Umbruch beim BVB: Meine Wunschliste für den Transfersommer
Von Oscar Nolte
Beim BVB haben sich in der laufenden Saison einige Baustellen und Fehler in der Kaderplanung gezeigt. Im Schatten der bevorstehenden Abgänge von Erling Haaland und Jadon Sancho (wenn nicht in diesem, dann vermutlich im kommenden Sommer) ist der Verein trotz Einbusse durch die Corona-Pandemie durchaus handlungsfähig, jedoch auch eingeschränkt. Den ein oder anderen Transfer dürfte Michael Zorc durchaus einfädeln.
Fussball-Fans haben eines gemeinsam: die Naivität, es immer besser zu wissen. Die Arbeit des Trainers, die Transferpolitik oder fehlende Leistung - der Fussball-Fan scheint immer zu wissen, was falsch läuft und wie man es besser machen kann. Und ja, auch ich glaube zu wissen, was der BVB im Sommer machen muss und kann. Daher habe ich meine ganz persönliche Wunschliste für den Transfer-Sommer in schwarz und gelb zusammengestellt.
1. Aufrüsten auf den Außen: Die Abwehr
Ob in der Abwehr, im Mittelfeld oder im Sturm: im Zentrum ist der BVB hervorragend besetzt. Auf den Außen drückt der Schuh. Die Außenverteidigung ist in der aktuellen Konstellation kaum bundesliga-tauglich. Nico Schulz wirkt in sämtlichen Bereichen überfordert, Neuzugang Thomas Meunier mag ein solider Verteidiger sein, ist am Ball jedoch ein Albtraum. Raphael Guerreiro ist ein überragender Spieler, den ich mittelfristig aber im Mittelfeld sehe: der Portugiese ist defensiv zu schwach für eine Viererkette, zudem kommen seine Qualitäten über die Außenbahn zu wenig zur Geltung. Der letzte im Außenverteidiger-Bund ist Mateu Morey. Ich bin ein großer Fan des Spaniers, sehe ihn aber noch nicht weit genug, um Dauerbrenner rechts hinten zu sein. Felix Passlack und Marcel Schmelzer dürften sportliche keine Rolle mehr in Dortmund spielen.
Eigentlich braucht es drei neue Außenverteidiger. Vorstellbar ist allerdings, dass der BVB corona-bedingt an Meunier und Morey auf Rechts festhält und den Fokus eher auf die Seite legt. Dort führt für mich auf dem Transfermarkt kein Weg an Borna Sosa vorbei. Der Kroate entfaltet sein Potenzial nach anfänglichen Schwierigkeiten beim VfB Stuttgart mittlerweile komplett und glänzt mit Läufen und Flanken - und bedient damit eine Palette, die dem BVB völlig abhanden geht. Sosa erinnert mich von seinen Anlagen an Filip Kostic - den ich auch interessant finde, der aber vermutlich zu teuer ist. Darüber hinaus würde ein flexibler Außenverteidiger, der sowohl rechts, als auch links spielen kann, viele Baustellen im Verein schließen. In jedem Fall schafft es Borna Sosa ganz nach oben auf meiner Wunschliste.
2. Aufrüsten auf den Außen: Die Offensive
Es gibt eine für diese BVB-Saison bezeichnende Szene: im Spiel gegen den SC Freiburg hörte man den gegnerischen Torwart immer wieder"Drängt sie nach außen!" rufen. Und damit ist Borussia Dortmund aktuell entschlüsselt. Im Zentrum, hinter den Spitzen oder auf den Halbpositionen, gibt der Kader mit Marco Reus, Giovanni Reyna, Julian Brandt, Jadon Sancho und optional Rapha Guerreiro fast schon zu viel her. Mit Thorgan Hazard und Ansgar Knauff hat der BVB nur zwei tatsächliche Flügelspieler, die Tempo und Flanken mitbringen.
Die offensiven Außen sind beim BVB eine Frage des Systems. Als Achraf Hakimi noch in schwarz und gelb auflief, konnte Borussia Dortmund mit Jadon Sancho und Marco Reus als eingerückte Flügel wunderbar spielen; Hakimi kam mit Tempo über die Außen, über links Guerreiro und Reus und Sancho konnten ihre Qualitäten im Dribbling und Passspiel ausspielen. Jetzt fehlen diese Optionen auf Außen und Reus und Sancho sind zu leicht zu verteidigen. Daher braucht der BVB mehr Tempo und Spieler, die ihre Wege an der Außenlinie gehen. Mit Erling Haaland hat Dortmund endlich mal wieder eine richtige Neun - wie tragisch, das der Norweger über Außen einfach nicht gefüttert wird.
Der Pool an guten Außenspielern ist groß. Fündig dürfte Michael Zorc also in jedem Fall werden. Meine - mehr oder weniger realistischen - Wunschspieler sind Silas Wamangituka und Allan Saint-Maximin. Beide Leistungsträger bei Vereinen, die mit der Champions League herzlich wenig zu tun haben; damit (oder zumindest mit der Perspektive auf die Königsklasse) könnte der BVB sie ködern.
