Schwarzweiß Dortmund: Ist die Kritik am BVB fair?
- Große Kritik nach Pleite in Stuttgart
- BVB verliert Anschluss an die Bundesliga-Spitze
- Wie kritisch muss man Dortmund aktuell sehen?
Von Simon Zimmermann
Der BVB hat eine ereignisreiche Woche hinter sich - im negativen wie im positiven Sinne. Eine Gefühlschaos, das man in Dortmund nur allzu gut kennt. 2023/24 allerdings aus anderen Gründen.
Schwarz und Weiß bei Schwarzgelb! Der BVB erlebte vor der letzten Länderspielpause des Jahres eine Woche, die gefühlsmäßig kaum größere Ausschläge nach oben und unten hätte bringen können. Eingerahmt in einen extrem wichtigen Sieg in der Champions League gegen Newcastle, der in "Todesgruppe F" Platz eins brachte, musste die Borussia zwei herben Pleiten gegen Bayern und Stuttgart hinnehmen.
Enttäuschung und Kritik am BVB - intern wie extern
Die Kritik nach dem 1:2 gegen den VfB am vergangenen Samstag war groß - intern wie extern. Die Worte von Niclas Füllkrug und Mats Hummels ließen jedenfalls tief blicken. Chancenlos war Schwarzgelb gegen die Schwaben und hätte sich kaum beschweren dürfen, wenn die Niederlage noch höher ausgefallen wäre. So wie eine Woche zuvor, als man im Klassiker dem FCB deutlich unterlegen war. Man habe zuletzt "gegen viele gute Mannschaften die Grenzen aufgezeigt bekommen", meinte Füllkrug. "Wir können froh sein, dass das Ergebnis nicht deutlich höher ausgefallen ist", schrieb Hummels auf seinen sozialen Kanälen.
Ähnlich äußerten sich auch die Verantwortlichen. Sportdirektor Sebastian Kehl sah "wieder mal ein sehr enttäuschender Tag für uns". Edin Terzic zog Parallelen mit dem schwachen Herbst 2022: "Wir wollten es dieses Jahr besser machen, um uns das maximale Ziel nicht wieder von hinten erarbeiten zu müssen, sondern einfach die ganze Zeit mittendrin bleiben. Das ist uns nicht gelungen."
Seine Mannschaft wolle er nicht "zerschreddern", zumal sich die schwache Leistung "gar nicht angedeutet" habe. Das Unverständnis steckte beim BVB-Coach deshalb umso tiefer: "Es ist so brutal enttäuschend, dass wir es wieder nicht geschafft haben, das fortzuführen, was wir vor einigen Tagen so gut gemacht haben. Wir wissen ganz genau was in uns steckt. Aber es reicht nicht, das ab und zu zu zeigen, sondern wir müssen das permanent tun."
BVB verliert Anschluss an die Spitze - Droht der Champions-League-GAU?
Und so steckt der BVB wieder in einer ungemütlichen Ausgangslage fest - zumindest in der Bundesliga. Auf Platz eins zu Bayer Leverkusen beträgt der Rückstand bereits zehn Zähler. Die Bayern sind auf acht Punkte enteilt. Dazwischen liegen noch der VfB und RB Leipzig. Der Super-GAU einer verpassten Champions-League-Qualifikation ist Mitte November 2023 zumindest kein drohendes Luftschloss mehr.
Bei Sky90 kam Lothar Matthäus am Sonntag zu dem recht vernichtenden Schluss: "Das ist keine Mannschaft, was zurzeit in Dortmund ist. Da spielt jeder für sich selbst."
"Es zieht sich ja durch die ganze Saison. Ich habe von Borussia Dortmund noch nichts Überragendes in der Bundesliga in dieser Saison gesehen", führte er weiter aus.
Am Montag legte Matthäus in seiner Kolumne für Sky nach: "Man kann nicht gegen Bayern - und auch in Stuttgart - nur defensiv denkend spielen. Das ist nicht die DNA dieser Mannschaft. [...] Aber den Erlebnisfußball, den man von Dortmund gewohnt war, spielen sie zurzeit nicht."
