Sollten die Bayern Mats Hummels zurückholen? Ein Kommentar

Mats Hummels sucht noch immer einen Verein, bei dem er weiterhin auf höchstem Niveau spielen kann. Der FC Bayern könnte nach dem geplatzten Tah-Transfer noch eine Verstärkung für die Abwehr gebrauchen. Alles könnte so einfach sein.
Mats Hummels
Mats Hummels / AFP Contributor/GettyImages
facebooktwitterreddit

Der FC Bayern München bekommt seine defensive Baustelle in der Innenverteidigung einfach nicht geschlossen. Mit Matthijs de Ligt hat man den wohl besten Innenverteidiger des Kaders auf die Insel ziehen lassen - gefühlt eigentlich fast gejagt - und die Verbliebenen überzeugen noch immer nicht.

Dayot Upamecano hat großes Potenzial, bekommt seine PS aber einfach nicht auf die Straße. Während ich anfangs noch Parallelen zum jungen Jérôme Boateng und seinen Anfängen beim deutschen Rekordmeister sah und mich an ähnliche Patzer von Boateng erinnerte, war ich der Meinung: Gebt Upamecano Zeit und er wird eine ähnlich starke Entwicklung nehmen wie der deutsche Weltmeister von 2014. Mittlerweile gerät meine Meinung ins Wanken, denn Upamecano scheint aus seinen Fehlern nicht zu lernen. Zumindest nicht aus allen und nicht in einem Tempo, das einem Weltklub wie Bayern gerecht würde.

Auch das in Italien gefürchtete Abwehrmonster Min-jae Kim wirkt in München oft eher wie ein überfordertes Kuscheltier, und manchmal fragt man sich, ob Neapel einen Doppelgänger in die bayerische Landeshauptstadt geschickt hat. Angst und Schrecken verbreitete der Südkoreaner unter den Bundesligastürmern bislang kaum - vom internationalen Geschäft ganz zu schweigen.

Mit der Verpflichtung des neuen Trainers, der großen Abwehrlegende Vincent Kompany, keimte wieder neue Hoffnung auf, dass sich in der Münchner Abwehr etwas tun würde. Doch dann kam der Saisonauftakt gegen den VfL Wolfsburg und die Bayern wirkten wieder nicht sattelfest.

Die Bayern benötigen dringend eine Lösung

Mit dem Abgang der niederländischen Mentalitätsbestie de Ligt, den unsicheren fitten Innenverteidigern und einem bereits zu Beginn seiner Bayern-Zeit lange verletzten Hiroki Ito stellt sich die Frage, wie der Laden in der Münchner Hintermannschaft geschlossen werden soll. Auch der Transfer von Jonathan Tah ist nach wochenlangem Hin und Her vom Winde verweht. Die Bayern brauchen Lösungen und mit dem Ende des Transferfensters stellt sich auch wieder die Frage, ob die Verantwortlichen einfach zu spät oder zu unstrukturiert in ihren Planungen vorgehen. Doch welche Alternativen bleiben jetzt noch? Einen eigentlich nahezu aussortierten Leon Goretzka in die Innenverteidigung schieben? Okay, kann funktionieren - muss aber nicht.

Dann bleibt vielleicht nur der Blick auf die vereinslose Elite unter den europäischen Verteidigern und da stößt man dann zwangsläufig auch auf Mats Hummels.

Der will nach wie vor auf höchstem Niveau spielen und hat im Champions-League-Finale gegen Real Madrid vor wenigen Monaten eindrucksvoll bewiesen, dass es sich dabei keineswegs um verrückte Träumereien handelt. Doch der Sand in Hummels Sanduhr rinnt nicht langsamer. Der Ex-BVB-Profi sollte sich schnell wieder an den Alltag eines Spitzenspielers auf Vereinsebene gewöhnen, bevor der Schritt zurück mit immerhin schon 35 Jahren vielleicht doch noch zu groß wird.

Sollte man in München über eine erneute Rückkehr von Mats Hummels nachdenken?

Grundsätzlich sehe ich den FC Bayern nicht in der Position, eine Option wie Mats Hummels kategorisch auszuschließen. Ein Vorteil einer Verpflichtung wäre sicherlich, dass Hummels mit seiner Erfahrung aus weit über 600 Profieinsätzen und 78 Länderspielen eine hilfreiche Stütze für die wackeligen Innenverteidiger der Bayern sein könnte, in dessen großem Schatten man sich vielleicht etwas ruhiger entwickeln und die Leistungen stabilisieren könnte.

