Topspiel ohne Topniveau: 5 Erkenntnisse zum 5. Spieltag der Frauen-Bundesliga
Am fünften Spieltag der Frauen-Bundesliga waren alle Augen auf das Topspiel zwischen dem VfL Wolfsburg und dem FC Bayern gerichtet. Aber auch andere Entwicklungen zeichnen sich nach knapp einem Viertel der Saison ab. 90min hat fünf Beobachtungen gemacht, die eine nähere Betrachtung verdienen.
1. Wolfsburger Abgezocktheit - Bayern weiß erst später, was sie wollen
Es war kein 6:0 und auch nicht die von einigen erwartete Lehrstunde. Aber bei Wolfsburgs 2:1-Triumph im Topspiel gegen Bayern wurde erneut ein Unterschied sichtbar, was Abgezocktheit und Präsenz anging. Besonders in der ersten Hälfte war Bayern der Respekt vor dem Gegner sehr anzusehen. Der in mehreren Interviews betonte Underdog-Status schien sich auch auf die eigene Haltung auszuwirken.
Bereits vor dem 1:0 hätte Wolfsburg durch Popp oder Pajor in Führung gehen können, der Münchner Lichtblick in dieser Phase hieß Linda Dallmann. Aber kollektiv lief bei Bayern fast nichts nach vorne - so kann der von Alexander Straus gewünschte dominante Offensivfußball nicht aussehen. Das ist umso verwunderlicher, als dass Wolfsburg eigentlich ein Team ist, das zwar gerne den Ball hat, aber ebenso gerne den Gegner mit schnellen Gegenstößen überrumpelt. Die Führung des VfL war von daher konsequent und verdient, und das obwohl das Team von Tommy Stroot nicht seine beste Leistung abrief.
Bayern hatte sich für die zweite Halbzeit offenbar einiges vorgenommen und kam deutlich mehr nach vorne. Zum ersten Mal im Spiel testeten die Münchnerinnen wirklich, was passieren könnte, wenn sie Wolfsburg konstant unter Druck setzen würden. Aber mit Huths 2:0 mitten in diese Drangphase hinein rückte ein Bayern-Sieg in weite Ferne. Dass sie nach Klara Bühls Anschlusstreffer trotz guter Chancen nicht auch noch den Ausgleich erzielten, kann man Pech nennen. Es passte aber auch in das Bild eines Nachmittags, bei dem Wolfsburg nicht hervorragend war, aber das Spiel kontrolliert - und die Bayern zu spät zu ihrem Spiel fanden.
2. Topspiel, aber leider nicht auf Topniveau
Die 21.287 Zuschauer in der Volkswagen-Arena sahen ein in der zweiten Hälfte spannendes Spiel. Von der Qualität des Duells hatte man sich allerdings etwas mehr erwarten können: Zu oft trudelte der Ball ins Aus, zu selten gelang die Ballmitnahme perfekt. Bei solch einem großen Spiel, vor einer Rekordkulisse für Wolfsburg, ist Nervosität verständlich. Dennoch war es für den neutralen Zuschauer und die Fans schade, dass die meisten Spielerinnen am Sonntagnachmittag nicht ihre Topleistung abrufen konnten. Sinnbildlich dafür steht das 1:0 von Pajor, die zuvor gute Möglichkeiten vergeben hatte, den Treffer in der 41. Minute, als sie von Zadrazil angeschossen wurde, aber vermutlich nicht so geplant hatte. Es war ein ordentlicher Auftritt von Wolfsburg, aber keiner, bei dem sie den Eindruck erweckten, unschlagbar zu sein. Bayern hätte mindestens einen Punkt mitnehmen können, war in der ersten Halbzeit aber noch ungenauer nach vorne.
