Schneiders Eingeständnis: Trennung von Wagner "hätte man auch im Sommer vollziehen können"
Von Florian Bajus

Trotz einer sportlich dramatischen Rückrunde 2019/20 wurde David Wagner erst nach dem zweiten Spieltag dieser Saison beim FC Schalke entlassen. Im Interview mit Sportbuzzer wertet Sportvorstand Jochen Schneider diese Entscheidung retrospektiv als Fehler. Gleichzeitig erklärte er, warum er sich für eine weitere Zusammenarbeit mit Wagner entschieden hatte.
In der 14 Monate währenden Amtszeit von David Wagner zeigte der FC Schalke zwei unterschiedliche Gesichter. In der Hinrunde überzeugte Königsblau mit intensivem Pressing-Fußball, der viel Fleiß gegen den Ball und nach Balleroberungen bedeutete. Zur Winterpause rangierte der sich zuvor im Abstiegskampf befindende Verein trotz einer zurückhaltenden Transferpolitik auf dem fünften Tabellenplatz, zudem wurde Borussia Mönchengladbach zum Rückrundenauftakt mit 2:0 bezwungen.
Dass die Mannschaft daraufhin in der Bundesliga 30 Spiele ohne Sieg bleiben sollte, war nicht zu erwarten - doch Schalke wurde in der Offensive immer harmloser und die Abwehr immer löchriger, jegliche Intensität und Kompaktheit ging verloren. David Wagner flüchtete sich in Ausreden, schien kein Mittel gegen die immer tiefere Krise zu finden - dennoch überlebte er die Saison und die Sommervorbereitung.
"Meine Hoffnung war, dass wir die Mannschaft mit David Wagner wieder auf das körperliche Niveau des Vorjahres und damit zurück in die Erfolgsspur bekommen können", begründete Sportvorstand Jochen Schneider die Entscheidung, mit Wagner in die Saison 2020/21 zu gehen. Allerdings blieben jegliche spieltaktische Entwicklungen aus, stattdessen gab der S04 bei der historischen Auftaktpleite gegen den FC Bayern (0:8) ein Armutszeugnis ab.
FC Schalke: Schneider gesteht Fehler bei Wagner ein
In der darauffolgenden Woche verlor die Mannschaft ihr erstes Heimspiel gegen ein kriselndes Werder Bremen, das sich in der abgelaufenen Spielzeit erst in der Relegation gerettet hatte, mit 1:3. Die Niederlage war gleichbedeutend mit Wagners Aus, das nach dem Gastspiel beim FC Bayern offenbar nur noch Formsache war: "Die Auftaktbegegnung in München hat vieles zusammenfallen lassen", sagte Schneider, "dann war der Glaube auf beiden Seiten nicht mehr da, dass wir in dieser Konstellation die Wende schaffen."
Auf die Frage, ob es ein Fehler war, sich nicht in der Sommerpause von Wagner getrennt zu haben, sagte der 50-Jährige: "Mit dem Wissen von heute kann man das so sagen. Nach der langen sieglosen Zeit hätte man die Trennung auch im Sommer vollziehen können." Schneider nimmt die Schuld auf sich: "Mein Ansinnen war ein anderes, die Rechnung ist nicht aufgegangen. Deswegen muss ich das auf meine Kappe nehmen."
Schneider: Gross ist "der Richtige"
Auf Wagner folgte Manuel Baum, nach elf Pflichtspielen wurde jedoch auch der einstige Trainer des FC Augsburg entlassen. Nach zwei Partien unter Interimstrainer Huub Stevens heuerte Christian Gross an, dem 66-jährigen Schweizer sollte am 15. Spieltag schließlich auch der erste Sieg gelingen, als 1899 Hoffenheim mit 4:0 bezwungen wurde. Nach mehreren Fehlgriffen auf dem Trainermarkt glaubt Schneider, mit ihm die richtige Wahl getroffen zu haben: "Christian Gross ist ein hervorragender Trainer, der solche Situationen schon gemeistert hat. Und er ist in der Lage, den Spielern den immensen Druck zu nehmen. Deshalb bin ich überzeugt, dass er der Richtige ist."