Verwirrung wegen Thiago: Auf eine weitere Transfer-Posse kann der FC Bayern verzichten
Von Florian Bajus
Thiago hat sich zu Wort gemeldet. Und nur für mehr Verwirrung gesorgt. Während der Länderspiele hat sich der Mittelfeldspieler des FC Bayern über seine Zukunft geäußert und ist gegen den Strom der Klubverantwortlichen geschwommen. Nach dem Hickhack um Leroy Sané kann der Rekordmeister allerdings auf eine erneute Transfer-Posse verzichten.
Dass Thiago seinen bis 2021 datierten Vertrag beim FC Bayern nicht verlängern will, gilt als verbrieft. Übereinstimmend wurde über die Entscheidung des Spaniers berichtet, auch hieß es seither, dass er den Rekordmeister in diesem Sommer verlassen wolle. Das dürfte auch ganz im Sinne der Verantwortlichen sein, die, so heißt es, nur dann auf dem Transfermarkt aktiv werden wollen, wenn Geld eingenommen wird. Und für Thiago, der im Champions-League-Finale gegen Paris St. Germain seine ganze Klasse auf der größten Fußballbühne Europas eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat, soll ein Preis von 30 Millionen Euro aufgerufen worden sein.
Über potentielle Abnehmer lässt sich allerdings nur mutmaßen. Der FC Liverpool wurde von BILD und Sport Bild in den Ring geworfen, auch Manchester United soll an ihm dran sein - allerdings haben die Red Devils erst kürzlich Donny van de Beek von Ajax Amsterdam unter Vertrag genommen und sind nun ordentlich in der Zentrale aufgestellt.
Knapp einen Monat haben die Bayern und Thiago noch Zeit, eine angemessene Lösung zu finden. Dann endet das Transferfenster. Und es ist kaum vorstellbar, dass die Münchner einen ihrer besten Spieler zum Nulltarif ziehen lassen wollen.
FC Bayern rechnet mit einem Abschied - Thiago will davon nichts wissen
Mehrfach haben sich Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge und Cheftrainer Hansi Flick zur Causa Thiago geäußert und gesagt, der Strippenzieher wolle allem Anschein nach etwas Neues machen. "Das sah schon sehr nach Abschied aus", sagte Rummenigge sogar ganz deutlich, als er in einem Interview mit BILD erzählte, wie Thiagos Familie nach der Rückkehr aus Lissabon über den Rasen der Allianz Arena "gelustwandelt" sei. Wenig später betonte er bei Welt am Sonntag, dass der Klub zeitnah mit einem Angebot rechne.
Doch vor dem Nations-League-Spiel zwischen Spanien und der Ukraine (Sonntag, 20:45 Uhr) sagte Thiago plötzlich (zitiert via Sportbuzzer): "Ich habe nie gesagt, dass ich Bayern verlassen werde." Schon nach dem Remis gegen Deutschland sagte er unter anderem, München sei "seine Heimat", in der er glücklich sei. Was er denn wirklich will und was es mit den Gerüchten um einen Wechsel nach England auf sich hat, ließ er aber unbeantwortet.
Nach Sané-Drama: Der FC Bayern braucht keine zweite Transfer-Posse
Es erinnert an das vergangene Jahr, als die Bayern monatelang um Leroy Sané gekämpft haben. Während der gesamten Zeit schwieg der deutsche Nationalspieler, zu keiner Zeit wollte er sich in der Öffentlichkeit über seine Zukunft äußern. Letztlich platzte der Transfer aufgrund eines Kreuzbandrisses, erst mit einem Jahr Verspätung landete Sané in München. Bis dahin wurde allerdings ununterbrochen in deutschen und englischen Medien spekuliert, zwischenzeitlich gar widersprüchlich berichtet: Kommt Sané im Winter oder im Sommer? Wollen die Bayern ihn noch? Will Hansi Flick ihn überhaupt? Oder verlängert er doch in Manchester?
Für alle Beteiligten war die damalige Transfer-Posse ein medialer Kraftakt, der viel Stress bedeutet hat. Dieser Stress droht in der Causa Thiago erneut. Abreißen wird die Berichterstattung jedenfalls nicht. Sämtlichen Medienberichten und Aussagen von Vereinsverantwortlichen zufolge deutet alles darauf hin, dass Thiago seine Zukunft nicht beim FC Bayern sieht und eine neue Herausforderung suchen will. Wie an seiner Stelle nun plötzlich gegenzusteuern und zu behaupten, man habe nie von einem Abschied gesprochen, passt überhaupt nicht ins Bild. Und so könnte Tag für Tag wieder etwas Neues im Blätterwald veröffentlicht werden, bis etwas Konkretes bekannt wird.
Womöglich will Thiago den FC Bayern auch noch nicht verlassen. Vielleicht erst im nächsten Jahr, wenn sein Vertrag endet. Jedwede Entscheidung, von denen er im Laufe seiner Karriere viele zu treffen hat, gilt es zu akzeptieren und zu respektieren und wäre vollkommen nachvollziehbar. Nur täte er gut daran, entweder gar nichts zu sagen oder Klartext zu sprechen. Damit wäre allen geholfen. Jetzt aber nährt er womöglich unberechtigte Hoffnungen. Es sei denn, er würde völlig überraschend seinen Vertrag verlängern. Der Glaube daran ist jedoch äußerst gering.