Vermeintliches Reschke-Aus wirft Fragen auf: Nur ein Sündenbock?
Von Yannik Möller

Auf Schalke kollidieren diverse Krisen und Probleme miteinander, ein ganzer Verein gerät stark ins Straucheln. Dass Michael Reschke sehr bald seine Koffer packen könnte, aber nicht auf freiwilliger Basis, ist dabei ein weiteres Kapitel - wobei das vermeintliche Aus des Kaderplaners einige Fragen aufwirft.
Am frühen Montagnachmittag berichtete Sport1, dass Michael Reschke beim FC Schalke 04 vor seinem Aus steht. "Auf der Führungsebene knirscht es gewaltig", hieß es weiter. Dass die Arbeit des Technischen Direktors, der im Sommer 2019 seine Arbeit im Hintergrund aufnahm, ebenso wie die von Sportvorstand Jochen Schneider seitens des Aufsichtsrates auf dem Prüfstand stehen soll, hatte am Morgen bereits der kicker geschrieben.
Ein Verhältnis zwischen Schneider und Reschke, das inzwischen "total distanziert und abgekühlt" sein soll, sei dabei der Hauptgrund. Genau an dieser Stelle kommen allerdings die ersten Fragen auf. Bereits wegen des Festhaltens an David Wagner soll es zwischen den beiden gekracht haben: Schneider, der seinem ersten eigenen Coach noch die ganze Vorbereitung im Sommer gab und Reschke, der den Trainer wohl schon spätestens zum Saisonende entlassen hätte.
Reschke hätte auch Wagner im Sommer schon beurlaubt. Und auch Reschke war es, der zu Recht, auf einen neuen Keeper drängte. Ich halte Reschke für fähiger als Schneider. Vielleicht wollte MR sich JS's nichts tun im Sommer einfach nicht tatenlos mit ansehen? ??♂️
— Jul (@julian04ze) November 23, 2020
Bereits zu diesem Zeitpunkt, wenn nicht gar schon früher, beispielsweise während der erfolglosen Rückrunde, soll das Verhältnis angeschlagen gewesen sein. Somit ist dies kein Aspekt, der völlig neu und plötzlich disruptiv aufgetreten sein kann.
Geplante Verkäufe ohne Absprache - dieser Reschke-Vorfall ist allerdings nicht brandneu
Nun ließe sich argumentieren, ein endgültiger Vertrauensbruch sei durch die keineswegs einvernehmliche Verkaufs-Planung bei manchen Leistungsträgern geschaffen worden. Laut Sport1 habe Reschke beispielsweise im Sommer bereits konkret (!) mit Hertha BSC über einen Transfer von Omar Mascarell verhandelt. Das Problem: Weder Schneider noch die Mascarell-Seite wussten davon. Beim Spieler musste sich der Sportvorstand daraufhin entschuldigen.
Das große Aber: Blickt man etwa drei Wochen zurück, so ist auch dieser Fall nicht neu. Bereits Anfang November hatte die Sport Bild (via Spox) über diese Pläne seitens Reschke berichtet - auch, dass betroffene Spieler davon nichts wussten. Der Technische Direktor, der auch ein neues Scouting-Netzwerk aufbauen sollte, schien eigenhändig eine Umstrukturierung des Kaders vornehmen zu wollen.
Ein sehr großer Vertrauensbruch, keine Frage. Aber eben erneut kein Vorfall, der erst jetzt aufgetreten und nun zum vermeintlichen Aus geführt haben kann.
Natürlich kennt man außerhalb der S04-Geschäftsstelle nicht jeden Ablauf, jeden Streit oder jedes Problem - nichtsdestotrotz macht diese offenbar bevorstehende Entlassung den Eindruck, als sei Reschke nun ein passendes Bauernopfer, denn: Warum ausgerechnet jetzt? Ohnehin kein Vertrauensverhältnis und die Öffentlichkeit dürstet nach knallharten Entscheidungen, die etwas an der miserablen Lage rund um den Klub ändern sollen.
Anzumerken ist dazu ebenfalls, dass es in diesem Fall wohl Jochen Schneider wäre, der seinen Direktor und Kaderplaner entlassen würde - und nicht direkt der Aufsichtsrat. Ein zusätzliches Geschmäckle, das berechtigt sein kann, oder eben auch nicht. Allerdings sieht es stark danach aus, als käme diese Personalentscheidung gerade richtig.
So oder so: Ein Rauswurf von Reschke, sollte es tatsächlich dieser Tage dazu kommen, würde den gesamten Vorstand in Erklärungsnot bringen und weitere Unruhe schüren - etwas, das Schalke allerdings ebenso wenig gut gebrauchen kann, wie ein zerrüttetes Verhältnis im sportlichen Verantwortungsbereich. Es ist und bleibt kompliziert beim S04, um es vorsichtig auszudrücken.