Berechtigte Kritik von Matthäus?
Darauf ist der BVB 23/24 auch gar nicht mehr ausgerichtet. Statt vieler vielversprechender Talente ist die Mannschaft mit Spielern gespickt, die sofortigen Erfolg garantieren sollen. Mit Transfers wie Bensebaini, Sabitzer und Füllkrug wurde dieser Anspruch im vergangenen Sommer untermauert.
"Weniger sexy, aber erfolgreich", umschrieb es Terzic zuletzt. "Sexy" ist am Spiel der Dortmunder Borussia in dieser Saison tatsächlich wenig. Wenn dann die Erfolge ausbleiben, wird die Kritik logischerweise schnell laut.
"Das Können und die Qualität sind vorhanden. [...] Die Mannschaft kann ganz sicher anders performen, aber sie ist verunsichert", befand Matthäus. Bewiesen hat das Schwarzgelb bereits. Vor allem in der Champions League in beiden Duellen gegen Newcastle United.
Doch auch dabei wurde deutlich, dass es 23/24 keinen Dortmunder "Hurra-Fußball" mehr gibt. Arbeitssiege waren es gegen die Magpies, die vor allem im Hinspiel auch mit dem nötigen Spielglück einher gingen. Oder aber - positiver formuliert - mit einer widerstandfähigeren Mannschaft, die keine Zweifel mehr in Sachen Mentalität aufkommen lässt.
Eben jene "neue" Qualitäten hatte auch Niclas Füllkrug zuletzt gelobt. Gegen die Bayern und nun in Stuttgart waren sie nicht mehr zu sehen. Bleibt genau das aus, drohen dem BVB immer wieder Leistungen wie in diesen beiden Pleiten.
Begründet liegen könnten sie auch im vollgepackten Spielplan. Der BVB hat drei sehr intensive Englische Wochen hinter sich - körperlich wie mental. Trotz einer ordentlichen Breite im Kader und wenigen Verletzungen ist es keine einfache Aufgabe, alle drei Tage Topleistungen abliefern zu können. Diesen Beweis bleibt die Borussia auch in dieser Saison schuldig.
Der BVB-Spielplan bis Ende 2023
Datum | Gegner | Wettbewerb |
---|---|---|
25.11. | Gladbach (H) | Bundesliga |
28.11. | AC Mailand (A) | Champions League |
3.12. | Leverkusen (A) | Bundesliga |
6.12. | Stuttgart (A) | DFB-Pokal |
9.12. | Leipzig (H) | Bundesliga |
13.12. | PSG (H) | Champions League |
16.12. | Augsburg (A) | Bundesliga |
19.12. | Mainz (H) | Bundesliga |
Wie der Spielplan bis Jahresende zeigt, wird es nicht wirklich einfacher für den BVB. Im Gegenteil: Englische Wochen mit harten Duellen warten nach der Länderspielpause. Spätestens dann könnte sich zeigen, was 23/24 tatsächlich drin ist für Schwarzgelb.
Der BVB gefangen im Grauton-Bereich
Sehr wahrscheinlich weder Schwarz noch Weiß. Die Realität in Dortmund liegt im Graubereich. Denn anders als Matthäus es empfindet, kann man durchaus behaupten, dass die Qualität der Mannschaft eben nicht so gut ist, um so ultra-konstant erfolgreich zu sein, wie es im Vergleich mit Leverkusen und den Bayern nötig wäre.
Dass das daran liegt, dass die Spieler "nur für sich selbst spielen", darf stark bezweifelt werden. Vielmehr fehlt es gerade in schweren Zeiten mit vielen Spielen an Akteuren, die den Unterschied ausmachen können. Der BVB hat viele sehr gute Spieler im Kader. Aber eben keine mehr der Marke Bellingham oder Haaland. Und so ist man insgesamt vielleicht etwas stabiler und widerstandsfähiger - aber nicht unbedingt konstanter in den Ergebnissen. Negative Ausrutscher sind weiter noch zu oft drin. Nur 23/24 eben aus anderen Gründen.
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