Kruse & Friedrich gehen - aber Union Berlin bleibt gleich: Warum die Eisernen weiter so erfolgreich sind
Von Dominik Hager
Es ist immer ein wenig das Schicksal von gut performenden Underdog-Teams, dass die Säulen der Mannschaft von finanzstärkeren Teams aufgekauft werden. Nicht immer hat das aber auch den Effekt, dass das Team auch schlechtere Resultate erzielt. Union Berlin hat im Winter mit Marvin Friedrich und Max Kruse beispielsweise zwei absolute Leistungsträger verloren, liegt aber dennoch weiter auf Europapokal-Kurs.
In der letzten Minuten platzte der DFB-Pokal-Finaltraum von Union Berlin aufgrund eines Kopfballtreffers von Emil Forsberg und doch haben die Eisernen wieder mal bewiesen, dass sie mit den Top-Teams der Liga schritthalten können. Davon war spätestens nach den Abgängen von Max Kruse und Marvin Friedrich nicht mehr unbedingt zu rechnen. Nach der ohnehin schon starken Vorsaison, knüpften die Berliner in der Hinrunde nahtlos an und belegten zum Jahresende den sechsten Platz.
Wer jetzt aber dachte, dass Union diesen Platz ohne die beiden Stars nicht halten kann, sah sich bislang getäuscht. Der Hauptstadt-Klub rangiert noch immer auf dem sechsten Rang und belegt in der Rückrunden-Tabelle den siebten Platz.
Damit ist man trotz des Pokal-Aus noch mitten drin im Kampf um Europa. Stand jetzt würde man sogar einen Europa-League-Platz erreichen. Diesen gilt es in den letzten Spielen gegen Leipzig, Fürth, Freiburg und Bochum abzusichern, was nicht einfach wird, aber keineswegs unmöglich ist.
Drei Siege in Serie: Union schlägt nach Krise im Februar und März zurück
Dabei hatte Union durchaus mal so seine Probleme. In den Monaten Februar und März kriselten die Berliner zur Abwechslung mal so richtig und holten aus sieben Spielen nur vier Punkte. Mit dem April kam jedoch auch schon wieder die Wende. Das Team hat alle drei Bundesliga-Partien in diesem Monat gewonnen und dabei den 1. FC Köln (1:0), Hertha BSC (4:1) und Eintracht Frankfurt (2:0) in die Schranken gewiesen.
Es kommt nicht von Ungefähr, dass der Verein so schnell wieder in die Spur fand und auch die Abgänge von Friedrich und Kruse kompensieren konnte. Union Berlin ist einfach ein Konstrukt bei dem alles stimmt und bei dem das Team wichtiger ist als die einzelnen Spieler. Im Verein zieht jeder an einem Strang, jeder Spieler kennt seine Rolle und die euphorischen Fans tragen ebenfalls ihren Teil dazu bei.
Union Berlin ist wohl das Paradebeispiel einer funktionierenden Mannschaft und darüber überaus selbstbewusst. Nicht wenige haben gedacht, dass die Eisernen mit der Doppelbelastung Conference League und Bundesliga Probleme bekommen und in der Liga zu den Abstiegskandidaten gehören. Bereits im Vorfeld der Saison hat der Verein aber gut vorgesorgt und zahlreiche Spieler verpflichtet. Die meisten Neuzugänge besitzen zwar keinen ganz großen Namen, wurden aber klug ausgewählt und sorgen in der Breite für ein schlagkräftiges Kollektiv. Auf diese Weise können verletzte und müde Spieler pausieren und Abgänge ersetzt werden.
Friedrich und Kruse schwächeln nicht ohne Grund: Union macht jeden Spieler stärker
Der starke Tabellenstand von Union Berlin ist zwar eine Überraschung, aber keine allzu große. Es macht einfach einen riesigen Unterschied, ob es in der Mannschaft stimmt oder nicht. Das beste Beispiel hierfür ist Marvin Friedrich. Der Innenverteidiger war bei den Berlinern stets ein Leistungsträger, dem nichts und niemand aus der Ruhe bringen konnte. Seit seinem Wechsel nach Gladbach wackelte er jedoch mit einem Schlag regelmäßig und strahlte plötzlich gar keine Souveränität mehr aus. Auch bei Max Kruse ist ein deutlicher Unterschied zu sehen. Nach zehn Scorer-Punkten in 16 Einsätzen für Union, folgten nur noch drei Scorer in zehn Spielen für den VfL Wolfsburg.
Union Berlin bietet ein Umfeld, in dem sich die Spieler wohl fühlen, gepusht werden und demnach ihre Leistung voll abliefern können. So manch einer spielt sogar schnell mal über seinem eigenen Niveau. Bei vielen anderen Bundesligisten ist das aus den verschiedensten Gründen anders. Vereine wie Wolfsburg, Gladbach oder die Hertha sind hierfür derzeit perfekte Beispiele, Schalke 04 oder HSV sind bereits aufgrund ähnlicher Probleme abgestiegen.
Team-Chemie ist einfach ein hohes Gut und das beste und in Teilen auch einzige Mittel für finanziell und personell unterlegene Mannschaften, um eine weitaus bessere Rolle zu spielen, als es zu vermuten wäre. Für den Fußballsport ist das spannungstechnisch absolut Gold wert.