Thomas Müller über die Gier nach Erfolg: "Dieses Metallstück ist einem völlig egal"
Von Simon Zimmermann
Thomas Müller ist alles andere als ein Fußballprofi von der Stange. Beim FC Bayern ist er Eigengewächs, Identifikationsfigur und "Radio Müller", der die Kollegen auf dem Platz führt. Im großen kicker-Interview hat der 31-Jährige über Erfolgshunger, Mentalität, die Stärke des Rekordmeisters und seine Zukunft gesprochen.
Thomas Müller ist süchtig nach Erfolg. Mit dieser Einstellung geht er beim FC Bayern voran. Unter Trainer Hansi Flick ist das FCB-Eigengewächs wieder der Fixpunkt der Bayern-Offensive und vielleicht in der Form seines Lebens.
Gelernt und entwickelt habe er sich über die vielen Jahre auf allerhöchstem Niveau. Spieler wie van Bommel, Robben, Ribery, Lahm und Schweinsteiger haben ihm gezeigt, wie man immer wieder diese Gier auf Erfolge auf den Platz bringt - erklärt Müller in einem Interview mit dem kicker.
"Darin besteht mein Antrieb: Man will das Gefühl haben, dass man zu den Besten gehört und besser ist als alle, die an diesem Wettbewerb teilgenommen haben. Es geht einem nicht um diese Schale, um diesen Pokal. Dieses Metallstück ist einem völlig egal. Denn kaum ist es gewonnen, geht es schon wieder darum, wer es im kommenden Jahr gewinnt." Eine Aussage, die 'Titelsammler' Thomas Müller perfekt beschreibt. Immer weiter - ganz nach dem Kahn'schen Motto, lautet die Devise des Weltmeisters von 2014.
Nur Gewinnertypen beim FC Bayern? "Das ist viel zu plump"
Doch allein auf Mentalität will er seine Stärke und die der Bayern nicht reduzieren: "Dieser Siegeswille ist sicherlich eine unserer Stärken. Es gehört aber deutlich mehr dazu, um in der Bundesliga dauerhaft an der Spitze zu sein. Wenn man in diesem Geschäft erfolgreich sein will, muss man süchtig nach dieser besonderen Challenge sein", sagt Müller.
"Ich war schon in meinem ganzen Leben hungrig auf Erfolg. Spiele und Titel zu gewinnen fühlt sich einfach gut an. Um es immer wieder aufs Neue zu erleben, bin ich bereit, täglich hart dafür zu arbeiten. Aber man darf nicht vergessen: Man kommt im Fußball nicht allein zurecht, man braucht das gesamte Team. Und wir sollten es auch nicht übertreiben, dass nur beim FC Bayern Gewinnertypen herumlaufen und woanders nicht. Das ist viel zu plump", führt er weiter aus.
"Technisch bin ich heute versierter und in jedem Fall ein kompletterer Fußballer als damals."
- Thomas Müller, via kicker
Was die Bayern aktuell ausmache, sei auch die Weltklasse-Achse mit Manuel Neuer, Joshua Kimmich und Robert Lewandowski: "Dazu haben wir mit Manuel Neuer den besten Torhüter und in Robert Lewandowski den Stürmer, der im Schnitt in jedem Spiel ein Tor schießt, also vorne und hinten absolute Weltklasse. Die Mittelachse ist sehr gut, dazu kommen hungrige und talentierte Spieler mit dem gewissen Etwas, wie Kingsley Coman, Serge Gnabry und Leroy Sané auf den Flügeln. Unser Gerüst ist ziemlich stabil. Viele unserer Spieler sind nicht umsonst schon so lange beim FC Bayern."
Er selbst habe sich in den Jahren seiner Karriere stetig weiterentwickelt. Für Müller eine logische Folge: "Mein Spiel fühlt sich aktuell gut an. Es ist weniger fehleranfällig als noch vor zehn Jahren. Technisch bin ich heute versierter und in jedem Fall ein kompletterer Fußballer als damals. Das sollte aber auch die logische Folge sein, wenn du zwölf Jahre beim FC Bayern mit den Besten trainierst."
Müller lässt Trainerjob nach der aktiven Karriere offen
Selbstzweifel kommen selten auf, gibt es aber. Vor allem, weil Müller selbst von sich behauptet, mit einem "gesunden Selbstvertrauen" ausgestattet zu sein. Selbstkritik sei aber enorm wichtig: "Nach schlechten Spielen kommen auch heute noch die Gedanken: Kann ich noch mithalten? Wieso kriege ich es nicht hin? Hier hilft einem dann die jahrelange Erfahrung, es muss schließlich am nächsten Tag wieder vorwärts gehen. Gerade als Offensivspieler ist diese Einstellung unabdingbar. Es geht immer um die jeweils nächste Aktion, mit der man das Spiel eventuell entscheiden kann."
Wie lange er noch Spiele entscheiden will, lässt Müller offen. Das Leben als Fußballprofi sei zwar teilweise hart, aber dennoch das Schönste, was es gibt. "Diesen Adrenalinkick" mache den Reiz am Fußball aus. Und den wird Müller wohl noch einige Jahre spüren (wollen). Was danach passiert? Alles offen, sagt Müller! Wobei man beim 31-Jährigen zwangsläufig auf die Idee kommen würde, dass er später mal an der Seitenlinie steht.
"Ich habe als Profi in den letzten 13 Jahren sicherlich mehr vom Trainerjob mitbekommen als von der Arbeit am Schreibtisch. Aber ich habe noch keine Idee davon, wie ich meine Zukunft gestalten will - wie nah oder fern ich dem Fußball sein möchte. Da ist alles offen", so Müller.