Schneller Erfolg statt Förderung von Talenten: Tuchel-Marschroute scheint klar
Von Dominik Hager

Der FC Bayern möchte wieder in die Erfolgsspur und das natürlich so schnell wie möglich. Sieht man sich die aktuellen Geschehnisse bei den Münchnern an wird eines relativ deutlich: Thomas Tuchel möchte den schnellen Erfolg - und setzt eher weniger auf die Entwicklung jüngerer Spieler.
Bayern-Trainer zu sein, das ist bekanntlich nicht die leichteste Tätigkeit auf Erden. Der Verein gibt zwar enorme Gelder für die eigene Nachwuchs-Abteilung und den Campus aus, jedoch gibt es kaum Möglichkeiten, die Spieler nach oben zu ziehen.
Für die Coaches gilt das klare Prinzip “siegen oder fliegen“. Raum für die Entwicklung des eigenen Nachwuchs und jener von jungen Neuzugängen gibt es kaum. Selbst wenn die Münchner bei der Verpflichtung von Julian Nagelsmann noch tönten, dass die langfristige Entwicklung über dem kurzfristigen sportlichen Erfolg stehe, ist die Wirklichkeit eine andere.
Dies hat nicht nur der Rauswurf von Nagelsmann bewiesen, sondern zeigt sich auch jetzt an der Mrschroute unter Thomas Tuchel ganz deutlich.
Mehrere Gründe machen klar: Tuchel setzt kaum auf die Youngsters
1. Interesse an Kyle Walker
Es dürfte eine ganze Weile her sein, dass der FC Bayern einen 33-Jährigen unter Vertrag genommen hat. Nun sollen sich die Münchner aber insbesondere auf Wunsch von Thomas Tuchel intensiv um Kyle Walker bemühen und einem Durchbruch wohl auch schon nahe sein. Walker gehört zwar zu den besten Rechtsverteidigern der Welt, wird jedoch früher oder später abbauen. Mit einem Transfer würde man sich für ein bis zwei Jahre verstärken, jedoch Mazraoui und Stanisic die Zukunft verbauen.
2. Interesse an Harry Kane
Zwar ist Harry Kane mit seinen 29 Jahren noch deutlich jünger als Walker, jedoch wäre auch sein Transfer ein klares Zeichen dafür, dass die Münchner am besten schon in der kommenden Saison mächtig abräumen sollen. Immerhin hätte der Markt mit Vlahovic und Muani deutlich jüngere Alternativen, die noch lange nicht am Ende ihrer Entwicklung sind. Mit Kane hat man aber den fertigen Weltstar als Wunschlösung auserkoren.
3. Vidovic und Ibrahimovic nicht im Trainingslager
Sommer-Trainingslager sind immer auch ein Ort, wo sich junge Talente zeigen können. Demnach ist es überraschend, dass die beiden Youngster Gabriel Vidovic und Arijon Ibrahimovic gar nicht erst mitfahren durften. Immerhin zählen beide zu den talentiertesten Spielern aus dem Bayern-Nachwuchs und sind laut BILD-Informationen enorm enttäuscht über die Ausmusterung.
Aktuell scheint es aber keinen Platz für junge Nachwuchs-Kicker zu geben, selbst wenn Tarek Buchmann immerhin als Gegenbeispiel dient. Der Innenverteidiger wurde schließlich unter Tuchel zu den Profis hochgezogen. Dennoch ist es ein Widerspruch, dass die Bayern Millionen an Euro in den Campus und in die Nachwuchsarbeit stecken, jedoch kaum mal jemanden bei den Profis eine Chance geben.
4. Tel-Leihe in Diskussion
Bereits kurz nach seiner Ankunft beim FC Bayern hat Thomas Tuchel eine Leihe von Youngster Mathys Tel ins Gespräch gebracht. Der Bayern-Coach kann sich durchaus vorstellen, das Top-Talent zu verleihen, damit dieses mehr Spielzeit erlangen kann. Lediglich der Angreifer selbst schiebt all dem einen Rigel vor und möchte sich in München durchsetzen. Ob ihm das unter Tuchel gelingt, darf angezweifelt werden.
5. Neuer Sechser soll kommen
Der FC Bayern hat im zentralen Mittelfeld mit Leon Goretzka, Konrad Laimer, Ryan Gravenberch und Marcel Sabitzer vier Kandidaten, die neben Joshua Kimmich spielen könnten. Trotzdem würde Thomas Tuchel gerne einen neuen Sechser verpflichten, der die Rolle neben Kimmich ab sofort einnehmen kann. Dabei wäre mit Gravenberch ein junger Spieler da, der in eine solche Position hineinwachsen könnte, wenn er denn ausreichend gefördert wird.
6. Tuchel gegen Neuverpflichtung im Tor
Angesichts der Wechselwünsche von Yann Sommer und Alexander Nübel sowie der Verletzung von Manuel Neuer scheint eigentlich der Zeitpunkt gekommen zu sein, an dem ein junger Keeper für die Zukunft verpflichtet wird. Gerüchte gab es über eine Verpflichtung von Giorgi Mamardaschwili. Der 22-jährige Valencia-Keeper könnte direkt den Konkurrenzkampf mit Neuer aufnehmen und früher oder später zur Nummer eins werden. Tuchel und Hoeneß schlossen kürzlich aber einen Torhüter-Transfer aus. Dies würde nur unnötigen Druck auf Manuel Neuer ausüben.
Welche Folgen drohen dem FC Bayern durch das Streben nach schnellem Erfolg?
Sicherlich kann das Verpflichten von fertigen Stars und das Setzen auf routinierte Kräfte zum Erfolg führen. Man muss aber auch immer die Langlebigkeit des Erfolgs berücksichtigen. Setzt man jetzt auf Walker statt auf Mazraoui hat man vielleicht für zwei Jahre einen sehr guten Spieler, verpasst aber möglicherweise fünf oder mehr starke Jahre des Marokkaners. Top-Rechtsverteidiger sind schließlich eine seltene Spezies und niemand weiß, ob man in zwei Jahren ein Kaliber wie Mazraoui bekommt.
Zudem bessert man sich natürlich auch seine Bilanzen nicht auf, wenn man beispielsweise einen Kane für 100 Millionen Euro oder mehr kauft, der letztlich in vier, fünf Jahren kaum noch einen Wiederverkaufswert hat. Anhand von Sadio Mané hat man außerdem gesehen, dass nicht jeder große Name unbedingt auch einschlägt.
Zu guter Letzt ist es gewiss auch für den eigenen Nachwuchs ein schlechtes Zeichen, wenn dieser feststellt, dass der Verein mehr auf fertige Stars als auf eigene Talente setzt. Die Degradierung von Vidovic und Ibrahimovic dürfte jedenfalls niemanden im Glauben bekräftigen, den Durchbruch beim FC Bayern schaffen zu können. Auch nationale und internationale Talente aus anderen Klubs werden den Sprung nach München zunehmend hinterfragen. Ansonsten besteht eben die Gefahr, dass man wie Renato Sanches, Tiago Dantas oder aktuell Ryan Gravenberch nicht so wirklich zum Zug kommt.
Weitere FC Bayern-News lesen:
feed