Schalke-Legende Klaus Fischer mit offenem Brief an die Fans: "Warum haben wir nicht Funkel geholt?"
Von Christian Gaul
Nachdem der Abstieg des FC Schalke 04 nun auch rechnerisch nicht mehr abzuwenden ist, meldet sich mit Klaus Fischer eine echte Legende zu Wort. In einem offenen Brief an die Fans kritisiert der 71-Jährige nicht nur die Versäumnisse der Vergangenheit, sondern fordert er alle Beteiligten insbesondere auf, sich wieder auf grundlegende Tugenden zu besinnen.
Fischer prägte die 70er-Jahre der Schalker. Über eine Dekade stand der Stürmer für Königsblau auf dem Feld und sammelte 210 Tore in 334 Partien für die Knappen. Den nun amtlichen Abstieg kommentiert der ehemalige deutsche Nationalspieler mit einem offenen Brief, der über den Sportbuzzer verbreitet wird. Darin kritisiert der Ur-Malocher besonders die fehlende Fitness der Mannschaft und stellt die Frage, wieso man nicht den nun in Köln angestellten Friedhelm Funkel als Trainer verpflichtete.
Fans hätten Schalke gerettet - es geht nur über den Kampf wieder aufwärts!
"Noch vor zwei Jahren haben wir in der Champions League gespielt. Und jetzt? Geht es in die 2. Liga. Den Spielern fehlte der Wille zum Kampf, die Bereitschaft für die Bundesliga alles zu geben und deshalb steigen wir in dieser Saison ab. Die Spieler haben sich nicht für unseren Verein aufgeopfert. Früher waren unsere Spieler noch unter Tage, später haben sie ihre Werte weitergeben. Schalke stand immer für Leidenschaft - davon war in dieser Saison oft nichts zu sehen", lautet das harte, jedoch nachvollziehbare Urteil Fischers.
"Aber ich habe auch gemerkt, dass die Mannschaft nicht fit war und dann bleibt man auf Dauer eben ohne Erfolg. Nur über die Fitness kommt der Kampf. Irgendwann war auch das letzte Selbstvertrauen weg und du bist nicht mehr auf die Beine gekommen", nimmt Fischer auch die Vielzahl an Trainern, die Schalke in der jüngeren Vergangenheit verschliss, in die Pflicht.
Besonders verwundert zeigt sich der ehemalige Top-Stürmer, warum ein Kandidat nicht ins Auge gefasst wurde. "Warum haben wir nicht Friedhelm Funkel geholt? Ich bin überzeugt, dass er es gemacht hätte. Und er kennt den Abstiegskampf. So einen hätten wir gebraucht", erklärt Fischer. Die aktuell ansteigende Form der Kölner scheint die Forderung der Legende zu bestätigen.
Ein weiterer Faktor für den Abstieg sind nach Fischers Meinung auch die internen Querelen gewesen, an denen auch die Fans nicht unbeteiligt waren.
"Noch immer bin ich der Meinung, dass Clemens Tönnies nicht hätte vom Hof gejagt werden dürfen. Er hat in 25 Jahren viel für dich getan. Auch Peter Peters und Alexander Jobst haben hingeworfen - schwere Rückschläge. Herr Jobst wurde sogar bedroht. Als ich 1980 gesagt habe, dass ich nach der Saison zum 1. FC Köln wechseln wurde, wurde auch ich bedroht und Eier wurden an meine Tür geworfen. Aber was Herr Jobst durchmachen musste, das geht nicht. Das möchte ich an dieser Stelle deutlich sagen: Das sind keine Schalke-Fans", bezieht sich Fischer auf anonyme Drohungen gegen Jobst und dessen Familie.
Das Fehlen der "wahren" Anhänger in den Stadien ist jedoch laut Fischer auch ein Grund für den Niedergang des Vereins.
"Mit ihnen im Rücken wärst du nicht abgestiegen, mein lieber FC Schalke. Aber sie werden auch in der 2. Liga zu dir stehen, wie sie es immer taten. Ich habe zuletzt mit vielen Anhängern gesprochen, die 50, 60, 70 Jahre deine Spiele besuchen. Sie alle sind todtraurig, die Enttäuschung ist riesig. Aber es sind nicht nur die Gelsenkirchener. Die ganze Region ist traurig. Viele fahren für dich normalerweise mehrere Hundert Kilometer an Heimspieltagen", stellt sich Fischer die Frage, ob die Anhängerschaft - sobald sie denn wieder ins Stadion dürfte - dem FC Schalke treu bleiben wird.
"Das hängt davon ab, wie du dich in der 2. Liga gibst. Wir brauchen eine schlagkräftige, hungrige Mannschaft. Das wird in der 2. Liga nicht einfach - dort wird oft Fußball zum Weglaufen gespielt. Aber jeder in dieser Liga kämpft bis zum Umfallen. Der FC Schalke besitzt weiter eine enorme Strahlkraft. Das wissen auch die Gegner in der 2. Liga. Gegen uns müssen sie erst einmal bestehen! Aber unsere Spieler müssen nächstes Jahr die Zweikämpfe annehmen und gewinnen", fordert Fischer die absoluten Grundtugenden der Schalker DNA zurück.
In Anbetracht der schwierigen wirtschaftlichen Lage des Klubs und der Tatsache, dass vor Schalke bereits viele andere Traditionsvereine durchgereicht wurden, will Fischer auch auf die eigene Jugend bauen.
"Auch wenn wir hohe Schulden haben und Spieler verkaufen müssen: Wir brauchen Schalker, die gewinnen wollen. Ich hoffe, dass es ein paar Jungs aus unserer Jugend zu den Profis schaffen. Wir müssen wieder aufsteigen, sonst droht uns ein Schicksal wie dem 1. FC Kaiserslautern, Hannover 96, dem 1. FC Nürnberg oder Rot-Weiss Essen", nannte Fischer einige Negativ-Beispiele.
Eines sollten jedoch alle, die es mit den Knappen halten, nicht vergessen. "Egal was passiert: Der FC Schalke wird aber nie untergehen", schloss Fischer seinen Appell hoffnungsvoll ab.