So unglücklich präsentiert sich Thomas Tuchel beim FC Bayern
Von Dominik Hager
Thomas Tuchel hat beim FC Bayern einen echten Fehlstart hingelegt. Der neue Coach ist mit der Chance auf drei Titel in seine Amtszeit in München gestartet. Nur wenige Wochen später scheint es tatsächlich so, als würden die Münchner keinen einzigen Titel holen. Sicherlich war es von den Bossen eine Fehlentscheidung, Julian Nagelsmann zum Zeitpunkt der Entlassung zu feuern. Thomas Tuchel kann in so einer kurzen Zeit gar nicht so viel bewegen. Und dennoch macht der Münchner Coach bislang eine sehr unglückliche Figur.
1. Unsinnige Experimente in der Startelf gegen Mainz 05
Nur wenige Tage nach dem besten Tuchel-Spiel gegen Manchester City nahm der 49-Jährige vier Wechsel in der Startformation vor und wechselte das System. Hierzu bestand überhaupt keine Notwendigkeit. Immer wieder haben sich die Münchner gegen die Skyblues schön über den Flügel durchkombiniert. Leroy Sané und vor allem Kingsley Coman waren hierbei absolute Eckfeiler und beinahe an jeder Situation beteiligt. Angesichts des Ausscheidens in den Pokal-Wettbewerben blieb Tuchel eigentlich nichts anderes übrig, als die beste Elf zu bringen. Das hat er allerdings glasklar nicht gemacht.
2. Völlig unverständliche Wechsel gegen Mainz
Die Verletzung von Alphonso Davies war natürlich Pech. Dann aber für den Kanadier Noussair Mazraoui, der laut übereinstimmenden Berichten eigentlich noch nicht für fit genug erachtet wird auf einer Position zu bringen, die ihm nicht zu 100 Prozent liegt, ist schon kurios. Sicherlich ist es schön und gut, dass der Marokkaner wieder heran geführt wird, der Zeitpunkt dafür war aber schlichtweg falsch. Die einzige sinnvolle Lösung wäre es gewesen, Kingsley Coman zu bringen. Der Franzose hat oftmals bewiesen, dass er ein sehr guter Schienenspieler ist. Zudem können Coman und Cancelo links wie rechts spielen.
Kimmich rauszunehmen war angesichts der mäßigen Performance des Spielers irgendwo verständlich, jedoch war die Entscheidung trotzdem falsch. Man kann einfach keinen strukturierten Spielaufbau betreiben, wenn Goretzka diese Rolle, die ihn ganz und gar nicht schmeckt, übernimmt. Dafür spielte Gravenberch offensiver im Mittelfeld, was auch einer Position entsprach, die der Holländer nicht unbedingt kennt. Cancelo unterstützte Goretzka in der Zentrale, hat diese Position beim FCB aber noch nie gespielt. Genauso unsinnig war es, dass Gnabry dafür als linker Schienenspieler rumturnte, was auch überhaupt nicht seinen Stärken entspricht. Mit einer derart vogelwilden Anordnung, kann man keinen Blumentopf gewinnen.
Sehr erstaunlich war auch, dass Tuchel selbst bei Rückstand in keinster Weise offensiv gewechselt hat. Bis zum Schluss standen de Ligt, Upamecano und Stanisic als Innenverteidiger und mit Cancelo und Mazraoui zwei weitere Abwehrspieler auf dem Platz.
Die absolute Katastrophe an Tuchels Wechseln war es, Coman 90 Minuten draußen zu lassen. Wir sprechen hier im Übrigen vom besten Münchner Offensivspieler der Rückrunde und dem wohl besten Mann auf dem Platz gegen Manchester City. Wie so ein Spieler in einem solchen Spiel 90 Minuten draußen sitzen kann, lässt einen nur noch fassungslos zurück. Auch Leroy Sané saß viel zu lange draußen. Man kann nicht einen verunsicherten Gravenberch einwechseln, wenn man in einem Meisterschafts-entscheidenden Spiel Sané und Coman draußen hat.
3. Kuriose Äußerungen neben dem Platz
Bereits bei der 0:3-Niederlage gegen Manchester City sprach Thomas Tuchel davon “schocktverliebt“ in seine Mannschaft zu sein. Selbstredend war der Auftritt nicht so schlecht wie das Ergebnis, jedoch sind derart deutliche Liebesbekundungen nach einer so klaren Niederlage schon befremdlich. Nicht viel besser präsentierte sich Tuchel nach dem 1:1 im Rückspiel, wo er gegen den Münchner Rasen und den Schiedsrichter wetterte. Zwar hat der Referee sicherlich nicht jede Entscheidung auf dem Punkt getroffen, jedoch waren letztlich keine klaren Fehlentscheidungen dabei. Auch mit dem Rasen hatte eigentlich nur Dayot Upamecano zu kämpfen, der schon in Manchester City wild am rutschen war. Vielleicht sollten die Münchner sich lieber mal länger mit der richtigen Stollenwahl beschäftigen.
Tuchel, der zuvor immer viele Worte übrig hatte, wirkte dafür nach dem Mainz-Spiel erschreckend sprachlos. Dass die Mannschaft “keine Energie“ hatte, konnte man auch über den Fernseher sehen. Wirkliche Ideen, wie man die Probleme am Schopfe packen kann, konnte der Coach nicht wirklich liefern. Das Interview nach dem Spiel war fast schon Ratlosigkeit pur.
4. Merkwürdiger Umgang mit Müller
Es ist durchaus bemerkenswert, dass Tuchel gegen Manchester City überhaupt nicht auf Thomas Müller gesetzt hat. Im Hinspiel mag die Entscheidung noch vertretbar gewesen sein, weil man dort mehr auf Tempo und Konter setzen wollte. Im Rückspiel hätte man aber eigentlich auf den Raumdeuter setzen sollen, der die gefährlichen Positionen besetzt und in der Königsklasse schon zahlreiche Scorer-Punkte sammeln konnte. Interessant war dann auch, dass Müller im Rückspiel erst ganz spät eingewechselt wurde. Dies geschah sogar nach der Einwechslung von Mané, der kurz zuvor mit dem Schlag gegen Sané und dauerhaft mäßigen Leistungen auffiel. Einen solchen Spieler, mit dem angeblich gar nicht mehr geplant wird, vor einem Führungsspieler und Fan-Liebling wie Müller zu bringen, war schon ein starkes Stück. Tuchel scheint keinen Plan zu haben, wie er den Raumdeuter einsetzen kann.