Stabile Defensive sichert Olympia-Viertelfinale: Die Analyse zum Sieg der DFB-Frauen gegen Sambia
"Oh wie ist das schön" schallte durch die Ränge des Stadions im französischen Saint-Étienne. Bei dem 4:1-Sieg der DFB-Frauen über Sambia war zwar nicht alles schön, der Einzug ins Viertelfinale der Olympischen Spiele aber letzten Endes dann doch verdient. Vor dem Spiel gegen Kanada gibt es dennoch einige Fragezeichen rund um die deutsche Frauennationalmannschaft.
Gute Defensive als Schlüssel
Panik machte sich vor dem Spiel breit, sind die sambischen Stürmerinnen um Barbra Banda doch so schnell und kaltschnäuzig, während Deutschlands Defensive in den letzten Partien teilweise große Probleme offenbarte. Notgedrungen musste erst Schulze Solano die angeschlagene Hegering ersetzen und dann brach mit Kathy Hendrich nach 22 gespielten Minuten auch noch die zweite gesetzte Innenverteidigerin weg. Doch Sara Doorsoun und Bibiane Schulze Solano ließen Hendrich und Hegering nicht sonderlich vermissen. Das neue Duo in der Innenverteidigung brauchte keine Eingewöhnungszeit, sondern spielte so zusammen, als hätten sie die ganze Saison nichts anderes getan.
"Wir haben hervorragend verteidigt. Da macht das Fußballspielen Spaß", resümierte auch die Kapitänin Alexandra Popp. Tatsächlich machte Sambias Offensive gegen die Abwehr der deutschen Delegation keinen Stich. Auch Gwinn und Rauch hatten ihre Gegenspielerinnen in der Tasche. Das Gegentor war die Folge eines unkonzentrierten Moments von Berger - ansonsten hielt die Abwehr stand und bewahrte Deutschland vor größeren Problemen. Ob Hrubesch am Samstag auf Doorsoun und Schulze Solano setzt, bleibt fraglich. Es hängt auch davon ab, ob sowohl Hegering als auch Hendrich rechtzeitig fit werden. Eine gute Leistung gegen Kanada ist den zwei "Neuen" in der letzten Kette definitiv auch zuzutrauen.
Verbesserungspotential im letzten Drittel
Es zieht sich wie ein roter Faden durch das bisherige Turnier: Vor dem Tor lassen die DFB-Frauen einfach zu viel liegen. Zwar schafften es die deutsche Elf, sich in aussichtsreiche Positionen zu spielen, vergeigte dann aber entweder den letzten Pass oder konnten den Ball nicht hinter die Torlinie befördern.
Durch Schüllers Doppelpack und den beherzten Abschlüssen von Klara Bühl und Elisa Senß mag das vielleicht auf den ersten Blick auf das Ergebnis nicht auffallen, die Chancenverwertung der DFB-Frauen ist aber dennoch ausbaufähig. Das kann und wird besonders gegen defensiv stärkere Gegnerinnen bestraft werden.
Zur Wahrheit gehört nämlich auch, dass Sambia dem deutschen Team sehr viele Räume und vergleichsweise viel Zeit gelassen hat. Auch die Defensive der Copper Queens ist nicht mit einer US-amerikanischen, spanischen oder französischen Abwehr zu vergleichen. Dafür offenbarte Deutschland dann doch auch wieder einige Unsauberkeiten im Spielaufbau. Pässe fanden keinen Abnehmer und Bälle wurden blind nach vorne gedroschen. Eine abgezockte Spielweise lässt das DFB-Team seit geraumer Zeit vermissen, würde dem Spiel aber definitiv guttun. Immerhin konnte Sjoeke Nüsken im offensiven Mittelfeld endlich ihr Niveau von Chelsea bestätigen und drückte dem Spiel als Ballverteilerin ihren Stempel auf. Ansonsten prägten vor allem Fehlpässe das Spiel der Deutschen.
Neuer Mut zu Einwechslungen
Beim Spiel gegen die USA verzichtete Hrubesch auf große Wechselspielchen. Am Mittwochabend zog der Bundestrainer alle Register, wechselte fünf Mal und zeigte etwas, das bei Olympia bisher vermisst wurde - der Mut zu Veränderungen und das Vertrauen in die Wechselspielerinnen. Vivien Endemann bewies prompt, dass sie die Flügelstürmer-Position ähnlich qualitativ bekleiden kann wie Jule Brand. Freigang und Lohmann brachten neue, kreativere Spielansätze in die Partie und belebten das Mittelfeld. Senß konnte in nur sieben Minuten gleich mal ein Tor erzielen. Die deutsche Bank ist gespickt mit Qualität, die leider bisher nicht wirklich zum Vorschein kommen konnte. Viel wurde sich von Hrubesch über den zu kleinen 18er-Kader beschwert, dann sollte er aber auch sein ganzen Kontingent nutzen.
Vor den Olympischen Spielen wechselte Horst Hrubesch öfters. Vielleicht konnte der Bundestrainer sich durch die gestrigen Leistungen seiner "Subs" daran erinnern, dass ein Wechsel dem Spiel auch guttun kann. Der Motivator scheint die Taktik seines Teams grundsätzlich nicht gerne verändern zu wollen. Gegen die Top-Teams wird das allerdings elementar wichtig sein, um nicht allzu berechenbar aufzutreten.
Der Sieg über Sambia dürfte in jedem Fall ein mentales Aufputschmittel gewesen sein, steigert ein Erfolg doch immer das Selbstbewusstsein. Davon brauchen sie auch genug, wartet mit Kanada im Viertelfinale niemand Geringeres als der amtierende Olympiasieger auf das Team Deutschland. Dennoch darf der ungefährdete Sieg nicht über die bestehenden Baustellen der DFB-Frauen hinwegtäuschen. Will man ins Olympische Dorf einziehen, muss die Nationalmannschaft in puncto Passgenauigkeit und Effizienz mindestens einen Gang zulegen.