Sollte die Frauen-Bundesliga vergrößert werden? Pro und Contra

Über eine Erweiterung der Frauen-Bundesliga wird immer wieder diskutiert. Was spricht dafür und dagegen?
Über eine Erweiterung der Frauen-Bundesliga wird immer wieder diskutiert. Was spricht dafür und dagegen? / Inaki Esnaola/GettyImages
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Es gibt einige prominente Befürworter einer Vergrößerung der Frauen-Bundesliga: Kölns Trainer und Essens Geschäftsführer haben sich zuletzt dafür ausgesprochen, mehr Teams aufzunehmen. Ein Pro und Contra.

Pro: Mehr Spiele = mehr Aufmerksamkeit, mehr Zuschauer, mehr Einnahmen

Von Training zu Training, Spieltag zu Spieltag und Saison zu Saison – Fußball ist ein schnelllebiges Business. Sogar noch intensiver verhält es sich im Fußball der Frauen. In Ländern, in denen der Frauenfußball lange verboten war, ist das mittlerweile möglich, auch wenn es weiterhin Ausnahmen gibt. Noch bis vor kurzem freute man sich, wenn es gerade so tausend Zuschauer zu einzelnen Spielen schafften, heute weichen die großen Vereine aufgrund des Zuschauerandrangs immer häufiger in die großen Stadien aus.

Auf Wettbewerbsebene gibt es in Deutschland erst seit 1997 die eingleisige Frauen-Bundesliga. Die UEFA Women’s Champions League startete gar zur Saison 2009/10 unter diesem Namen, ab der Saison 2021/22 wurde zum ersten Mal mit einer Gruppenphase gespielt. Schon in der kommenden Spielzeit soll es eine weitere strukturelle Änderung geben, wenn zum ersten Mal eine "Ligaphase" stattfindet, zusätzlich soll es noch einen weiteren europäischen Wettbewerb neben der Königinnenklasse geben. 

Prince William Duke of Cambridge, Nadine Kessler
Nadine Kessler ist der Kopf hinter den UWCL-Reformen / Harriet Lander/GettyImages

Ganz klar ist, der Frauenfußball entwickelt sich ständig weiter – und das rasend schnell. Man könnte fast sagen, er tastet sich Jahr für Jahr eine weitere Stufe Richtung mehr Sichtbarkeit und Anerkennung. Und das mal schneller wie nach dem Erfolg bei der EM 2022 oder aber etwas langsamer. 

Auch im Hinblick auf die Frauen-Bundesliga stellt sich demnach die Frage: Was kommt als nächstes? Aktuell stehen sich hier zwölf Mannschaften gegenüber, die sich pro Saison jeweils einmal im Hin- und Rückspiel gegenüberstehen, zum Saisonende steigen zwei Teams ab. Im Vergleich dazu treten im Wettbewerb der Männer sechs Mannschaften mehr an, mit insgesamt 18 Teams und bis zu drei Absteigern. Beim weiblichen Pendant scheint es bei den aktuellen Fortschritten nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis auch hier eine Erweiterung erfolgt. 

Das Niveau und die Qualität des Frauenfußballs in Deutschland hat in den letzten Jahren stets neue Höhen erreicht und alte Rekorde brechen können. Immer mehr Klubs der 1. und 2. Männer-Bundesliga stellen mittlerweile auch eine Mädchen- und Frauenabteilung, wie etwa Borussia Dortmund seit 2021 oder der VfB Stuttgart ein Jahr später. Auch wenn es hier zunächst von ganz unten losgeht, locken die großen Namen viele Talente in die Teams. Ziel soll es sein, dass diese Klubs jeweils ein männliches und weibliches Pendant in den höchsten Spielklassen stellen. 

Umso wichtiger ist es, hierfür Platz in den oberen Ligen zu schaffen. Abgesehen von der SGS Essen haben die anderen Klubs Rückendeckung durch eine Männerabteilung, welche die nötigen finanziellen Mittel zur Verfügung stellen kann. Wenn in Zukunft noch mehr Vereine dieses Ausmaßes in der 1. Liga spielen wollen, müssen mehr Mannschaften zugelassen werden.

