Siege für Neuseeland und Australien: Auftaktspiele könnten die WM-Stimmung befeuern

  • Neuseeland schafft im Auftaktspiel gegen Norwegen den ersten WM-Sieg der Geschichte
  • Kann der Sieg die WM-Euphorie in Neuseeland entfachen?
  • Australien musste auf Sam Kerr verzichten, siegte aber mit 1:0 gegen Irland
Jubel bei den Football Ferns: Neuseeland konnte das Eröffnungsspiel gewinnen
Jubel bei den Football Ferns: Neuseeland konnte das Eröffnungsspiel gewinnen / Buda Mendes/GettyImages
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Die Weltmeisterschaft 2023 in Australien und Neuseeland ist eröffnet! Beide Gastgeber konnten mit einem Sieg ins Turnier starten.

Neuseeland: Vor dem Spiel keine wirkliche WM-Euphorie

Die WM 2023 ist mit einer großen Überraschung gestartet. Co-Gastgeber Neuseeland hatte vor dem 20. Juli noch nie ein WM-Spiel gewonnen. Die Football Ferns halten sogar den Rekord für die meisten aufeinanderfolgenden WM-Spiele ohne Sieg. Dementsprechend gering war das Selbstvertrauen der Neuseeländerinnen bei den letzten Turnieren.

2023 sollte alles anders werden, mit dem Publikum im Rücken. Aber wirkliche WM-Stimmung oder ein Hype kamen vor dem Anstoß nicht auf. In Neuseeland sind andere Sportarten, allen voran Rugby, aber auch Cricket, deutlich beliebter als Fußball. 300.000 Tickets für die Spiele in Neuseeland wurden verkauft. Die Zahlen pro Spiel blieben damit deutlich hinter denen in Australien zurück.

Die großen Nachbarn sind im Fußball der Frauen traditionell erfolgreicher. Besonders bei den Olympischen Spielen vor zwei Jahren, als sie ins Halbfinale kamen, überzeugten die Matildas. Mit Stürmerin Sam Kerr und einer talentierten Offensive gelten die Australierinnen als WM-Mitfavorit, und die Hoffnungen auf einen Titel sind groß.

Kein Wunder, dass einige die berechtigte Angst hatten, Neuseeland könne als Gastgeberland im Schatten von Australien stehen. Die Neuseeländerinnen durften als Ausgleich das Auftaktspiel bestreiten, um wenigstens da die ganze Aufmerksamkeit zu haben. Und auch, so die Hoffnung, um doch noch ein WM-Fieber im Land zu entfachen.

Sorgt der Überraschungssieg gegen Norwegen für ein WM-Fieber?

Nach dem Spiel gegen Norwegen kann man wohl sagen, dass der Plan aufgegangen ist. Der Eden Park war mit 42.137 Zuschauern nicht ganz ausverkauft, aber es war immer noch ein Rekord: Weder bei einem Länderspiel der Männer, noch der Frauen, waren bisher mehr als 40.000 Fans gekommen. Dementsprechend verhalten war zu Beginn die Atmosphäre in Auckland.

Neuseeland-Trainerin Jitka Klimkova hatte sich vor dem Spiel noch gewünscht, dass das Publikum auch kleine Aktionen wertschätzen würde. Davon war erstmal wenig zu hören, der Eden Park war, bis auf sporadisches Aufbranden von Applaus, recht still. Aber die WM ist eine Chance für die Fußballkultur in Neuseeland.

Neuseeland defensiv und taktisch top

Im Laufe des Spiels merkten die Zuschauer, dass es doch so einiges zu bejubeln gab: Gegen den Favoriten Norwegen zeigte ihr Team eine astreine Defensivleistung. Mit Spielerinnen wie Ada Hegerberg, Caroline Graham Hansen oder Guro Reiten hat Norwegen eine Weltklasse-Offensive, aber die kam gar nicht zum Zug.

Neuseeland verteidigte diszipliniert, ließ Norwegen wenig Zeit am Ball und brachte die Skandinavierinnen mehr und mehr zur Verzweiflung. Bei aller Robustheit blieb Neuseeland fair: Die Ferns gewannen mehr Zweikämpfe, begingen aber nur fünf Fouls, Norwegen dagegen 15.

