Tränen nach Sieg gegen Liverpool - Die Auferstehung des Ralph Hassenhüttl

Nach dem Abpfiff kniete sich Ralph Hasenhüttl hin. Die Hände vor das Gesicht geschlagen. Sein FC Southampton hatte soeben den klar favorisierten FC Liverpool mit 1:0 besiegt. Und doch hat diese Szene so viel mehr Symbolcharakter als nur den Sieg über einen sportlichen Konkurrenten.
Kurzer Rückblick: Am 29. Dezember erhält Ralph Hasenhüttl die Hiobsbotschaft. Eine Person aus seinem Haushalt ist an Covid-19 erkrankt. Der Trainer muss in Quarantäne. Folglich kann er nicht beim Jahresabschluss seines FC Southampton gegen West Ham United am Spielfeldrand stehen. Als Lösung wird er aus seinem Wohnzimmer per Funk zu seinen Assistenten ins Ohr geschaltet. Ungewöhnliche Mittel in ungewöhnlichen Zeiten. Das Spiel endete 0:0. An sich immerhin keine Niederlage, aber wirklich helfen tut es den Saints auch nicht.
Nichtmal eine Woche später ist der FC Liverpool zu Gast. Auch wenn der amtierende Meister sich aktuell in einer kleinen Ergebnis-Krise befindet, rechnet sich kaum jemand Chancen für die Heimmannschaft aus. Doch es kommt alles anders. in der zweiten Spielminute fällt das 1:0 durch Danny Ings. Anschließend verteidigt Hasenhüttls Mannschaft mit Leidenschaft, Hingabe und bis zum Umfallen. Es sollte das einzige Tor des Abends bleiben.
Und Hasenhüttl? Der hüpft an der Seitenlinie auf und ab. Schreit, gibt Kommandos, leidet mit, als wenn er selbst auf dem Platz stehen würde. Der Kopf ist hochrot und man fürchtet, dass Hasenhüttl vor lauter Einsatz zusammenbricht. Aber das passiert erst nach dem Abpfiff. Im Bruchteil einer Sekunde entlädt sich alles. Die Tränen fließen. Normalerweise würde es in so einem Spiel in der Saisonmitte merkwürdig anmuten, dass jemand in Tränen ausbricht und weint. Normalerweise ist das den großen Momenten vorbehalten. Denen, in denen Trophäen hochgehalten werden oder Abstiege verhindert oder bestätigt werden.
Aber bei Ralph Hasenhüttl ist es anders. Und es ist auch vollkommen verständlich. Es ist der erste Sieg gegen Jürgen Klopp im fünften Anlauf. Die Mannschaft ist ersatzgeschwächt und ein Großteil der Spieler stammt aus der eigenen Jugend. Der Trainer gab ihnen die Richtung vor und sie machten einen unvergesslichen Abend draus. Ralph Hasenhüttl hat es geschafft. Er hat die persönliche Krise gemeistert. Für den Vollzeit-Coach war es so schwer, nicht bei seinem Team sein zu können. Und jetzt der Sieg gegen den Meister. Ein phantastischer Abend für Hasenhüttl, der gezeigt hat, dass es auch nach schweren Rückschlägen wieder aufwärts gehen kann.