Das würde darauf insgesamt zu noch mehr Konkurrenz in der Spielklasse und damit auch automatisch zu mehr Spannung pro Saison führen. Es kommt hinzu, dass umso mehr Traditionsklubs in der Frauen-Bundesliga vertreten sind, desto mehr Fans lockt das auch in die Stadien. Sollte es beispielsweise dem BVB gelingen, in naher Zukunft bis ganz nach oben aufzusteigen, wird das Interesse hier aufgrund des breiten Fanlagers und der erfolgreichen Klubgeschichte besonders groß sein. 

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Der BVB könnte ein Zuschauermagnet werden / FRANCK FIFE/GettyImages

Mehr Mannschaften bedeuten auch mehr Spiele. Mehr Spiele und Übertragungen bedeuten wiederum mehr Einnahmen – für die Klubs und die TV- bzw. Streaming-Anbieter, welche die Partien zeigen. Wie im Männerfußball könnte auch das die zukünftige Lebensquelle der Frauenteams darstellen, wenn auch hier mit dem Laufe der Zeit höhere Summen um die Rechtevergaben fließen. Derzeit besteht gerade in diesem Bereich noch Luft nach oben. Denn in der Breite können die Duelle in der Frauen-Bundesliga noch nicht die gewünschten Reichweiten erzielen, um zukunftsträchtig zu sein. 

Im allgemeinen europäischen Vergleich ist schnell zu sehen, dass Deutschland mit seinen zwölf Mannschaften in der höchsten Liga nicht alleine dasteht. In anderen Topligen wie der englischen Women’s Super League, der derzeit wohl besten Frauenfußballliga der Welt, und der D1 Arkema aus Frankreich spielen ebenfalls nur ein Dutzend Mannschaften um den Titel. In der italienischen Serie A Femminile sind es aktuell sogar nur zehn. Eine Ausnahme stellt hier die Liga F aus Spanien um die Champions-League-Siegerinnen des FC Barcelona mit 16 konkurrierenden Mannschaften dar. Zudem wurde vor kurzem offiziell, dass es auch in England ambitionierte Pläne zu einer Umstrukturierung der WSL gibt. 

Um auf internationaler Ebene wettbewerbsfähig zu bleiben, muss man im deutschen Frauenfußball den nächsten Schritt wagen und so auch Spielerinnen aus aller Welt Gründe liefern, warum sie in die Bundesliga wechseln sollten. Man riskiert den potenziellen Rückgang eines Sports, der nach so vielen Jahres des Wachstums droht, zu stagnieren, sollten die nötigen Maßnahmen nicht rechtzeitig getroffen und erst reagiert werden, wenn die Konkurrenz bereits vorausgegangen ist.

Contra: Ausgeglichenheit und gute Bedingungen sind zuerst notwendig

Keine Frage, die Frauen-Bundesliga ist in den letzten Jahren stark gewachsen. Rekord um Rekord fällt, es gibt immer mehr Spiele in den großen Stadien und das Niveau ist so hoch wie nie zuvor. Da ist es naheliegend, sich Gedanken über die Weiterentwicklung der Liga zu machen. Eine Stagnation darf es nicht geben, denn Stagnation bedeutet quasi Rückschritt, wenn alle anderen Ligen sich ebenfalls verändern.

Die Frauen-Bundesliga ist nicht mehr der internationale Vorreiter, der sie mal war. Inzwischen ist die englische Liga stärker einzuschätzen, und in Zukunft wird es nicht leichter, international mit den Top-Teams von der Insel mitzuhalten. Die Women's Super League hat sich in den letzten Jahren stark entwickelt, daher lohnt sich ein Blick darauf, wie das gelungen ist: Nämlich nicht mit einer Erweiterung auf mehr Teams - in England spielen ebenfalls zwölf Teams -, sondern zunächst mit einer Verbesserung der Spielbedingungen.

In dem Punkt kann sich die Frauen-Bundesliga ein Vorbild an der englischen FA nehmen. Die hat den Plan zur Förderung des Frauenfußballs konsequent umgesetzt und kann jetzt die Früchte der Arbeit ernten. Lange liefen die englischen Teams nur hinterher, inzwischen ist die Liga in der Breite der Qualität allen anderen europäischen Spielklassen überlegen - und kann deswegen auch über eine Erweiterung nachdenken. Aber Deutschland ist noch nicht so weit.

