Torloses Auftaktspiel vor Rekordkulisse: So verlief der Start der neuen Frauen-Bundesliga-Saison
Von Alina Ruprecht
Seit dem denkwürdigen Finale der EM im Juli wurde gemunkelt, welchen Effekt das Turnier für den deutschen Frauenfußball nach sich ziehen würde. Seit Freitagabend herrscht Gewissheit: the hype is real. Im Deutsche Bank Park empfing Eintracht Frankfurt den FC Bayern zum Eröffnungsspiel der neuen Frauen-Bundesliga Saison. Das spannende, jedoch ernüchternde Spiel wurde vor einer nie da gewesenen Rekordkulisse ausgetragen.
Die Ausgangslage
"Wir haben vor all unseren Gegnern Respekt und ich denke, das wird ein interessantes Spiel", sagte Alexander Straus, der neue Trainer des FC Bayern, im Vorfeld des Saisonauftakts. "Es ist gut für eine erste Standortbestimmung, gleich zu Beginn gegen so eine eingespielte Mannschaft zu spielen. Es wird ein schwieriges Spiel, aber das wird es für Frankfurt auch."
Der Cheftrainer der Gastgeberinnen äußerte ähnliche Gedanken: "Die Münchnerinnen kommen mit neuem Trainer und neuem Spielsystem, sind hochmotiviert. In der vergangenen Saison haben wir aber gezeigt, dass wir den Bayern Paroli bieten können (…)."
Beide Trainer sollten am Ende in vielerlei Hinsicht Recht behalten. Alexander Straus vertraute im neuen 3-4-3 System direkt der neuverpflichteten Europameisterin Georgia Stanway. Ein weiterer neuer, aber dennoch bekannter Name in der Startelf des FC Bayern war der von Torhüterin Mala Grohs. Sie hatte zuletzt Spielpraxis bei der zweiten Mannschaft der Münchnerinnen gesammelt, bevor Straus sie während der Saison-Vorbereitung überraschend Janina Leitzig vorzog.
Der Trainer der Eintracht vom Main hielt beim gewohnten 4-3-3 an seinen Stammkräften fest. Im Tor stand dabei Stina Johannes, die bis dato aufgrund von Rückenbeschwerden noch nicht für ihren neuen Verein in Aktion treten konnte. Nationalspielerin Laura Freigang agierte auf der Position der 10 direkt hinter Frankfurts explosiver Sturmspitze, die von Lara Prašnikar gebildet wurde.
Spielverlauf
Im Rahmen des feierlichen Eröffnungsspiels wurde Top-Stürmerin Lea Schüller als Deutschlands Fußballerin des Jahres 2022 ausgezeichnet. Sie hatte in der vergangen Spielzeit für den FC Bayern in 21 Liga-Partien stolze 16 Tore erzielt. In alter Manier schien sie direkt an den vergangen Erfolg anknüpfen zu wollen. Nach einem Durchsteckpass in der zweiten Spielminute tauchte die Torjägerin plötzlich alleine vor Stina Johannes auf. Kurze Zeit später zappelte das Spielgerät bereits im Netz, jedoch hatte Schüller bei der Ballannahme im Abseits gestanden.
Für Eintracht Frankfurt war der aberkannte Treffer jedoch ein früher Weckruf und die ersten Minuten der Partie gestalteten sich dynamisch. Nach einem wilden Hin und Her sah Bayerns Georgia Stanway nach einem Foul bereits in der siebten Minute gelb. Mehrere Eckstöße der Gastgeberinnen verteidigten die Münchnerinnen im Anschluss resolut, wobei Mala Grohs den Strafraum von Anfang an selbstbewusst dominierte.
Es folgte eine längere Ballbesitzphase der Bayern, denen der Durchstoß vor das gegnerische Tor jedoch nicht gelingen wollte. Torhüterin Grohs wurde hinten gut in den Spielaufbau integriert. Die Adlerträgerinnen machten viele Meter gut, liefen die Bayern früh an und suchten besonders im Mittelfeld die direkten Zweikämpfe. Mehrfach eroberten sie sich so den Ball und störten die Dynamik der Gegnerinnen. Die erste Torchance für den FC Bayern hatte in der 22. Minute Lina Magull, die jedoch zu zögerlich agierte und den Schuss schlussendlich verzettelte. Auch nach mehreren Standardsituationen gelang den Meisterinnen von 2021 kein Treffer.
Frankfurt fand im Verlauf der ersten Halbzeit immer besser ins Spiel, agierte aggressiv und robust, besonders in den Zweikämpfen im Mittelfeld. Hierhin verlagerte sich das Spiel schließlich, wobei beiden Seiten Vorstöße in die Strafräume gelangen. In der 26. Spielminute rettete Saki Kumagai vor Mala Grohs, kurze Zeit später schoss Sjoeke Nüsken den Rebound nach einem Freistoß von Barbara Dunst nur knapp am Tor der Bayern vorbei.
