Sieben Werder-Erkenntnisse nach dem Pokal-Sieg in Jena
Von Janne Negelen

Mit 2:0 setzte sich Werder Bremen gegen Carl Zeiss Jena durch. Noch lief definitiv nicht alles rund beim gerade so geretteten Bundesligisten. Das Pokalduell lieferte viele Erkenntnisse, auf die sich aufbauen lässt. Florian Kohfeldt kann vor allem diese Lehren aus der ersten Runde ziehen:
1. Chong rückt sofort in den Fokus
In der ersten Halbzeit fehlte Werder offensiv das Tempo und die Durchschlagskraft. Nach der Pause änderte sich das sofort. Das lag maßgeblich an Tahith Chong, der zur zweiten Hälfte sein Pflichtspieldebüt feierte.
Auf dem rechten Flügel fühlte sich der Niederländer sichtlich wohl. Die Dribblings und Verlagerungen waren absolut erstligareif. Dass er sich sogar mit seinem ersten Tor belohnte, rundete den Abend für den Neuzugang ab. Schon jetzt ist klar, dass Chong der nächste Shotingstar werden könnte. In Bremen ist er einer der Hauptgründe für die neu aufkeimende Hoffnung.
2. Die Systemfrage bleibt ungeklärt
Die große Frage nach der Formation hat sich für Florian Kohfeldt nicht geklärt. Die Bremer begannen mit zwei Stürmern und Yuya Osako als Spielmacher in Zehner-Rolle. Speziell der Japaner kam allerdings überhaupt nicht zur Geltung - damit hingen auch die Angreifer in der Luft. Über Außen sorgten nur die Verteidiger für Tempo.
Bekanntlich änderte sich dies in Durchgang zwei. Mit einem zurückgezogenen Mittelfeld und Chong auf dem Flügel wurden die Räume größer. Doch die verlockende Doppelspitze ist weiterhin eine Option, die Werder auch bis zum Spielende austestete. Das große Angebot an Stürmern wird Kohfeldt noch rätseln lassen.
3. Sargent kann dem Druck standhalten
Ein weiterer Hoffnungsträger ist Josh Sargent. Nach einer starken Vorbereitung schien der US-Amerikaner endlich den nächsten Schritt machen zu können. Bisher war der Angreifer stets zu inkonstant und war oft kaum am Spiel beteiligt.
Im ersten Pflichtspiel bewies er, dass er es in dieser Saison anders machen will. Der 20-Jährige war äußerst spielfreudig und ließ sich auch von seiner vergebenen Großchance nicht herunterziehen. Wenige Minuten später löste er für die Bremer mit einem starken Kopfball den Knoten. Das Vertrauen seines Trainers hat er bisher stark zurückgezahlt.
4. Die Standardschwäche ist weiterhin Thema
Immer wieder kam der Regionalligist gefährlich vor den Kasten der Bremer. Das lag auch an den Standards, die Bremen zuließ. Bei ruhenden Bällen wurde es - fast schon traditionell - unruhig. Kurz vor Schluss schnupperte Jena beispielsweise am Ausgleich, als René Eckart frei vor Jiri Pavlenka auftauchte.
Die große Standardschwäche der Vorsaison ist also noch nicht gänzlich ausgemerzt. Stärkere Gegner werden die Lücken öfter bestrafen. Nachdem der SVW die Anzahl an ruhenden Bällen verminderte, muss es jetzt weiter um die perfekte Zuordnung und Abstimmung gehen.
5. Bremen wirkt deutlich fitter
Zum Beginn der letzten Saison fehlten den Bremern einige Stammspieler. Auch wirkte die Mannschaft in vielen Teilen nicht wirklicht spritzig und hing in Sachen Athletik weit hinter dem Rest der Liga zurück. Der Pokalauftritt zeigte, dass Bremen so früh in der Spielzeit deutlich fitter ist.
Bis zum Schluss stimmten die Bewegungsabläufe und der Druck auf den gegnerischen Kasten. Von Ermüdungserscheinungen war nicht unbedingt etwas zu sehen. Auch rappelten sich die in Zweikämpfe verwickelten Ömer Toprak, Chong und Co immer wieder schnell auf. Noch vor einigen Monaten hätte der Körper wohl nicht mitgemacht.
6. Friedl muss um seinen Platz kämpfen
Nach der Vorbereitung schien Marco Friel zu den großen Gewinnern zu gehören. Der Österreicher erkämpfte sich seinen Platz im Zentrum und präsentierte sich mit gutem Spielaufbau und resoluten Zweikämpfen in ordentlicher Frühform.
In Jena startete dann allerdings Niklas Moisander. Auch aufgrund seiner Ernennung als Kapitän erhielt er in diesem wichtigen Duell den Vorzug. Seine Sache machte er überwiegend abgeklärt. Der anfangs leicht favorisierte Friedl muss sich also weiterhin voll rein werfen.
7. Werder muss am Abschluss arbeiten
Ein weiteres Manko ist den Bremern noch anzukreiden. Wie Kohfeldt nach der Partie richtig feststellte, fehlte es seinen Schützlingen an Ruhe vor dem Tor. Weder Theodor Gebre Selassie, Leonardo Bittencourt oder Sargent konnten teils hundertprozentige Möglichkeiten nutzen.
Das lag auch am früh verschwundenen Selbstbewusstsein. Nach einer schweren Anfangsphase wurden die Grün-Weißen zunehmend hektischer. Vor dem Ligastart muss sich das ändern. Denn die fehlende Selbstverständlichkeit führte im vergangenen Jahr zu eben jener Krise.