6 überraschende Trainerentlassungen - und was sie den Vereinen gebracht haben
Von Stefan Janssen
Eintracht Braunschweig hat den Aufstieg in die 2. Bundesliga geschafft, verlängert aber nicht mit dem Aufstiegstrainer Marco Antwerpen. "Die vergangenen Wochen waren aufgrund der besonderen Umstände extrem intensiv, mit zwei Mannschaften an den Start zu gehen, war ein sehr guter Plan des Trainer-Teams. In unserer Betrachtung müssen wir aber auch den gesamten Saisonverlauf bewerten. Daher sind wir am Ende zu diesem Entschluss gekommen", erklärte der Vorsitzende des Aufsichtsrates Sebastian Ebel.
Solche Trainerentlassungen, oder in diesem Fall ausgebliebene Verlängerungen des Vertrages, die manchmal mindestens auf den ersten Blick seltsam erscheinen, gab es in der jüngeren Vergangenheit häufiger. Hier sind ein paar Beispiele dazu - und was es den Vereinen gebracht hat.
1. Markus Anfang, 1. FC Köln
Drei Spieltage vor dem Ende der Saison 2018/19 stand der 1. FC Köln souverän an der Tabellenspitze der 2. Bundesliga und kurz vor dem Wiederaufstieg in die Bundesliga - doch plötzlich wurde Trainer Markus Anfang entlassen. Trotz der guten Resultate waren die gebotenen Leistungen der Kölner auf dem Rasen nicht so überzeugend und Anfang kam im schwierigen Umfeld der Domstadt nie richtig an.
Der Effzeh wollte die Rückkehr ins Oberhaus lieber mit einem anderen Trainer angehen, der mehr Vertrauen genießt, was ja im Prinzip nichts Verwerfliches ist. Die Wahl, Achim Beierlorzer von Jahn Regensburg zu holen, stellte sich dann aber doch als falsch heraus und in Köln herrschte schnell akute Abstiegsnot. Nachdem Beierlorzer gefeuert wurde (der nun in Mainz glücklich geworden ist), kam Markus Gisdol, der mit einer zwischenzeitlich sehr starken Serie zumindest die Klasse hielt.
Markus Anfang war nach seinem Engagement in Köln ein Jahr lang vereinslos und heuert nun zur Saison 2020/21 beim SV Darmstadt an. Dort wird erneut großer Erfolgsdruck herrschen, nachdem Darmstadt Dimitrios Grammzois, der die Lilien auf einen sehr guten fünften Rang führte, lieber ziehen ließ, statt ihm einen längerfristigen Vertrag zu geben.
2. Dieter Hecking, Borussia Mönchengladbach
Nach zwei Jahren Abstinenz hatte es Dieter Hecking geschafft, Borussia Mönchengladbach 2019 endlich wieder nach Europa zu bringen und schloss die Saison auf dem fünften Tabellenplatz ab. Sportdirektor Max Eberl wollte mit Marco Rose aber einen neuen Impuls in den Verein bringen und trennte sich von Hecking.
Für die Gladbacher ein Glücksfall: Rose hat die Mannschaft noch einmal deutlich weiterentwickelt und in seiner ersten Saison sofort in die Champions League geführt.
Hecking bekam schnell ein neues Engagement beim Hamburger SV, die Mission Aufstieg scheiterte aber letztlich krachend und Hecking ist nun wieder vereinslos.
3. Thomas Tuchel, Borussia Dortmund
Thomas Tuchel lieferte punktemäßig in der Saison 2015/16 die beste in der Vereinsgeschichte von Borussia Dortmund, die 78 Zähler reichten aber nicht zur Deutschen Meisterschaft - die Bayern waren zu übermächtig. 2017 wurde der BVB unter Tuchel Dritter und holte noch den DFB-Pokal, trotzdem musste der Trainer gehen - die internen Differenzen mit Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke waren zu groß.