In der 37. Minute der Partie hielt der Deutsche Bank Park kurz den Atem an. Nach einem heftigen Zusammenprall blieb Torjägerin Laura Freigang auf dem Rasen liegen und hielt sich die Schulter. Unter donnerndem Applaus ging es jedoch für sie weiter. Auch zwei weitere, gefährliche Ecken konnte die Eintracht nicht verwandeln und so ging es nach einer umkämpften ersten Halbzeit in die Pause
Für die letzten 45 Minuten hielten beide Trainer an ihren Spielideen fest. Für die gelb-belastete Georgia Stanway kam zu Beginn der zweiten Hälfte Sydney Lohmann, wohl auch, um die körperliche Partie mit 11 Spielerinnen beenden zu können. Beide Teams kamen dynamisch aus der Kabine und drängten nach dem Führungstor. Auf der Seite der Münchnerinnen glänzte dabei nicht nur Torhüterin Grohs, sondern auch Rechtverteidigerin Tainara, die sich aufopferungsvoll in die Laufwege der Gegnerinnen warf und dabei genau im richtigen Augenblick zur Stelle war.
Die erste Torchance der zweiten Hälfte hatte Lina Magull in der 47. Minute im direkten Duell mit Torfrau Stina Johannes, die jedoch stark parierte. War sie vor dem Spiel noch als personelles Fragezeichen gehandelt worden, so hinterließ sie dank solider Leistung einen bleibenden Eindruck. Insgesamt wirkte die Eintracht in der Tat eingespielter, spielte genauere Pässe, wobei besonders Prašnikar und Geraldine Reuteler für Schreckmomente in der bayerischen Abwehrkette sorgten.
Erneute Anspannung legte sich über das Stadion, als sich Eintracht-Kapitänin Tanja Pawollek bei der Abwehraktion in der 48. Minute scheinbar das Knie verdrehte. Erinnerungen an ihren Kreuzbandriss im DFB-Pokalfinale 2021 wurden wach und nicht nur die ZuschauerInnen rechneten mit dem Schlimmsten. Umso größer war der Jubel und die Freude, als Pawollek aufstand und ohne Probleme weiterspielen konnte.
Beide Mannschaften erreichten schließlich ihre Drangphasen, wobei sich die Münchnerinnen zunächst mehr Torchancen erarbeiteten. Lohmann und Caro Simon verfehlten jedoch das Tor jeweils knapp und die Frustration bei den Gästen wuchs stetig. Die Adlerträgerinnen dagegen wirkten zusehends selbstbewusster und forscher, was auch an der lautstarken Unterstützung von den Rängen liegen mochte. In der 66. Minute vergab Prašnikar eine Doppelchance und auch Freigang scheiterte kurz danach an Bayerns Torfrau Grohs.
Alexander Straus reagierte auf die fehlende Durchschlagskraft und Effizienz seiner Mannschaft mit gleich drei Wechseln. Für die verbleibenden 20 Minuten kamen Linda Dallmann (für Klara Bühl), Jovanna Damnjanovic (für Lea Schüller), sowie Maxi Rall (für Giulia Gwinn) auf‘s Feld. Auch Niko Arnautis wollte für mehr Offensiv-Aktionen sorgen, indem er Laura Freigang mit Nicole Anyomi ersetzte. Der Wechsel für Frankfurt zahlte sich nur bedingt aus. Zwar dominierte die Mannschaft die Schlussphase und tauchte immer öfter vor Grohs‘ Kasten auf. Jedoch fiel immernoch kein Tor. Auch das Publikum wurde zunehmend nervös und begleitete jede Aktion auf dem Feld mit frenetischen Rufen.
Mala Grohs avancierte schließlich in der 76. Minute zur Spielerin des Spiels auf Seite der Münchnerinnen, als sie mit einer Glanzparade das fast sichere 1:0 durch Reuteler verhinderte. Ein letzter Wechsel von Frankfurt brachte mit Shekira Martinez (für Prašnikar) noch mehr Offensiv-Power, die den Gästen aus München zunehmend die Kraft raubte. Hatten die Bayern die Begegnung vom Anfang ab dominiert, so übernahmen die Adlerträgerinnen in der zweiten Hälfte die Kontrolle. Am Ende konnte sich jedoch keine der beiden Mannschaften für ihre Leistung mit einem Sieg belohnen.
Rekordkulisse
Schon während der zweiten Spielhälfte hatte der FC Bayern auf Twitter das verkündet, was längst klar war: der Saisonauftakt 2022/23 fand vor einer neuen Rekordkulisse statt. Die bis dato höchste Publikumszahl eines Frauen-Bundesligaspiels wurde im Jahr 2014 verzeichnet, als der VfL Wolfsburg mit 2:1 den 1. FFC Frankfurt besiegte. Im Deutsche Bank Park bejubelten acht Jahre später 23.200 begeisterte ZuschauerInnen die Mannschaften.
Der neue Rekord erscheint wie ein längst überfälliger Meilenstein. Besonders den Spielerinnen war die Freude über den großen Andrang anzumerken, noch bevor sie ihren Dank auf Social Media zum Ausdruck brachten. Die EM hat deutliche Spuren im deutschen Frauenfußball hinterlassen. Weitere Top-Spiele, wie TSG Hoffenheim gegen den VfL Wolfsburg (24. September) und VfL Wolfsburg gegen den FC Bayern München (22./23.10.), werden in den nächsten Wochen in den großen Vereinsstadien ausgetragen. Möglicherweise bahnt sich hier bereits der nächste Rekord an.
Für die Adlerträgerinnen geht es in einer Woche auswärts gegen den SC Freiburg (25.09.) weiter. Der FC Bayern muss vor dem nächsten Liga-Spiel gegen Werder Bremen (25.09.) in der Qualifikation für die Gruppenphase der Champions League ran. Am 20.09. steht ein forderndes Auswärtsspiel gegen Real Sociedad auf dem Programm.
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