So hoch sind die Verbindlichkeiten der Super-League-Gründer
Von Christian Gaul
Dass es den zwölf Gründern der angedachten European Super League (ESL) nicht darum geht, den gemeinen Fußball-Fan zu entzücken oder für eine positive Entwicklung im Bereich der Nachhaltigkeit zu sorgen, ist selbst den Anhängern der zwölf Abtrünnigen klar. Es geht um Geld, viel Geld. Betrachtet man die aktuellen Verbindlichkeiten der Initiatoren, dann lässt sich ein gewisses Muster erkennen.
Die derzeit diskutierte Reform der Champions League scheint den Gründern der ESL nicht auszureichen. Mehreinnahmen in dreistelliger Millionenhöhe können ja auch nicht die aufgrund von beständiger Misswirtschaft entstandenen Schuldenberge ausgleichen, die sich bei einem Teil des gierigen Dutzends auf mehr als eine Milliarde Euro belaufen.
Die Gazzetta dello Sport veröffentlichte eine Übersicht der Verbindlichkeiten der ESL-Gründer und zeigte damit auf, woher der Wind weht. Dabei kann man beruhigt davon absehen, auch nur ansatzweise Mitleid zu empfinden.
Chelsea an der Spitze - Arsenal, Milan und Man City im Gruppenzwang?
Neben den vermuteten Spitzenreitern wie dem FC Barcelona, der unlängst wegen der Verträge mit einem gewissen Argentinier schon im Fokus der medialen Aufmerksamkeit stand, oder den Londonern von Tottenham, die den Stadion-Neubau und höchstbezahlte - und bereits entlassene - Trainer nie mit sportlichen Erfolgen ausgleichen konnten, schlich sich der FC Chelsea von Eigentümer Roman Abramowitsch an die Spitze der Liste.
Mit Verbindlichkeiten in Höhe von rund 1,5 Milliarden Euro führen die Blues das "Ranking der Schande" noch vor Tottenham (1,3 Milliarden Euro) und dem FC Barcelona (1,1 Milliarden Euro) an. Auch in der laufenden Spielzeit steht Chelsea allein bei einem Transfer-Defizit von 188 Millionen Euro - Havertz, Ziyech, Chilwell und Werner lassen grüßen.
Auch Real Madrid kratzt an der Milliarden-Marke, landet aber mit 900 Millionen Euro Schulden leider nur auf dem undankbaren vierten Rang. Während sich die chinesischen Eigner von Inter Mailand trotz einer beeindruckenden Transfer-Offensive nur auf dem fünften Rang wiederfinden, sind sie immerhin noch italienischer Spitzenreiter - auch in der Tabelle der Serie A.
Während Juventus, Manchester United und Atlético nur im grauen Mittelfeld landen, handelt es sich beim FC Arsenal, der AC Mailand und den Teams von Guardiola und Klopp wohl um Gruppenzwang, denn der eigene Schuldenberg ist im Verhältnis als schwindend gering einzustufen.
Ironischerweise ist es jedoch Manchester City gewesen, das zuletzt nur haarscharf einem Ausschluss aus der Champions League entkam, da die Vergehen des Scheich-Klubs im Bezug auf das ohnehin zu weiche Financial Fair Play der UEFA "verjährt" waren.
Sicherlich sind demgegenüber auch die Markwerte der jeweiligen Kader, Immobilien oder TV-Einnahmen zu rechnen. Dennoch ergibt sich ein relativ klares Bild, warum man vielerorts so interessiert an der ESL ist.
Perez: "2024 sind wir alle tot"
Insofern kann man Florentino Perez in einem Punkt sogar uneingeschränkt zustimmen. Der Präsident sagte kürzlich, dass man nicht auf die Umsetzung der Reformen der Champions League - und damit wesentlich höhere Einnahmen - warten könne. "Sie sagen, das neue Format kommt 2024. 2024 sind wir alle tot", baute Perez in seine Geschichte um "das Wohl des Fußballs" ein.
Stimmt, Florentino. Doch wer über Jahrzehnte die im Voraus zu erwartenden Einnahmen mit unfassbar erhöhten Einkäufen und Gehältern torpediert, der hat es dann halt irgendwann auch nicht besser verdient. Letztlich könnte eine ESL dafür sorgen, dass sich auch lebenslange Anhänger der beteiligten Klubs in Scharen abwenden und in der Folge das Projekt lautstark krachen geht.
Traditionsschuldner wie Barca, Real und Chelsea würden dann einpacken können und der Fußball bekäme eine dringend benötigte Auffrischung. Denn was die Herren Perez, Juve-Präsident Agnelli und Co. nicht zu verstehen scheinen - ihre Vereine stehen nicht über den Dingen. Manch einer lernt aber nur auf die harte Tour.