Die Dortmunder holten Peter Bosz aus den Niederlanden, was zu Beginn der Saison zu spektakulärem Offensivfußball führte. Die defensiven Schwächen wurden aber mit der Zeit immer eklatanter, weswegen Bosz im Dezember schon wieder gehen musste und der in Köln entlassene Peter Stöger den BVB mit wenig ansehnlichem, ausschließlich ergebnisorientiertem Fußball wenigstens in die Champions League führte. Danach kam Lucien Favre.
Tuchel indes heuerte 2018 bei Paris St. Germain an und dominiert mit seiner Elf Frankreich. In Europa blieben die Erfolge bis dato aber noch aus, in diesem Jahr muss der Ex-Mainzer auch in der Champions League liefern. Im Achtelfinale schaltete er mit PSG den BVB aus, weswegen die Pariser im August beim Abschlussturnier dabei sein werden.
4. André Breitenreiter, FC Schalke 04
Es war eine ordentliche Saison, die der FC Schalke 04 unter André Breitenreiter 2015/16 hinlegte. Der Trainer war vor der Saison erst aus Paderborn gekommen und führte die Schalker auf Rang fünf und damit in die Europa League. Großen Rückhalt hatte er im Verein aber nie und Christian Heidel, der ab Sommer 2016 der neue Sportchef werden sollte, wollte lieber einen anderen Trainer - und so musste Breitenreiter gehen.
Es folgte Markus Weinzierl aus Augsburg, Heidels Wunschtrainer. Als gelungen kann man den Trainerwechsel aber gewiss nicht bezeichnen: Unter Weinzierl verlor Schalke die ersten fünf Bundesligaspiele allesamt und wurde am Ende nur Zehnter, das glückliche Erreichen des Viertelfinals in der Europa League konnte darüber kaum hinwegtrösten. 2017 wurde Weinzierl entlassen und es kam Domenico Tedesco.
Breitenreiter heuerte Anfang 2017 für knapp zwei Jahre bei Hannover 96 an, seit Januar 2019 ist er ohne Verein.
5. Tim Walter, VfB Stuttgart
Eigentlich war Thomas Hitzlsperger beim VfB Stuttgart als Sport-Vorstand angetreten, um endlich für Ruhe und Kontinuität zu sorgen. Nach Markus Weinzierl und Nico Willig (Interimstrainer) musste mit Tim Walter im Dezember 2019 aber schon der dritte Trainer unter seiner Verantwortung gehen. Und das, obwohl der VfB nach 18 Spieltagen Platz drei belegte und alle Chancen auf den direkten Wiederaufstieg hatte. Eben dieses sahen Hitzlsperger und Sportdirektor Sven Mislintat unter Walter aber gefährdet.
Und so kam Pellegrino Matarazzo, der den VfB letztendlich auf Platz zwei und zurück in die Bundesliga führte - auch wenn sein Punkteschnitt schlechter war als der von Tim Walter. Endgültig lässt sich dieser Wechsel wohl erst in Zukunft bewerten.
Tim Walter hat seit Dezember noch keine neue Anstellung gefunden.
6. Jens Keller, Union Berlin
Jens Kellers Entlassung 2014 beim FC Schalke warf bereits Fragen auf, doch die Beurlaubung in Berlin gut drei Jahre später war noch skurriler. Keller war am 1. Juli 2016 bei Union angetreten, um die Eisernen langfristig erstmals in die Bundesliga zu führen. In der ersten Saison scheiterte er noch knapp als vierter, in der Hinrunde der Spielzeit 2017/18 lag Union nach 16 Spieltagen ebenfalls auf dem vierten Platz - und aus heiterem Himmel musste Keller gehen. Keller erklärte damals bei ran.de, er sei "geschockt" gewesen, sein Berater Thomas Eichin erzählte Sport1, er habe das zunächst für einen Witz gehalten. Doch das war er nicht, Union war der Meinung, der Trainer könne die Mannschaft nicht in die erste Liga führen.
Nachfolger André Hofschneider machte es aber nicht besser, im Gegenteil: Union wurde am Ende nur Achter. Im Sommer 2018 kam dann Urs Fischer, der Rest ist Geschichte.
Jens Keller hatte seither noch zwei unglückliche Stationen beim FC Ingolstadt und kürzlich beim 1. FC Nürnberg.