3. Der Haaland-Ersatz
Schenkt man den aktuellen Gerüchten Glauben, wird Erling Haaland den BVB am Saisonende verlassen. Spätestens in einem Jahr dürfte der Norweger auf jeden Fall weiterziehen. Wer wird diese klaffende Lücke füllen? Youssoufa Moukoko wird das mittelfristig können, noch ist die Aufgabe für das Ausnahmetalent aber zu groß.
Fakt ist: Wenn Haaland geht, klingelt es in Dortmunds Kassen gewaltig. Finanziellen Spielraum hat der BVB also auf jeden Fall, um einen Nachfolger zu finanzieren. Zudem haben die Verantwortlichen realisiert, wie wichtig ein echter Mittelstürmer ist. Die Bereitschaft, Geld auf diesem überschaubaren Markt in die Hand zu nehmen, dürfte mittlerweile also da sein.
Auf meiner persönlichen Wunschliste landen als Haaland-Nachfolger zwei Namen: Andre Silva und Sebastien Haller. Silva dürfte wie Haaland auf den Markt kommen und um die 50 Millionen Euro kosten - teuer, aber machbar. Mit Moukoko in der Hinterhand könnte es der BVB zudem verschmerzen, wenn Silva in zwei oder drei Jahren den Sprung auf ein noch höheres Level wagen will. Den Portugiesen könnten die Verantwortlichen also mit dem Argument locken, ihm keine Steine in den Weg zu legen. Jetzt in die Elite zu wechsel wäre für Silva riskant; der Knipser hat noch nicht nachhaltig genug bewiesen, dass er dieses Niveau mitbringt. Der BVB könnte für Silva daher der richtige Schritt sein.
Sebastien Haller hätte ich mir schon früher in Dortmund gewünscht. Der Franzose hat mir bei Eintracht Frankfurt außerordentlich imponiert und hat sein Level nach einer schwachen Zeit in England aktuell bei Ajax Amsterdam wiedergefunden. Meiner Meinung nach ist Haller einer der fußballerisch stärksten Big Men, die es im Sturm gibt. Mit seinen Qualitäten, Bälle festzumachen und weiterzuleiten könnte er das perfekte Puzzleteil in der Dortmunder Offensive darstellen. Allerdings ist die Frage, ob Haller Ajax so bald schon wieder verlassen will.
Daher wäre mein Fahrplan dieser: Silva verpflichten, sollte Haaland schon in diesem Sommer wechseln. Bleibt der Norweger noch ein weiteres Jahr, könnte Haller interessant werden.
4. Ein neuer Torwart, por favor
Vorab: ich bin ein großer Fan von Roman Bürki - durch die schwarz-gelbe Brille betrachtet. Objektiv muss ich allerdings eingestehen, dass Bürki es nicht geschafft hat, den nächsten Schritt zu gehen. Das zeigt sich aktuell daran, dass Marwin Hitz gesetzt ist. Hitz ist eine gute Nummer Zwei, als Stammtorwart eines der zehn besten europäischen Clubs (diesen Anspruch hat der BVB und das zurecht) ist der Schweizer aber schlichtweg nicht gut genug. Hitz hält den Kasten solide sauber, hält aber die Unhaltbaren nicht.
Also, was tun zwischen den Pfosten? Der Torwartmarkt ist traditionell spärlich. Mit David de Gea könnte ein Torwart von Weltklasse-Format auf den Markt kommen, dürfte aber für den BVB nicht erschwinglich sein. Thomas Strakosha hat sich bei der Borussia ins Gespräch gebracht und wäre durchaus ein spannender Kandidat. Auch der Franzose Mike Maignan schwirrt als Gerücht durch das Westfalenstadion. Peter Gulacsi soll eine Ausstiegsklausel in seinem Vertrag haben - und wäre qualitativ definitiv eine Verstärkung. Sofern der BVB bereit ist, mit Bürki und oder Hitz zu brechen und Geld für einen neuen Keeper in die Hand zu nehmen, gibt es im zweiten Regal also durchaus spannende Optionen.
Mein Favorit allerdings wäre Koen Casteels. Meiner Meinung nach gehört der Belgier seit einigen Jahren zu den besten Keepern der Bundesliga und bringt ein hervorragendes Gesamtpaket mit. An sich könnte der BVB für Casteels auch nochmal ein Schritt auf ein höheres Level sein, aktuell hat der VfL die Nase im direkten Vergleich aber vorn.
Priorität hat ein neuer Torwart aufgrund der eingeschränkten finanziellen Bewegungsfreiheit beim BVB in Summe aber nicht. Hier gilt wahrscheinlich: schauen, ob sich eine Tür öffnet.