Thiounes 'Vertrag' mit HSV-Profis: "Können nur als Team erfolgreich sein!"
Von Guido Müller
Irgendwann zwischen dem ersten lauten Warnschuss der Saison (dem 1:4 im Pokal bei Dynamo Dresden) und dem Liga-Auftakt vier Tage später gegen Fortuna Düsseldorf (2:1) muss HSV-Coach Daniel Thioune wohl die Eingebung gekommen sein. Dann bat er, so berichtet es die Sportbild, seine Spieler zu einer Teambesprechung. Ziel der Aussprache: einen Geist zu schaffen, der die Mannschaft bis zum Ende der Saison tragen soll.
Das Blatt nennt es Ehrenkodex. Etwas weniger prosaisch könnte man es auch einfach nur "Einschwören auf ein gemeinsames Ziel" nennen. Auch dafür ist ein Trainer schließlich verantwortlich. Nicht nur für die Planung und Kontrolle der jeweiligen Trainingseinheiten und die gewinnbringende Aufstellung am Spieltag. Wichtig dabei: dass die Spieler sehen, dass es dem Trainer ernst mit seinem Anliegen ist.
Momentan scheint dies zu gelingen. Was genau er seiner Mannschaft damals gesagt hat, ist nicht überliefert. Es ging jedoch, soviel ist klar, um Respekt, um Wertschätzung - und um das große Ganze. Dem sich jeder Einzelne wiederum unterzuordnen hat.
"Wertschätzung definiert sich bei mir nicht durch Spielzeit. Das habe ich den Spielern gesagt", so Thioune. Soviel konnte (und wollte) der Coach dann doch verraten. Eine Art Vertrag habe er mit ihnen geschlossen, an dessen Einhaltung er sie, immer wenn es nötig sei, erinnern dürfe. Die gesamte Saison hinweg. "Wir können", so Thioune, "nur als Team erfolgreich sein." Nur wenn sie als Mannschaft auftreten, in der Kabine genauso wie auf dem grünen Rasen, können sie ihre Ziele erreichen. Wer da nicht mitziehen wolle, könne jederzeit in sein Büro kommen und mit ihm sprechen.
Bislang ist noch keiner vorstellig geworden. Dafür ist die Saison natürlich auch noch viel zu jung. Und bislang (den Pokal mal ausgeblendet) auch viel zu erfolgreich. Doch dass Thioune seinen Ankündigungen auch Worte folgen lässt, musste ein Aaron Hunt beispielsweise schon am eigenen Leib erfahren.
Hunt macht vor, wie's laufen soll
Sowohl beim Liga-Auftakt gegen Düsseldorf (über die vollen neunzig Minuten) als auch während der ersten Hälfte in Paderborn schmorte der Routinier auf der ungeliebten Ersatzbank. Quittung für seinen schwachen Auftritt in Dresden. Doch statt seinem Unmut Luft zu machen, womöglich noch gegenüber einem der zahlreichen Medien in der Hansestadt, gab der Edel-Techniker die richtige Antwort auf dem Platz. Noch in Paderborn. Mitte der zweiten Halbzeit eingewechselt, war er maßgeblich daran beteiligt, das Spiel am Ende komplett zu drehen.
Wenn jeder seine Egoismen hintanstellt, das ist die Kernaussage des Thioune'schen Ehrenkodex, dann kann in dieser Spielzeit endlich das gelingen, dem der Klub seit (mindestens) zwei Jahren vergeblich herläuft. Ein Leader wie Kapitän Tim Leibold, zur Zeit verletzt, hat das ebenfalls schon verinnerlicht: "Wir müssen den Teamgeist über die gesamte Saison aufrechterhalten", sagt der Linksverteidiger. "Das ist nicht immer einfach. Aber der Teamspirit ist gerade in der 2. Bundesliga entscheidend."