defensive ist weiterhin im Fokus: Wie Stroot in der Medienrunde verriet, lag der Fokus in der Trainingswoche vor dem ersten Spiel gegen Essen auf der Restverteidigung. Mit Hegering wurde die Abwehr jetzt nochmal verstärkt, Wolfsburg könnte auch davon profitieren, dass sie und Hendrich bereits als Duo in der Innenverteidigung eingespielt sind. Ob Hendrich weiter in der Innenverteidigung bleibt oder wieder nach außen rückt, wird sich aber noch zeigen. Anders als bei Bayern sind Wolfsburgs Außenverteidigerinnen meist etwas defensiver orientiert und schalten sich weniger im Angriff ein.

Stroot zeigte zudem über die Saison die Fähigkeit, aus den vorherigen Spielen zu lernen. Besonders gut zeigte sich das in der Champions League. Gegen die englischen Vertreter Arsenal und Chelsea konnte Wolfsburg im ersten Spiel in England nicht auf voller Linie überzeugen, zeigte sich zu Hause dann aber stark verbessert und nutzte vor allem die Schwachpunkte, die die Gegnerinnen im ersten Spiel gezeigt hatten, aus. Wenn Wolfsburg diese Saison in beiden Duellen eine starke Leistung zeigt, könnten sie international wieder vorne dabei sein.


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