Schalke nur noch mit regionalen Spielern? Bitte nicht als Priorität!

Jens Buchta hat quasi eine neue Transfer-Politik angekündigt
Jens Buchta hat quasi eine neue Transfer-Politik angekündigt / Pool/Getty Images
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Bei der Vorstellung von Peter Knäbel als nun richtiger Sportvorstand auf Schalke erklärte der Aufsichtsrats-Vorsitzende Jens Buchta, künftig wolle man vermehrt auf Transfers wie bei Danny Latza setzen. Ein "Typus Spieler" aus dem eigenen Umfeld, mit regionaler Verbindung und einem guten Charakter. Diese Zielsetzung mag an sich lobenswert sein, als Priorität geht sie aber in eine falsche Richtung.


Der Dienstag war mal wieder ein spannender Tag rund um Schalke 04. Endlich, nach gefühlt vier, fünf Monaten wurde der neue Sportvorstand und damit feste Nachfolger von Jochen Schneider bekanntgegeben. Schlussendlich fiel die Wahl des Aufsichtsrates auf die interne Lösung, die schon dieser Tage als nahezu unausweichlich galt: Peter Knäbel.

Bei der Vorstellungs-Pressekonferenz erklärte Jens Buchta, der Vorsitzende des Aufsichtsrates, es habe mehrere Punkte gegeben, die eindeutig für eine feste Fortführung der Arbeit mit und durch Knäbel sprechen. Dabei thematisierte er auch den bevorstehenden Transfer von Danny Latza, der 13 Jahre bei S04 (schon in der Jugend) verbrachte und im Sommer ablösefrei von Mainz 05 kommen wird.

Buchta lobt Latza-Verpflichtung als Beispiel einer neuen Transfer-Politik

Dabei lobte Buchta diesen Transfer nicht nur einfach. Er sprach ihn explizit als ein Beispiel für eine künftig auch generell anvisierte Transferpolitik an: "Das geht genau in die Richtung, wie wir uns als Aufsichtsrat das Schalke der Zukunft vorstellen. Nämlich das Setzen auf einen bestimmten Typus von Spielern, die idealerweise aus dem eigenen Umfeld kommen und die den richtigen Charakter mitbringen, um Schalke in der kommenden schweren Zeit, die vor uns steht, weiterzuhelfen."

Ein Statement, das nicht nur für Debatten in den sozialen Netzwerken sorgte, weil Buchta ohnehin eine zuletzt oftmals und stark kritisierte Figur war. Spätestens aufgrund des Umgangs mit einem potenziellen Engagement Ralf Rangnicks, schon zuvor wegen des ewig ausbleibenden Handelns zwecks der Entscheidungen von Jochen Schneider, beispielsweise beim Thema Trainer-Suche.

Dazu ist es auch eine Aussage, die nicht nur einfach als typisches Loben eines ersten Transfers des neuen Sportvorstands interpretiert werden darf. Der Vorsitzende des Kontrollgremiums hat de facto eine Idee und Vision erklärt, wie künftig die Verpflichtungen gestaltet werden sollen. Natürlich nicht alle und ohne Ausnahme, das wäre schlichtweg nicht umsetzbar - aber eine Priorität wird es geben.

Und eben diese Priorität ist kein Weg, der Schalke in Zukunft helfen wird. Auch völlig von der Personalie Latza losgelöst, der - unter gewissen Umständen - eine wichtige Stütze in der kommenden Saison in der 2. Bundesliga sein kann.

Regional als Trend auf Schalke - eine Transfer-Priorisierung, die schnell nach hinten losgehen könnte

Regional ist besser, das scheint in Gelsenkirchen also nicht mehr nur im Supermarkt um die Ecke der Trend zu sein, sondern auch in der Geschäftsstelle von Königsblau. Selbstredend ist es auch für die Fans ein tolles Zeichen, wenn Spieler mit eigener S04-Vergangenheit (wieder) in blau und weiß spielen. Ebenso ist es wichtig, dass die Spieler einen "richtigen Charakter" haben.

Das ist aber kein Alleinstellungsmerkmal, auf das sich eine Priorität beim Verpflichten von neuen Spielern aufbinden lässt. Genauso wie es kein Alleinstellungsmerkmal ist, zu kämpfen oder zu malochen, wie es bei S04 seit Jahren immer wieder angesprochen wird, sodass es vielen Anhängern längst aus beiden Ohren wieder raus kommt.

