Schalke-Leihgabe Ranftl: Wie schlägt er sich in Österreich?
Von Yannik Möller
Im Sommer haben Reinhold Ranftl und Schalke 04 entschieden: Eine zwischenzeitliche Rückkehr nach Österreich ist für alle Beteiligten die beste Option. Seitdem spielt der Rechsverteidiger leihweise für Austria Wien. Wie schlägt er sich und wie hat er seine schwierige S04-Phase überstanden?
Im Sommer 2021 wurde Reinhold Ranftl seitens Schalke für um die 700.000 Euro verpflichtet. Zum damaligen Zeitpunkt wurde er als eine Art Flanken-Monster angepriesen. Immerhin hatte er über seine Jahre im österreichischen Fußball nachweislich viele Flanken geschlagen, die auch nicht allzu selten die Teamkollegen im Angriff gefunden haben.
Er sollte auf der rechten Seite den gleichen Einfluss haben, den Thomas Ouwejan auf links hatte. Und genau davon sollte vor allem Simon Terodde profitieren.
Die Realität jedoch war eine andere: Ranftl kam nie wirklich bei Königsblau an. Seine Leistungen waren schon zu Saisonbeginn eher schlecht als recht. Schnell verlor er seinen Stammplatz, obwohl er als Stammspieler angedacht war. Zwar sprach ihm Dimitrios Grammozis zwischendurch immer mal wieder das Vertrauen aus, doch zumeist war er entweder die Nummer zwei oder gar drei bei den Rechtsverteidigern.
Insbesondere im letzten Drittel der Saison spielte er gar keine Rolle mehr. Eine Phase, die ihm damals auch mental zu schaffen machte. Anstatt als starker Außenverteidiger aufzuspielen, konnte sich Ranftl nicht mehr durchsetzen.
Notwendiger Cut im Sommer: Ranftl kehrte wieder nach Österreich zurück
Entsprechend logisch war die Entscheidung im Sommer, ihn auszuleihen. Es war leider vorhersehbar, dass er in der Bundesliga ebenfalls keine Rolle spielen würde. Dafür brauchte es erst einmal einen zwischenzeitlichen Tapetenwechsel - zurück nach Österreich.
Die aktuelle Saison verbringt er bei Austria Wien. Die Leihe läuft bis zum nächsten Sommer. Allerdings gibt es auch eine Kaufoption, die einen festen Verbleib ermöglichen würde. Doch wie schlägt sich der 30-Jährige überhaupt?
"Ranftl ist der Dauerläufer bei der Wiener Austria. Das gilt für ihn nicht nur, weil er mit großer Kondition die rechte Seite auf und ab läuft, sondern auch aufgrund seiner Einsätze: Ranftl war nicht nur dabei, sondern immer im Einsatz", zog Alexander Huber, der für den österreichischen Kurier schreibt, im Austausch mit 90min ein erstes positives Fazit.
Dabei verwies er vor allem auf die bisherigen Leistungsdaten: In jedem einzelnen der 27 Pflichtspiele stand er nicht nur auf dem Platz, sondern auch in der Startelf - und ausgewechselt wurde er so gut wie nie. Nur beim letzten, allerdings bereits bedeutungslosen Conference-League-Spiel sowie bei einer Pokalpartie gegen ein Amateur-Team im Sommer spielte er 'nur' die erste Halbzeit.
Für Austria ist Ranftl deshalb ein richtiger Glücksgriff, wie Huber erklärte: "Durch diese außergewöhnliche Konstanz konnte Austria-Trainer Schmid das größte Problemfeld im Kader besser ausgleichen: Aufgrund von Verletzungen stand kein gelernter Linksverteidiger zur
Verfügung. Ranftl und Marvin Martins waren als Besetzung für die rechte Seite eingeplant. Da
Ranftl – untypisch für einen Europacup-Herbst – kein Backup benötigte, konnte Martins dauerhaft links aushelfen."
Österreich-Rückkehr kein Rückschritt: Ranftl zeigt sich nach Form- und Mentaltief engagiert
"Mit seinem einsatzfreudigen Spiel ließ Ranftl nie den Eindruck aufkommen, dass seine Rückkehr aus Gelsenkirchen ein großer Rückschritt gewesen wäre", so Hubers Eindruck.
Allerdings: Seine Stärken aus seiner vorigen Zeit in Österreich, nämlich seine Flanken und die direkten Torvorlagen, konnte er bisher so gut wie gar nicht einbringen. Weder in der Liga, noch international gab es einen Assist für ihn. Die einzigen Vorlagen gab es gegen zwei Amateur-Mannschaften im heimischen Pokalwettbewerb.
Ein Nachteil, der sich bereits auf Schalke zeigte. Eigentlich sollte er, sogar noch eher als Ouwejan, für die Flanken und Hereingaben zuständig sein. Stattdessen wurde das S04-Spiel in der Zweitliga-Saison sehr linkslastig, weil nur sein niederländischer Counterpart auf links funktionierte.
Getroffen hat Ranftl aber schon - auch wenn Wien im weiteren Saisonverlauf etwas Probleme bekam: "Seine beiden Tore gelangen kurioserweise innerhalb von sechs Tagen - noch im Sommer. Im Herbst war die Unsicherheit, die nach vielen Ausfällen und den ungewohnten Europacup-Strapazen die Austria-Mannschaft schwächte, auch bei Ranftl zu erkennen."
Gute Leistungen und eine wichtige Rolle: Bleibt Ranftl im Sommer gleich bei Austria?
Da der Rechtsverteidiger nur ausgeliehen ist, stellt sich im Hinblick auf die Rückrunde und den Sommer zwangsweise die Frage nach der etwaigen Rückkehr. Immerhin könnte Schalke erneut absteigen. Dann wäre ein kostenfreier 'Neuzugang' gewiss nicht verkehrt.
Allerdings scheint Königsblau mit Ranftl abgeschlossen zu haben. Und er selbst könnte durch die Kaufoption auch gleich in Wien bleiben.
Ein Szenario, das Huber auch für wahrscheinlich hält: "Da Ranftls Spielerberater-Agentur mittlerweile prozentuell an der Austria beteiligt ist und Jürgen Werner, der neue starke Mann bei den Violetten, früher beim LASK gemeinsam mit Ranftl erfolgreiche Zeiten hatte, scheint ein Verbleib über den Sommer hinaus realistisch."
Allerdings sei es "unklar, ob die Kaufoption genutzt werden kann", da die Wiener auch von finanziellen Sorgen geplagt werden. Es wäre wohl auch nicht auszuschließen, dass ein potenzieller Verkauf neuverhandelt wird.
Eine Rückkehr nach Gelsenkirchen sieht Huber derweil nicht mehr. Insbesondere dann nicht, wenn der Bundesliga-Verbleib doch noch erreicht wird: "Sollte Schalke den Klassenerhalt schaffen, wäre ein Comeback von Ranftl bei den Königsblauen eine Überraschung: Selten hat ein erfahrener Spieler, der in der 2. Liga nicht funktioniert hat, dann noch den Schritt in die 1. Liga erfolgreich geschafft. Die Austria hätte sicher nichts gegen eine zweite Saison von Ranftl in Violett einzuwenden."
So kann bislang ein positives Fazit zur Leihe gezogen werden - und zwar im Sinne aller Parteien. Schalke vermisst Ranftl nicht und kann das Gehalt einsparen. Der Außenverteidiger hat sich eine Stammspieler-Rolle erkämpft, in der er gute Leistungen bringt. Und die Austria konnte eine Lücke schließen, während sogar ein Verbleib über die Leihe hinaus denkbar erscheint.