Transfers von Man United in der Analyse - mal wieder ein verschenkter Sommer
Von Jan Kupitz

Seit Jahren kämpft Manchester United darum, den Anschluss an die nationale Spitze wieder herzustellen. In diesem Sommer sollte der nächste Schritt getan werden, um zu Liverpool und Man City aufzuschließen - große Namen wie Sancho, Dembélé, Bale und Upamecano wurden gehandelt. Doch das Transferfenster der Red Devils hielt bei weitem nicht das, was man sich noch im Juni oder Juli versprochen hatte. 90min checkt die Aktivitäten des englischen Rekordmeisters:
Die Neuzugänge von Man United
Fünf Neue (plus Leihrückkehrer Dean Henderson) hat United in diesem Sommer geholt - vier davon am Deadline Day. Das allein sagt bereits vieles aus.
1. Donny van de Beek
Ablöse: 39 Millionen Euro
Vertrag: bis 2025
Der Niederländer ist zweifelsfrei der nominelle Königstransfer der Red Devils - und der einzige Neuzugang, der frühzeitig eingetütet wurde. Bislang erhält van de Beek allerdings noch nicht das Vertrauen von Solskjaer: Nach drei Spieltagen in der Premier League stehen erst 45 Einsatzminuten zu Buche.
Dass van de Beek über herausragende Fähigkeiten verfügt, hat er bei Ajax - auch in der Champions League - eindrucksvoll und konstant bewiesen. Auch über die Ablöse kann man definitiv nicht meckern. Aber: Das zentrale Mittelfeld ist mit Pogba, Fernandes, McTominay, Fred und Matic eigentlich so gut besetzt, dass es schon verwundert, dass United ausgerechnet auf dieser Position das meiste Geld ausgegeben hat.
2. Edinson Cavani
Ablöse: ablösefrei
Vertrag: bis 2021 (plus Option)
Cavani steht in seiner Karriere vor allem für eins: Tore, Tore, Tore! Und genau diese verspricht sich United natürlich auch vom Uruguayer, dessen Vertrag bei Paris SG nicht verlängert worden war.
Doch auch bei Cavani gibt es ein großes Aber: Der 33-Jährige befindet sich im Herbst seiner Karriere, hat zudem seit sieben (!) Monaten kein Pflichtspiel mehr bestritten. Daher wird es wohl einige Wochen dauern, bis der Angreifer eine echte Option für die Red Devils wird. Seine Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor wird United aber definitiv weiterbringen, zudem macht man bei einem Einjahresvertrag erstmal nicht ganz so viel falsch.
3. Alex Telles
Ablöse: 15 Millionen Euro
Vertrag: bis 2024
Am Deadline Day konnte United auch noch die Verpflichtung von Alex Telles festzurren - Gott sei Dank, mag man hinterherrufen. Denn auf keiner anderen Position bestand so dringender Bedarf wie hinten links, wo Luke Shaw seit Wochen unterirdisch unterwegs ist und schlichtweg ein Sicherheitsrisiko war.
15 Millionen Euro sind eine angemessene Summe für Telles, der die Qualität in der Verteidigung direkt anheben wird. Hier hat United gut verhandelt und sich nicht von Porto unter Druck setzen lassen. Der Linksverteidiger ist ein klarer Gewinn für die Mannen von Solskjaer.
4. Facundo Pellistri
Ablöse: 8,5 Millionen Euro
Vertrag: bis 2025
Die Verpflichtung von Pellistri ging im Deadline Day etwas unter. Der 18-jährige Rechtsaußen kam von Penarol zu den Red Devils und wird wohl einige Zeit brauchen, um sich auf der Insel einzuleben und an den englischen Fußball zu gewöhnen. Mit Cavani hat er immerhin einen Landsmann, der ihm bei der Integration helfen kann.
Pellistri ist in Europa ein nahezu unbeschriebenes Blatt, weshalb man über seine Qualitäten noch nicht allzu viel sagen kann. Die Ablösesumme von 8,5 Millionen Euro ist heutzutage (leider) Standard für einen halbwegs talentierten Burschen - mal schauen, wie er sich bei den Red Devils entwickeln kann. Wunderdinge sollte man aber erstmal wohl nicht erwarten.