Tempo, Risiko, Disziplin: Neuseelands Auftritt macht Lust auf mehr. Spätestens nach einem schönen Spielzug, den die herausragende Stürmerin Hannah Wilkinson vollendete, konnten Spielerinnen und Fans an den ersten Sieg glauben. Kurz darauf war der Realität, und besser hätte der Auftakt nicht laufen können.

Der heiß ersehnte erste Sieg - Neuseeland gerät ins Träumen

Wie viel der Sieg für Neuseeland bedeutet, zeigte sich besonders in Person von Ali Riley. Die Linksverteidigerin ist die Kapitänin und wohl beste Spielerin des Landes, mit 35 Jahren ist es wohl ihre letzte WM. "Wir haben so lange dafür gekämpft!", sagte eine sichtlich emotionale Riley nach dem Spiel.

"Wir hatten das klare Ziel, dass wir junge Mädchen inspirieren wollen, und ich denke, dass haben wir heute geschafft." À propos Inspiration: Riley setzte mit ihren bunten Fingernägeln auch noch ein Zeichen, da die Regenbogen-Binde von der FIFA verboten worden war.

Schon vor dem Spiel hatte Riley Tränen in den Augen, als die Nationalhymne in dem fast ausverkauften Stadion erklang. Riley kam sogar ein wenig ins Träumen: "Anything is possible", alles ist möglich, fügte sie dann noch hinzu. Today a win, tomorrow the world! In der Gruppe mit den Philippinen und der Schweiz ist ein Weiterkommen nach dem Sieg jedenfalls nicht unrealistisch.

Australien-Schock vor dem Spiel: Kerr fällt aus

Die Stimmung vor dem ersten Spiel war in Australien ganz anders: Bei den Matildas rechnete man fest mit einem Sieg gegen Irland, denn die Girls in Green waren klar der Underdog und sind zum ersten Mal bei einer WM dabei. Die Euphorie bekam aber eine Stunde vor Anpfiff einen Dämpfer: Stürmerin Sam Kerr hat sich verletzt und fehlt für die ersten beiden Gruppenspiele.

Auf Kerr ruhten viele Hoffnungen: Sie ist Rekordtorschützin und Gesicht des Teams, überall wird in Australien aktuell mit ihr geworben. Kerr ist Anspielstation für Flanken und Hereingaben, kann abstauben und Kopfbälle verwandeln. Kurz, sie ist oft ein Zauberinstrument, wenn ein Tor gerade dringend benötigt wird.

Sam Kerr
Konnte nur zuschauen: Sam Kerr / Cameron Spencer/GettyImages

Zähes Spiel gegen aufopferndes Irland

Australien vermisste Kerr in dem zähen Auftaktspiel sehr. Die Irinnen stellten sich kompakt mit einer Fünferkette auf, und den Matildas fehlten Ideen, Tempo und Präzision, um den Riegel zu knacken. Einzig die Dribblings von Kerrs Sturmpartnerin Caitlin Foord brachten etwas Schwung in die zerfahrene Partie. Es passte zu dem Spiel, dass Australien dann durch einen Elfmeter in Führung ging. Ab da wurde Irland aktiv, gewann plötzlich Ecke um Ecke.

Und die Stimmung im Stadion drehte sich: Die irische Diaspora ist in Australien stark vertreten, und war auch einer der Gründe dafür, dass das Spiel in ein größeres Stadion verlegt wurde. Zu Beginn wurden sie noch von den Australien-Fans, klar in der Überzahl, in den Schatten gestellt. Aber spätestens ab der 80. Minute, als Australien nur noch den Abpfiff ersehnte, hörte es sich an wie ein irisches Heimspiel. Jeder Ballgewinn wurde frenetisch bejubelt, aber zu einem Tor reichte es trotz einiger Chancen nicht mehr.

Zwei knappe Siege für die Gastgeber - für die WM-Stimmung eine gute Nachricht

Auch in Sydney wurde ein Rekord aufgestellt: 75.784 Zuschauer kamen ins Stadion, womit der erste Spieltag insgesamt auf mehr als 100.000 Besucher kommt. Die knappen Siege der beiden Gastgeber werden die Stimmung nur noch weiter befeuern, so die Hoffnung. Gerade für Neuseeland könnte der Sieg ein Auslöser für echte Turnier-Stimmung sein, die bisher noch nicht so aufkommen wollte.


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