Niemand möchte behaupten, dass es derartige Akteure in einer Mannschaft nicht braucht. Eher das Gegenteil ist der Fall: Profis, die den eigenen Klub und das Umfeld kennen, wissen, wie wichtig das alles für die Fans ist - insbesondere bei den Knappen - und die als (erfahrene) Führungsfigur auf dem Platz agieren können; derartige Spielerprofile werden immer gebraucht.

Aber nochmals: Daraus eine Priorisierung zu machen für einen Verein, der zwangsweise ganz dringend auch auf eine Wertsteigerung des eigenen Teams und der einzelnen Spieler angewiesen ist, um sie später gewinnbringend zu verkaufen, das kann nach wenigen Jahren in die Hose gehen.

Interessant zu beobachten ist auch, dass dies der völlig gegensätzliche Ansatz zu sein scheint, wie Rangnick ihn auf Schalke verfolgt hätte. Verschiedenen Medienberichten zufolge war sein Plan, eine sehr junge Mannschaft zusammenzustellen, die vor allem Zukunft hat. Diese auszubilden, mit ihr den schnellen Aufstieg zu schaffen und so schon im kurzfristigen Prozess eine mittel- bis langfristige Perspektive aufzubauen.

Ralf Rangnick
Ralf Rangnick hätte auf Schalke wohl einen sehr gegenteiligen Ansatz verfolgt / JOHN MACDOUGALL/Getty Images

Das wäre im Einklang mit vielen guten Kontakten und der groben Umstrukturierung des Scouting-Netzwerks bei S04 denkbar gewesen. Möglichst früh die jungen Talente entdecken, die übermorgen zu den Youngsters der Bundesliga zählen könnten. Natürlich ein weltweites Konzept, das nicht funktioniert, wenn man sich vorrangig auf die Umgebung vor der eigenen Haustür konzentriert.

Welcher Weg der richtige, der erfolgreichere ist - man wird es aufgrund des fehlenden Vergleichs nicht erfahren. Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis. Dazu kann sich jeder eine Meinung bilden.

Und "nur" eine höhere Durchlässigkeit von der Knappenschmiede hin zur Profi-Mannschaft, auch das meinte Buchta nicht. Das war nämlich ein Thema, das gesondert nochmal angesprochen und vor allem seitens Knäbel ausgeführt wurde. Es geht explizit darum, sich primär mit Spielern zu beschäftigen, die "aus dem eigenen Umfeld" kommen.

Dieser Plan verdient den "benefit of the doubt"

Auch hier gilt es fairerweise anzumerken: Wie genau das in der Umsetzung der Kaderplanung aussehen wird, bleibt noch abzuwarten. Allerdings wird Knäbel diesen Weg mindestens unterstützen, wenn nicht gar vor sich her tragen. Sonst wäre er seitens des Aufsichtsrats, der diesen Weg gehen möchte, nicht zum Sportvorstand ernannt worden - übrigens ohne eine Vertragslaufzeit zu nennen.

Eine Priorisierung in der Transferpolitik ist immer sehr schwer und kompliziert. Das gilt ausdrücklich einerseits für die interne Umsetzung, wie andererseits für das Verstehen eben jener von außen.

Im Grunde sollte es bei der Suche nach Spielern und dem Zusammenbau einer Mannschaft darum gehen, sie der anvisierten Spielphilosophie nach zu finden. Der Philosophie des Vereins, nicht eines einzelnen Trainers. Das ist aber wieder ein anderes, sehr kompliziertes Thema, denn eine solche grundsätzliche Philosophie hat Schalke überhaupt nicht. So kommt es immer auf den Trainer an, der gerade im Amt ist, welche Spielertypen kommen.

So passiert auch eine nachteilige Zusammensetzung eines Kaders. Viele Trainer innerhalb kurzer Zeit, die keiner gemeinsamen Idee folgen, sondern immer wieder andere Spieler bevorzugen und diese dann holen lassen. Früher oder später passt dann kaum noch etwas zusammen. Das ist aber ein Thema für ein anderes Mal. Vorerst bleibt festzuhalten: Sich vorrangig nur auf regionale Spieler oder gar Rückkehrer zu fokussieren, das ist schon mittelfristig keine nachhaltige und gute Idee.