Tückisches Programm: Der FC Bayern steht vor den Wochen der Wahrheit
Von Florian Bajus

Nach zwei Niederlagen im November 2019 stürmte der FC Bayern zum Triple. Diesen Erfolg kann der Rekordmeister in dieser Saison nicht mehr wiederholen, aber Hansi Flick und die Seinen stehen gewissermaßen vor den Wochen der Wahrheit. Bis zum Champions-League-Achtelfinale kommt es darauf an, wieder in die Spur zu finden.
Er hatte den Einbruch des FC Bayern, seiner Mannschaft, früher erwartet, verriet Hansi Flick auf der Pressekonferenz vor dem Bundesligaspiel gegen den SC Freiburg (Sonntag, 15:30 Uhr). Dann aber habe sich die Mannschaft "mit einer wahnsinnigen Mentalität" ins Jahr 2021 gerettet, das nach dem Sieg über Mainz 05 (5:2) zwei böse Überraschungen bereithielt: Bei Borussia Mönchengladbach verloren die Bayern trotz einer 2:0-Führung, am Mittwoch folgte das Aus im DFB-Pokal gegen Holstein Kiel.
"Aktuell stottert es etwas", sagte Flick, der über fehlende "mentale Frische" klagte. "Da kommt Punkt für Punkt dazu, dass es zu solch einer Situation kommt", weiß der 55-Jährige, der die sofortige Wende fordert: "Eine Spitzenmannschaft zeichnet aus, dass man, wenn es mal nicht so gut läuft, schnell wieder in die Spur kommt. Damit wollen wir schleunigst anfangen" (via Vereinswebsite).
Tückisches Programm für den FC Bayern: Der Schein trügt
Über die Probleme des Triple-Siegers ist in den vergangenen Tagen und Wochen genügend geschrieben worden. Doch Flick bleibt seiner Linie treu, sagt, man könne "auch tiefer stehen und trotzdem Fehler machen". Essenzieller seien Eigenschaften wie Laufbereitschaft, Kompaktheit und Aggressivität: "Es hat damit zu tun, ob man den Laufweg des Gegenspielers mit aufnimmt. Wenn man die Wege nicht mitmacht, passiert das. [...] Entscheidend wird sein, dass wir mehr Druck auf den Ball bekommen. [...] Jetzt geht es darum, dass jeder, der auf dem Platz steht, zu 100 Prozent seine Leistung und die Bereitschaft zeigt, wieder in die Spur zu kommen."
Auf dem ersten Blick ist bis zum Achtelfinal-Hinspiel in der Champions League gegen Lazio Rom ein lockeres Aufbauprogramm zu erwarten, doch der Schein trügt: Freiburg hat sich dank guter Resultate auf den achten Tabellenplatz hochgearbeitet und präsentiert sich auch im Januar 2021 diszipliniert, kompakt, aggressiv und mutig am Ball, der FC Augsburg traut sich derweil unter Heiko Herrlich stärker zu, nach vorne zu spielen. Abgerundet wird die Englische Woche mit dem Auswärtsspiel auf Schalke - und mit neuem Mut könnte auch Königsblau den FC Bayern vor Probleme stellen.
Die weiteren Gegner lauten 1899 Hoffenheim, Hertha BSC, Arminia Bielefeld und Eintracht Frankfurt. Überwiegend warten also Mannschaften aus der unteren Tabellenhälfte auf die Münchner, doch mitunter ging es gegen diese ganz schön eng zu: Gegen Hertha rettete Robert Lewandowski die Mannschaft mit einem Viererpack über die Ziellinie, der 1. FC Köln wurde nur knapp geschlagen, Werder Bremen entführte einen Punkt aus der Allianz Arena, Mainz verpasste vor der Aufholjagd der Bayern nur knapp das 3:0 und die 1:4-Niederlage in Sinsheim ist noch immer nicht vergessen.
Die Leistung ist aktuell wichtiger als das Resultat
Die von Flick vorgegebene Marschroute ist richtig: Es gilt, wieder in die Erfolgsspur zu gelangen. Das geht einerseits durch Ergebnisse, andererseits durch gute Leistungen. Gelingt es der Defensive wieder stabiler zu stehen, dem Mittelfeld wieder mehr Kreativität zu versprühen und dem Angriff, bessere Torchancen zu erspielen und diese auch zu nutzen, kehren Selbstvertrauen und Sicherheit automatisch zurück. Dabei behilflich wäre sicherlich auch wieder ein zu-Null-Spiel - darauf wartet Manuel Neuer seit dem fünften Spieltag.
Grundsätzlich aber steht die Leistung über den Ergebnissen, denn auch in schwächeren Phasen geht der FC Bayern in der Bundesliga selten als Verlierer vom Platz. Unter Flick hat der Rekordmeister von 39 Spielen nur 4 verloren und 31 gewonnen. Doch viele der bisherigen Saisonspiele waren für den neutralen Beobachter spannend, weil die Gegner Räume erkannt und den Mut aufgebracht haben, diese zu bespielen. Den Münchnern wäre es aber lieber, das Spiel von der ersten bis zur letzten Sekunde zu dominieren - wie über weite Strecken im Jahr 2020. Bis dahin ist es allerdings noch ein weiter Weg.