Schalke vor dem Revierderby: Die wichtigsten Fragen zum Re-Start
Von Yannik Möller

Am kommenden Samstag steigt das wohl außergewöhnlichste Revierderdy, nämlich unter völligem Ausschluss der Fans. Für Schalke wie Dortmund wird es ein absoluter Kaltstart, kein Team weiß, wo genau es nun zum Re-Start steht. Für den S04 gilt es im Bezug auf das Spiel einige wichtige Fragen zu klären.
1. Ungewöhnliches Geisterspiel-Derby: Wer passt sich eher an?
Spiele ohne Fans, weder im noch vor dem Stadion, sind eine absolute - momentan jedoch notwendige - Ausnahme. Ohne Stimmung das Revierderby zu spielen, wird jedoch nochmal merkwürdiger, als es bei einem "gewöhnlichen Bundesliga-Spiel" der Fall wäre.
BVB-Lizenzspielerchef Sebastian Kehl brachte es in der Welt auf den Punkt: "Es wird nicht darauf ankommen, wer die größere Qualität im Kader hat, sondern darauf, wem es am besten gelingt, sich auf das Spiel und die ungewohnte Situation einzulassen." Dementsprechend stünden "die richtige Einstellung und der richtige Umgang" damit an erster Stelle.
Rein statistisch betrachtet womöglich ein Vorteil für Schalke: Immerhin könnte die so starke Hinrunde der Borussia ins Wanken geraten und man selbst das so wichtige Erfolgserlebnis erzielen.
2. Das Personal: Schalke rechnet mit wichtigen Comebacks
Als der Spielbetrieb zunächst ausgesetzt wurde, litt Schalke unter der Anzahl (wichtiger) verletzter Spieler. Deutlich spürbar waren beispielsweise der Verlust von Suat Serdar und Omar Mascarell. Durch den verzögerten Re-Start jedoch sind einige Spieler wieder fit und einsatzbereit.
Neben Serdar, der im letzten Rückrunden-Derby durch die beiden eingesteckten Fouls von Marco Reus und Marius Wolf eine wichtige Rolle spielte, stehen auch Salif Sané, Daniel Caligiuri und Juan Miranda wieder im Kader.
Ozan Kabak, Mascarell und Benjamin Stambouli werden zwar noch fehlen, dennoch sind die Rückkehrer von großer Bedeutung. Allen voran Serdar, der zu den eindeutig besten Knappen der bisherigen Saison gehörte.
3. Dreier-, Vierer- oder doch Fünferkette?
Obwohl Schalke-Coach David Wagner erst in seiner ersten Saison mit Königsblau steckt, hat er mit seiner Mannschaft schon so manch unterschiedliche Formationen und Systeme bespielt. Am häufigsten lief S04 in der Viererkette auf, entweder für das 4-4-2 oder das 4-2-3-1. Mit beiden Formationen stand der Plan: Frühes und hohes Pressing.
Über den Verlauf der bisherigen Rückrunde war es jedoch auch unterschiedlich. Gegen den FC Bayern im Pokal etwa ließ Wagner aus einer Fünferkette aufbauen, mit drei Innenverteidigern und den zwei Außenverteidigern. Davor wiederum das Vierer-Mittelfeld. Auch eine Art Dreierkette in einer 3-4-3 Anordnung konnte man bereits beobachten.
Gegen Dortmund ist es also völlig offen, aus welcher Abwehr Schalke agieren wird - jede Option ist ebenso denkbar wie möglich. Salif Sané wird dabei voraussichtlich eine bedeutsame Personalie sein, unabhängig der nominellen Anzahl an Verteidigern.
4. Die allgemeine Herangehensweise: Schalke braucht Mut und mehr Offensive
In der Hinrunde hat Schalke vor allem eins stark gemacht: Das disziplinarisch gute Auftreten in Verbindung mit einem mutigen und hohen Anlaufen. Das offensive Spiel hat nicht nur zum Kader gepasst, sondern auch die Fans begeistert.
Davon ist der S04 über die letzten Spiele abgerückt. Das Team zeigte sich eher vorsichtig, eher abwartend und mit einer weniger breiten Brust. Das Resultat in der aktuellen Rückrunden-Tabelle: Acht Spiele, ein Sieg, nur vier geschossene Tore.
Der BVB im Vergleich: Acht Spiele, sieben Siege, satte 27 Tore. Das sind fast siebenmal so viele, wie der Reviernachbar erzielen konnte. Die erfolgreichen Auftritte beim BVB, beispielhaft das letzte 4:2, war auch ein Resultat eines motivierten und mutigen Auftritts. Bislang das beste Rezept gegen Schwarz-Gelb.
5. Die personelle Aufstellung: Alles ist möglich?
Mit der Ungewissheit der taktischen Herangehensweise geht die Ungewissheit bei der personellen Aufstellung einher. Durch die zurückgekehrten Spieler hat David Wagner mehr Auswahl, und das auf so manch wichtiger Schlüsselposition.
Als Rechtsverteidiger etwa könnten sowohl Jonjoe Kenny, als auch Daniel Caligiuri auflaufen. Ersterer hat seinen Job bislang souverän erledigt, Caligiuri hingegen scheint wie gemacht für das Derby. Wie wird Serdar im Mittelfeld eingesetzt? Durch den Ausfall Mascarells muss es einen spielsicheren Sechser geben: Serdar also eher defensiv, oder spielt Weston McKennie? Auch Jean-Clair Todibo könnte aus der Verteidigung eine Position hochrutschen.
Interessant wird es vor allem im Sturm. Kein Offensiv-Spieler ist verletzt, alle sind fit und einsatzbereit. Zwischen den Rollen und Spielarten von Guido Burgstaller und Benito Raman etwa liegen gefühlt Welten. Rabbi Matondo könnte viel Geschwindigkeit einbringen, Ahmed Kutucu seinen ersten Startelfeinsatz in der Liga-Saison feiern. Eine offene Angelegenheit, die mit viel Neugier, aber auch mit einer gewissen Portion Misstrauen begutachtet werden wird.