5. Amad Diallo
Ablöse: 25 Millionen Euro (kann auf 40 Millionen steigen)
Vertrag: unbekannt
Amad Diallo wird erst in der Winterpause nach Manchester wechseln - bis dahin bleibt der 18-Jährige Atalanta Bergamo noch erhalten. Diallo gilt als Toptalent, wurde von Atalanta-Kapitän Papu Gomez bereits mit Lionel Messi verglichen.
Auf den ersten Blick kostet Diallo viiiiiiel zu viel Geld für einen Spieler, der in seiner Karriere gerade mal drei Profispiele absolviert hat. Doch Atalanta ist dafür bekannt, großartige Spieler zu entwickeln - Diallo gilt jedenfalls als Megatalent. Hier könnte United einen echten Glücksgriff getan haben, die hohe Ablösesumme birgt natürlich aber auch ein gewisses Risiko.
Ausgaben insgesamt: 87,5 Millionen Euro
Marktwert der Neuzugänge: 105,8 Millionen Euro (via transfermarkt.de)
Die Abgänge bei Man United
United hat im Sommer keinen Stammspieler verloren. Alexis Sanchez und Chris Smalling waren bereits in der letzten Saison in die Serie A verliehen gewesen und bleiben nun dort. Vor allem der Chilene war letztlich ein (sündhaft teures) Missverständnis, dessen Kapitel die Red Devils nun beendet haben. Ansonsten wurden noch drei junge Spieler auf Leihbasis abgegeben.
- Chris Smalling - AS Rom - 15 Millionen Euro
- Alexis Sanchez - Inter Mailand - ablösefrei
- Tahith Chong - Werder Bremen - Leihe
- Andreas Pereira - Lazio - Leihe
- Diogo Dalot - AC Milan - Leihe
Einnahmen insgesamt: 15 Millionen Euro
Marktwert der Abgänge: 70,3 Millionen Euro (via transfermarkt.de)
Fazit zu Uniteds Transfersommer
Die Transferaktivitäten der Red Devils standen eigentlich einzig und allein im Zeichen von Jadon Sancho! Der BVB-Star sollte unbedingt verpflichtet werden, jedoch nahmen die United-Verantwortlichen die Deadline der Dortmunder nicht ernst und glaubten, das sei reine Verhandlungstaktik. Als sich gegen Ende der Transferperiode dann schließlich rausstellte, dass man keine Chance bei Sancho hat, wurde schnell Ousmane Dembélé ins Visier genommen - doch auch beim Franzosen biss man sich die Zähne aus. Ein schlechtes Bild, das Woodward und Co. da abgaben und das zeigt, wie wirr die Kaderplanung eigentlich war.
In der Innenverteidigung, die mit Lindelöf und Maguire eher schlecht als recht ist, wurde gar nicht nachgebessert, stattdessen wurde der Königstransfer für das zentrale Mittelfeld verpflichtet - eine Position, die eigentlich ausreichend besetzt ist. Cavani wird mit Sicherheit seine Tore schießen und ein guter Lehrmeister für Rashford und Martial sein - ein Kracher ist aber auch er nicht.
Die beiden Youngster Pellistri und Diallo könnten - bei entsprechender Entwicklung - in Zukunft für Furore sorgen. Gerade bei Diallo ging man mit der sehr hohen Ablöse aber auch ein gewisses Risiko, das erst noch belohnt werden muss.
Insgesamt hat man sich im Frühsommer deutlich mehr von dieser Periode erhofft. Man hat viel Geld ausgegeben, aber eigentlich nur die Linksverteidiger-Position wesentlich verstärkt - und das war auch das absolute Minimum, das man erwarten durfte. Die Sancho-Saga, bei der die United-Bosse schlichtweg Scheuklappen vor den Augen hatten, hat ihren Anteil zu einem (wieder mal) verlorenen Transferfenster beigetragen.