Zudem gilt Hummels als keiner, der ein Blatt vor den Mund nimmt und würde sich sicherlich als Führungsspieler in die Bayern-Achse um Neuer, Kimmich, Müller und Kane einfügen. Eine Verstärkung vor allem auch für das Rückgrat der Münchner. Auf und neben dem Platz.

Hummels müsste ja auch nicht jedes Spiel bestreiten, aber besonders für die wichtigen könnte man eine Persönlichkeit wie ihn gut gebrauchen. Unabhängig vom Alter. Dass dieses Alters-Klischee außerdem vor allem in Deutschland vorherrscht, zeigen die Beispiele Bonucci und Chiellini bei den Italienern, die lange Zeit auch im gehobenen Fußballeralter ihren Mann standen und allein durch ihre Ausstrahlung und Erfahrung beim Gegner Eindruck hinterließen.

Wer schnell im Kopf ist, ist dem Gegner immer einen Schritt voraus

Sicherlich werden Kritiker einer solchen Betrachtung die Frage nach der Geschwindigkeit aufwerfen. Natürlich weiß auch jedes Kind, dass der FC Bayern kein Verein ist, der sich vor dem eigenen Tor einmauert und den Bus parkt. Natürlich steht man als Branchenprimus zunächst und vor allem national weit vorne und hoch. Natürlich birgt das auch die Gefahr, konteranfällig zu sein, aber als Gegenfrage stelle ich in den Raum, ob man in den letzten Jahren nicht konteranfällig war? Weder unter Nagelsmann noch unter Tuchel und bisher auch nicht unter Kompany sind die Münchner hier eine Bank. Hummels könnte über den Faktor Antizipation aber einen scheinbar vernachlässigten Wert an die Säbener Straße zurückbringen. Wenn man im Kopf schneller ist als der Gegner ist es oft egal wie schnell die Beine laufen. Dass Hummels dann auch im Spielaufbau eine echte Größe ist, hat er über seine gesamte Karriere hinweg bewiesen.

Ganz zu schweigen vom Identifikationsfaktor. Hummels hat die Bayern-Jugend durchlaufen, sich bei den Profis bewährt, ist mit den Bayern unter anderem viermal Deutscher Meister geworden und ich könnte mir gut vorstellen, dass er auch nach seiner Karriere eine wichtige Rolle im Verein spielen könnte. Das würde dem in letzter Zeit oft angeschlagenen Image der Münchner und dem teils verloren gegangenen "Mia San Mia" vielleicht auch über den Moment hinaus etwas Stabilität verleihen.

Hummels zu Bayern: Kein grundsätzliches "Nein" erlaubt!

Ein ablösefreier Transfer eines erfahrenen Spielers, der Stadt, Verein und Liga kennt, der mit den Abläufen und Anforderungen des Vereins inklusive des medialen Drumherums vertraut ist, der keine Eingewöhnungszeit benötigt und der darüber hinaus auch noch einen erheblichen Mehrwert abseits seiner sportlichen Qualitäten mitbringt, sollte in der aktuellen Situation des deutschen Rekordmeisters zumindest für die kommende Saison mehr als nur ein vager Gedanke im Hinterkopf sein.

Um aber auch den Spieler zu einem Wechsel zurück an seine alte Wirkungsstätte nach München zu locken, sollte man bei den Bayern eines auf keinen Fall tun: Dem Spieler überheblich und in irgendeiner Form abwertend begegnen. Dann sollte man Mats Hummels die Ehre und den Respekt erweisen, die er verdient. Er ist ein nationaler Sportheld und wäre in meinen Augen ein Gewinn für den Verein. Auch wenn Sky berichtet, dass ein solches Szenario für beide Seiten kalt sei, sollte man sich das womöglich dennoch vorstellen und ernsthaft durchdenken. Hinzu kommt, dass Hummels bei allen sportlichen Ambitionen, noch einmal in der Champions League spielen zu wollen, auch großen Wert darauf legt, nahe bei seiner Familie in München zu bleiben.

Aus den genannten Gründen sollten beide Seiten das Szenario einer Hummels-Rückkehr nicht völlig verteufeln und von Grund auf stur abblocken. Es birgt mit Sicherheit eine verlockende Win-Win-Situation und würde auch der Bundesliga gut zu Gesicht stehen.


Weitere FC Bayern-News lesen:

feed