Schalke mit vier Siegen aus fünf Spielen - Punkte gut, alles gut?
Von Yannik Möller
Schalke konnte aus den letzten fünf Liga-Partien ganze vier Siege erringen. Durch die Punkteausbeute konnte Königsblau an die Tabellenspitze aufschließen, man spürt die gute Stimmung. Läuft also endlich alles super in Gelsenkirchen - oder täuscht die Punkteausbeute etwas?
Nach dem neunten Spieltag in der 2. Bundesliga steht Schalke 04 auf dem vierten Tabellenplatz. Nur ein Punkt trennt den Klub von der Top drei, drei Zähler Abstand sind es bis zur Spitze. Was schon sehr ordentlich klingt, wird durch einen sehr guten Trend untermauert: aus den letzten fünf Spielen konnten ganze vier gewonnen werden.
Seit Ende August (3:1-Sieg gegen Fortuna Düsseldorf) haben die Knappen also einen Punkteschnitt von 2,4 pro Spiel aufzuweisen. Eine gute Quote, die über einen längeren Zeitraum den erhofften Aufstieg zwangsweise in Reichweite bringen würde.
Nach dem letzten Sieg, dem 3:0-Heimerfolg gegen den FC Ingolstadt, konnte noch eine Beobachtung gemacht werden: die Stimmung in und rundum die Mannschaft scheint ziemlich gut zu sein. Erneut, wie schon in den Wochen zuvor, wurde zusammen gejubelt. Grüppchen sind keine zu erkennen. Insbesondere nach der vergangenen Saison ein von den Fans geschätzter Faktor.
Schalke siegt primär durch individuelle Klasse und etwas Fortune
Nach dem durchwachsenen Start in diese Spielzeit gibt es also eine gute Stimmung und eine zuletzt sehr gute Punkteausbeute. Wer aber über den Tellerrand hinausgucken möchte, und das ist alleine schon aus der Erfahrung bei S04 dringend geboten, muss sich eine wichtige Frage stellen: Punkte gut, alles gut?
Die Antwort ist nein. Natürlich ist nicht alles gut, nur weil viele der letzten Partien gewonnen wurden. Schon ein genauerer Blick auf diese Spiele zeigt: es ist nicht alles Gold, was glänzt.
Die letzten beiden Dreier wurden gegen zwei Aufsteiger geholt. Sowohl Rostock als auch Ingolstadt kamen aus der dritten Liga. Letztere sind sogar Tabellenschlusslicht, haben gerade einmal sechs Tore erzielt, dafür jedoch satte 23 Gegentore hinnehmen müssen (Ligahöchstwert). Von Hansa wurde Schalke in Halbzeit eins spielerisch fast erdrückt. Beide Tore beim 2:0-Auswärtssieg kamen so gut wie aus dem Nichts.
Ein ähnliches Bild zeichnete sich gegen Düsseldorf. Erst gerieten die Knappen in Rückstand, konnten diesen aber zum 2:1 drehen. Anschließend hatte die Fortuna mehrere sehr gute Gelegenheiten auf Remis zu stellen. Ralf Fährmann und eine Portion Fortune (welch Ironie...) verhinderten das, ermöglichten zugleich den 3:1-Siegtreffer von Simon Terodde. Ein Spiel, das genauso gut hätte anders ausgehen können.
Bleibt noch der 1:0-Erfolg gegen den SC Paderborn. Ebenfalls ein Spiel, das gut und gerne auch im Unentschieden hätte enden können. Wieder einmal überzeugte S04 spielerisch nicht wirklich. Die eine Großchance, die die Gäste mehr hatten als die Gastgeber, entschied schlussendlich die Partie.
Dieser Blick auf die vier angesprochenen Siege ist auch nicht zu kritisch oder pessimistisch. Er ist viel mehr realistisch und zeigt auf, dass vier Siege nicht unbedingt auch entscheidende Schritte nach vorne sein müssen, die Stabilität bringen.
Und diese Stabilität ist das zweite Stichwort, das etwas Salz in die Zwölf-Punkte-Suppe streut. Diese Siege, die Schalke in den letzten Wochen eingefahren hat, waren oftmals glücklich und sie hätten auch anders enden können. Meistens waren sie zugleich aber nicht unverdient. Das wiederum lag aber nicht an der tollen, überlegenen Spielweise. Primär war viel mehr die individuelle Qualität dafür verantwortlich. Keiner steht so sehr für diesen Aspekt wie Terodde.
Auch hier nicht falsch verstehen: selbstverständlich stellt man sich einen Kader zusammen, der möglichst gut ist, um eben auch einfach besser zu sein. Völlig logisch. Diese Abhängigkeit von der Klasse einzelner Spieler ist zugleich aber auch gefährlich. Haben Terodde, Thomas Ouwejan und Ko Itakura einen schlechten Tag, gibt es so gut wie keine Grundlage, auf die das Team guten Gewissens zurückfallen kann.
Das Problem dabei: noch immer ist unter Dimitrios Grammozis kein spielerischer roter Faden erkennbar. Vor allem offensiv besteht nach wie vor das Problem, dass nur sehr wenige Großchancen herausgespielt werden. Falls das mal passiert, so ist es zumeist aufgrund von Einzelaktionen. Auch im Spielaufbau gibt es noch öfters gewisse Unstimmigkeiten, die Gefahr bringen.
Das ist nicht nur langfristig ein Problem. Schon im weiteren Saisonverlauf wird es schwierige Phasen für Königsblau geben. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Und allerspätestens dann, vermutlich schon zwischendurch, bräuchte es eben jene Grundlage. Ist diese nicht gegeben und gewisse Spieler haben einen schlechten Tag - oder schlimmer noch, sie fallen verletzt aus - sieht es dunkel aus.
Siege nicht klein reden, aber auch nicht alles überschatten lassen
Von daher sind diese vier Siege aus fünf Spielen auch nur das, was sie sind: eine sehr gute Momentaufnahme, die es Schalke ermöglicht hat, wieder den Anschluss an die Tabellenspitze zu finden. Will man sich dort festsetzen, dann auch noch aufsteigen, und dann anschließend nicht direkt wieder absteigen, muss nochmal die ein oder andere Schippe draufgelegt werden.
Diese Warnung ist wichtig und sollte nicht unterschätzt werden. Auch wenn viel gewonnen wird, darf und sollte wenn nötig kritisiert und gemahnt werden. Gleichzeitig soll sie die Freude über den punktetechnischen Aufschwung aber auch nicht mindern.
Hin und wieder wird auch glücklich, oder gar unverdient gewonnen. Es sollte nur gewährleistet sein, dass die so wichtigen Punkte nicht bloß zustande kommen, weil die Kombination Ouwejan-Terodde mal wieder funktioniert hat. Und über diesen Punkt ist Schalke noch immer nicht hinweggekommen.