Beispiel der verfehlten Planungen auf Schalke: Wieso die Ludewig-Leihe schief ging
Von Yannik Möller
Zum Ende der letzten Sommer-Transferperiode holte Schalke den jungen Rechtsverteidiger Kilian Ludewig für ein Jahr nach Gelsenkirchen. Die Leihe war damals ebenso überstürzt und notwendig, wie sie schlussendlich nicht funktioniert hat. Vor allem wegen einer Menge Pech, dafür für beide Seiten.
Last-Minute-Leihe von Ludewig als falscher Hoffnungsträger - weil Schalke ohne Rechtsverteidiger plante
Wenn man über die Zeit von Kilian Ludewig bei Schalke 04 sprechen möchte, muss man noch einige Wochen vor seiner Leihe anfangen. Es läuft die Sommervorbereitung. S04, noch immer mit der Sieglos-Serie aus der vorigen Rückrunde belastet, hat weder Geld noch einen Rechtsverteidiger. Die einzigen beiden Optionen sind Timo Becker und Sebastian Rudy.
Becker, der Innenverteidiger (!), der vor seinem Einstand bei den Profis nur in der Regionalliga aufspielt. Und der 16-Millionen-Rudy, den David Wagner als den Besten "in diesem Kader für die Rechtsverteidigerposition" betitelt - notgedrungen, versteht sich.
Ganz deutlich gesagt: Zu diesem Zeitpunkt, den gesamten Sommer über und bis zum Start dieser Saison, plant Schalke mit Sebastian Rudy als einzigem Rechtsverteidiger. Für eine ganze Spielzeit.
Wenige Wochen später ist Wagner freigestellt. Manuel Baum kommt, er soll die zu diesem Zeitpunkt bereits kaputte Mannschaft retten. Zeit ist theoretisch noch genug da.
Apropos Zeit: Es ist der letzte Tag des verlängerten Transferfensters. Es braucht, das hat sich keineswegs überraschend gezeigt, noch einen gelernten Rechtsverteidiger. Nur weil Baum Kilian Ludewig persönlich aus der U-Nationalmannschaft kennt, hat S04 überhaupt noch diese Option.
Ludewig wird also für ein Jahr ausgeliehen und ist plötzlich der einzige Außenverteidiger für die rechte Seite. Rudy ist wieder bei der TSG Hoffenheim. Somit bleibt ein 20-Jähriger, der nicht einen Tag der Vorbereitung mitgemacht hat, der in ein völlig dysfunktionales Umfeld kommt und selbst noch keine richtigen Profi-Erfahrungen hat sammeln können, als letzte Option. Ein großer Fokus und dadurch Druck, der auf ihm lastete.
Ludewig zeigte sich engagiert und willens, Schalke zu helfen - gereicht hat es nicht
Neben dem Druck kommen die ersten Einsätze. Ludewig, in dieses riesige Umfeld und im Anblick des drohenden Abstiegs völlig ins kalte Wasser geworfen, bemüht sich sehr. In keinem einzigen Spiel ist ihm fehlender Einsatz, fehlender Wille abzusprechen. Wenn er sich in einen Zweikampf werfen kann, tut er das auch ohne zu zögern.
Insgesamt lässt sich aber sagen: Es reicht einfach nicht. Der junge U-Nationalspieler Deutschlands wirkt immer mehr ermüdet und überspielt. Die Kombination aus der fehlenden Vorbereitung und der großen Drucksituation, sowohl für ihn persönlich aber auch für das gesamte Team, machen sich bemerkbar.
Ein Effekt, der weder überraschend noch ihm vorzuwerfen ist. Natürlich leiden auch die Leistungen darunter. Fehler werden mehr und kritischer beäugt. Dass ihm durch seine Teamkollegen nicht geholfen werden kann, tut sein Übriges. Es kommt, wie es kommen muss: Nach sechs Startelf-Einsätzen hintereinander findet sich Ludewig erstmals auf der Bank wieder. Erst Malick Thiaw, dann Benjamin Stambouli ersetzen ihn auf rechts.
Das letzte Spiel im S04-Trikot macht der inzwischen 21-Jährige Ende November, bei der 1:4-Niederlage gegen Borussia Mönchengladbach. Bei den übrigen vier Partien bis Weihnachten, nur noch drei davon betreut sein Ansprechpartner Baum, sitzt er auf der Bank. Dass er seitdem gar nicht mehr gespielt hat, liegt an einem hartnäckigen Mittelfußbruch. Zugezogen vermutlich im DFB-Pokalspiel gegen den SSV Ulm.
Somit bleibt es in einer Saison bei sechs Einsätzen in der Bundesliga und zwei weiteren im Pokalwettbewerb. Allesamt ehrgeizige Minuten, in dieser Richtung kann man dem Youngster von RB Salzburg, der zuvor für den FC Barnsley in der zweiten englischen Liga auflief, nichts vorwerfen. Qualitativ aber auch in keinem Bereich, der Schalke aus der Abstiegszone bringen konnte.
Schalke mal wieder ein hartes Pflaster für Spieler, die sich entwickeln wollen
Somit endet nun mal wieder eine Leihe von Schalke als Desaster. So hart muss man es wohl formulieren. Ludewig hat zwar das Vertrauen von Baum ausgesprochen bekommen, aber insgesamt viel zu wenig Einsätze, als er es sich erhofft haben wird. Die lange Verletzung hat ihn völlig rausgeworfen, sodass er noch einige Zeit brauchen wird, um in Spielen wieder richtig einsatzbereit zu sein.
Auch für Schalke ist dieser Versuch nicht aufgegangen. Der ursprünglich große Fehler, gänzlich ohne echten Rechtsverteidiger in die Saison zu gehen, hat allen Parteien geschadet.
Mal wieder hat sich gezeigt, dass Königsblau für junge Spieler ein sehr hartes Pflaster sein kann. Ja, die Durchlässigkeit aus der Knappenschmiede heraus ist intakt. Aber hat sich aufgrund der niedrigeren Qualität kaum ein Jugendspieler richtig bei den Profis durchsetzen können, und durch die zahlreichen Krisen, die sportlichen Abstürze und die fehlende Spielphilosophie scheint es für Youngster immer schwieriger zu werden, auf, von und mit Schalke zu profitieren.
Die Leihe von Ludewig hat dies erneut unter Beweis gestellt. Für das große Puzzle, das zusammengesteckt diese Saison mitsamt des Abstieges darstellt, war sie zwar nur ein kleines von sehr vielen Teilen. Aber ohne jedes einzelne Teil wäre ein Puzzle nun einmal nicht vollständig. Der junge Spieler selbst ist leider ein Verlierer dieser Leihe.
Für ihn bleibt zu hoffen, dass Manuel Baum mit seinen Worten als ehemaliger U-Nationalcoach recht behält, was seinen jungen Außenspieler betrifft. Er sagte 2019 über ihn: "Wenn er mal erfahrener wird, wird das ein Granatenfußballer. Der ist schnell, der ist kopfballstark, der ist technisch gut. Ich weiß gar nicht, was ich noch alles aufzählen soll."