Das englische Beispiel zeigt: Die Breite kann man nicht nur fördern, indem mehr Teams aufgenommen werden. Das alleine bringt recht wenig, denn die Lücke zwischen Top-Teams wie Wolfsburg und Frankfurt auf der einen, und Duisburg oder Nürnberg auf der anderen Seite, ist bereits jetzt groß. Mit zwei, oder sogar vier neuen Teams, gäbe es nur noch mehr klare Ergebnisse und einen größeren Pool an Klubs, die eigentlich um nichts spielen. Gähn.

MSV Duisburg v TSG Hoffenheim - FLYERALARM Frauen Bundesliga
Die Spielstätte von Duisburg hat mit der von Bayern oder Wolfsburg wenig gemein / Neil Baynes/GettyImages

Mehr Spannung kann besser durch andere Instrumente erreicht werden. Aktuell hinkt die zweite Liga stark hinterher, weswegen sich die Aufsteiger traditionell schwer tun. Jeder Plan für die Bundesliga muss auch die zweite Liga mit einbeziehen. Dort spielen vor allem Zweitvertretungen oder kleine Klubs, oft unter schlechten Spiel- und Trainingsbedingungen. Die Diskrepanz zu den Hochglanz-Stätten einiger Bundesligisten ist groß - zu groß.

Vor einer Erweiterung muss daher erst das Niveau in der zweiten Bundesliga steigen, wie es auch in Englands "Championship" der Fall war. Inzwischen können auch Kellerkinder dort den Topteams ein Beinchen stellen. Birmingham und Reading konnten in den letzten Jahren Arsenal schlagen, Chelsea verlor gegen Liverpool und Manchester City gegen Brighton. Das wäre auch in der Frauen-Bundesliga wünschenswert. Aktuell hätten die wahrscheinlichen zusätzlichen Aufsteiger - Turbine Potsdam oder Sand - wenige Chancen, wirklich zu bestehen.

In der Bundesliga selbst sind die Bedingungen noch immer nicht bei allen Klubs der höchsten Liga entsprechend. In England mussten die Vereine strikte Auflagen erfüllen, um weiter in der ersten Liga spielen zu können - auch in Deutschland wäre eine systematische Überprüfung sinnvoll, wenn auch mit Verständnis für kleinere Klubs wie die SGS Essen.

In den nächsten Jahren werden mehr Klubs in die Bundesliga drängen, der BVB und Schalke etwa. Der Hamburger SV klopft schon dieses Jahr beim Oberhaus an. Bis aber eine Frauen-Bundesliga entstanden ist, in der wirklich jeder jeden schlagen kann, wird es noch dauern. Und dann kann über eine Erweiterung nachgedacht werden. Aber selbst das muss grundsätzlich hinterfragt werden, denn bei Ligen mit 18 Teams spielen sehr viele Klubs um nichts, was den Wettbewerb nicht attraktiv macht.

Fazit: Ob Erweiterung oder nicht - DFB muss über Zukunft der Liga nachdenken

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Auch der DFB sollte sich mehr Gedanken über die Zukunft der Liga machen / ANDRE PAIN/GettyImages

Ob es eine Erweiterung jetzt, in fünf Jahren oder überhaupt nicht geben sollte, darüber lässt sich streiten. Sicher ist aber, dass die Frauen-Bundesliga an einem entscheidenden Punkt steht. Viele der Träume der letzten Jahre - Spiele in großen Stadien, mehr mediale Aufmerksamkeit, höhere Gehälter - haben sich erfüllt. Was jetzt? Wie will sich die Liga im internationalen Konkurrenzkampf präsentieren?

Dafür gibt es verschiedene Ideen, die offen diskutiert werden könnten. Aktuell fehlt es der Liga klar an einem Image und einer guten Vermarktung. Das ist eine Stellschraube. Auch der Spielbetrieb könnte aber verändert werden. Eine erste Verbesserung wäre es, wenn die Spieltage der Frauen-Bundesliga nicht immer als letztes, nach der ersten, zweiten und dritten Männer-Liga, terminiert würden. Mit einer besseren Abstimmung ließen sich Kollisionen besser vermeiden.

Auch neben der Erweiterung auf 14 oder 16 Teams gibt es weitere Instrumente, um die Liga spannender zu gestalten. Teams wie die SGS Essen könnten verstärkt für ihre starke Nachwuchsarbeit mit Prämien belohnt werden, um das Mittelfeld der Liga zu stärken. In der Serie A wiederum wurden, nach amerikanischem Beispiel, Playoffs eingeführt. Auch solche Änderungen des Spielmodus sollten in der Debatte kein Tabu sein.