Schalke-Scouting tritt auf der Stelle - Exemplarisch: Die Rechtsverteidiger-Suche

Jochen Schneider und Michael Reschke: Eigentlich müsste ihre Zusammenarbeit florieren
Jochen Schneider und Michael Reschke: Eigentlich müsste ihre Zusammenarbeit florieren / TF-Images/Getty Images
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Sehr knappe Kassen auf Schalke bei gleichzeitigem Bedarf, wichtige Stellen im Kader zu besetzen und andere zu verbessern. Eine Notlage, in der ein gutes wie weitflächiges Scouting ins Rampenlicht treten kann. Dass es das nicht macht, ist zum einen zwar noch verständlich, andererseits auch alles andere als professionell.

Über die letzten Jahre galt der Scouting-Bereich als die Achillesferse von Schalke 04. Ein umfassendes Netzwerk mit sehr gut ausgebildeten Beobachtern soll es keineswegs gegeben haben, so war es immer wieder im Umfeld des Klubs zu hören. Oftmals, so berichtete der Flurfunk, wurden in Computer-Systeme einfach bestimmte Aspekte eines geforderten Spielers eingegeben (Altersspanne, Position, Attribute usw.), woraufhin dann Namen ausgespuckt wurden. Professionell ist anders.

Mehr Professionalität ist gefragt: Auf Schalke vor allem im Scouting-Bereich
Mehr Professionalität ist gefragt: Auf Schalke vor allem im Scouting-Bereich / DeFodi Images/Getty Images

Schalker Scouting seit Jahren nicht professionell umgesetzt: Reschke mit viel Arbeit

Speziell in diesem Sommer wäre es eine Paradedisziplin für ein gutes und funktionierendes Scouting gewesen, die Kaderprobleme des S04 anzugehen. Wenig Geld, gleichzeitig aber nicht wenig Handlungsbedarf. Das heißt logischerweise, dass für möglichst wenig Geld möglichst gute (Perspektiv-)Spieler entdeckt und verpflichtet werden müssten. Dass das nicht passiert ist, ist Kaderplaner und Scouting-Profi Michael Reschke allerdings noch nicht anzulasten.

Der Perlentaucher, so wird Reschke nicht selten genannt, hat vor etwa einem Jahr den Job als Kaderplaner und Technischer Direktor auf Schalke übernommen. Zu seinen Aufgaben, die er freiwillig im ruhigen Hintergrund des Klubs erledigt, gehört es auch, den Scouting-Bereich auf neue Beine zu stellen.

Vorweggenommen: Ein solches Netzwerk bei einem neuen Verein aufzubauen, es ans Laufen zu bekommen und dann von der Arbeit zu profitieren, das ist keine Arbeit von wenigen Monaten.

Michael Reschke muss auf Schalke viel verändern
Michael Reschke muss auf Schalke viel verändern / DeFodi Images/Getty Images

Vielmehr ist die aktuelle Situation eine Bestätigung für die Befürchtungen der letzten Jahre, in welch vergleichsweise desolatem Zustand sich dieser Bereich beim S04 befunden hat. Exemplarisch dafür steht die aktuelle Suche nach einem Rechtsverteidiger. Timo Becker und Sebastian Rudy wären lediglich Notlösungen, eine etwaige zweite Leihe von Jonjoe Kenny wäre damit schon die beste Option.

Dennoch ist Kritik an dieser Stelle angebracht: Kenny wurde vor einem Jahr vom FC Everton ohne Kaufoption ausgeliehen. Somit ist im Prinzip schon seit mehr als zwölf Monaten klar, dass es spätestens im Sommer 2020 einen neuen Rechtsverteidiger braucht. Seit über einem Jahr ist das klar und trotzdem ist die S04-Führung so verzweifelt und ohne weitere Optionen, dass bei den Toffees um eine neue Leihe gebettelt werden muss. Das kann kein Standard für die Bundesliga sein.

Augsburg zeigt Schalke, wie es geht

Der FC Augsburg macht dagegen vor, wie es gehen muss: Am gestrigen Mittwoch bestätigte der Klub, dass man sich Robert Gumny ins Boot geholt hat. Passenderweise ist er ein Rechtsverteidiger, 22 Jahre alt und hat zuvor für Lech Posen in der polnischen Liga gespielt. Der U21-Nationalspieler gilt als großes und sehr komplettes Talent. Der FCA stattete ihn mit einem Vertrag bis 2025 aus und hat somit einen hierzulande unbekannten, aber starken Spieler mit Weitsicht verpflichtet. Kostenpunkt: Schlappe zwei bis drei Millionen Euro.

U21-Nationalspieler Robert Gumny läuft nun für Augsburg auf
U21-Nationalspieler Robert Gumny läuft nun für Augsburg auf / TF-Images/Getty Images

Eine solche Verpflichtung hätte Schalke längst vorweisen müssen, denn nur so kann eine Mannschaft aufgebaut werden, die nicht nur sportlich helfen kann, sondern die sich auch finanziell und perspektivisch weiterentwickelt. Das ist ein Aspekt, den auch Königsblau akzeptieren, verinnerlichen und umsetzen muss. Auf der Ebene der Knappenschmiede passiert das in den letzten Monaten zwar auf einem sehr ordentlichen Level - aber das ist Zukunftsmusik für in drei, vier Jahren. Das ist ebenso wichtig, aber sicherlich nicht der Maßstab eines so großen und stolzen Bundesligisten wie Schalke 04.