3. Turbine Potsdam: Ab jetzt jedes Spiel ein Endspiel
Turbine Potsdam hatten viele vor der Saison bereits als Abstiegskandidaten auf dem Zettel, dass es nur um einen Mittelfeldplatz gehen würde, war klar. Trotzdem wirkte das Startprogramm machbar, die Hoffnung vieler Fans war es, sich bei den ersten Spielen ein bequemes Polster gegen den Abstieg zu verschaffen. Nach fünf Spielen steht Turbine stattdessen auf einem unangenehmen Abstiegsplatz, das Zwischenfazit fällt verheerend aus. Bei den bisherigen Spielen traf Potsdam auf drei Konkurrenten im Kampf um den Klassenerhalt und holte nur einen Punkt - ein Unentschieden zum Auftakt gegen Werder Bremen. Beide Aufsteiger konnten Turbine besiegen und mussten dabei, das ist vielleicht noch erschreckender, kein Gegentor hinnehmen.
Selbst gegen die Gegner dieses Kalibers geriet die Defensive ins Wanken - der Spielplan spielt Potsdam, das eigentlich noch viel Zeit und auch weitere Verstärkungen bräuchte, nicht gerade in die Hände. Das Worst-Case-Szenario mit vielen Verletzungen und wenigen Punkten ist eingetreten, ab jetzt ist jede Begegnung schon ein kleines Endspiel für die Brandenburgerinnen. Mit Spielen gegen Freiburg und Essen haben sie zunächst noch eine reelle Chance auf Punkte, das Ende der Hinrunde wird mit Gegnern wie Frankfurt und Bayern nochmal hart. Auf einer Fahne des Fanclubs ist ein Phönix zu sehen, der aus den Flammen steigt - dass es brennt, ist unbestreitbar. Diese Phönix-Qualität muss Potsdam nun zeigen, und zwar schnell.
4. SGS Essen: Mit der Offensive ist nicht gut Kirschen Essen, aber Defensivprobleme bringen sie um die Früchte des Erfolgs
Viel Licht und viel Schatten bei der SGS Essen nach etwa einem Viertel der Saison. Im Ruhrpott hatte man sich offensiv vor der Saison gut verstärkt und zum Beispiel Ramona Maier von Ingolstadt geholt, die bei der jüngsten 2:3-Pleite gegen Hoffenheim eine gute Leistung zeigte. Mit mehr Toren schnell den Klassenerhalt sichern, so vielleicht das Kalkül, denn Essen hätte letzte Saison mehr aus ihren Chancen machen können, oder auch müssen. Die Transfers haben sich zumindest ausgezahlt, Essen zeigt nach vorne einige gefällige Kombinationen und spielt effektiv.
Von allen Abstiegskandidaten haben sie bisher die besten Chancen kreiert, und das obwohl die Gegner es mit Wolfsburg, Frankfurt und Hoffenheim in sich hatten. Aber die Defensive sorgt für Stirnrunzeln bei Trainer Markus Högner, denn dort findet sich Essen in der umgekehrten Situation wieder. Erneut brachten Unkonzentriertheiten, mangelhaftes Deckungsverhalten und individuelle Fehler Essen um die Früchte ihrer Arbeit. In der Winterpause könnte die ein oder andere Defensivverstärkung anvisiert werden.
5. TSG Hoffenheim: So wird das nichts mit der Champions League
Nach zwei Niederlagen zum Auftakt hat die TSG Hoffenheim wieder in die Erfolgsspur zurückgefunden. Der 3:2-Sieg bei der SGS Essen bedeutete den dritten Dreier in Serie und den Sprung auf Platz fünf. Der Rückstand auf den dritten Champions-League-Platz beträgt aktuell nur einen Punkt.
Trotzdem muss sich die TSG gewaltig steigern, wenn es mit dem Saisonziel Königsklasse klappen soll. Während die Konkurrenz aus Wolfsburg, München und Frankfurt relativ souverän durch die Liga marschiert, tun sich die Kraichgauer selbst gegen klare Abstiegskandidaten schwer. Bei den beiden Last-Minute-Erfolgen gegen Essen und Freiburg war das Team von Gabor Gallai auf eine gehörige Portion Glück angewiesen, auch das 2:0 beim SV Meppen riss niemanden vom Hocker.
Auch wenn die TSG bei der knappen 1:2-Pleite gegen den VfL Wolfsburg lange Paroli bot, ist der Qualitätsunterschied zu den drei Spitzenteams zu groß. Gegenwärtig muss sich Hoffenheim eher Sorgen darum machen, am Saisonende nicht hinter den aufstrebenden Freiburgern und Kölnern zu stehen.
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