Schalkes Elfer-Frust sollte die Leistung nicht kaschieren
Von Yannik Möller
Nach dem 1:1-Remis zwischen Werder und Schalke stand der späte und sehr fragwürdige VAR-Elfmeter im Fokus, noch am Sonntag erhitzt er die Gemüter. Dennoch sollte die Leistung des S04 dadurch nicht kaschiert werden: Erneut trat man viel zu ungefährlich und zu wenig durchdacht auf. Das birgt Gefahren für die kommenden Wochen.
Rouven Schröder nannte es "eine der krassesten Fehlentscheidungen, die ich je gesehen habe". Dimitrios Grammozis meinte (via kicker): "Der Elfmeter war eine absolute Frechheit, wie ich sie noch nie erlebt habe." Natürlich stand die Wut über den fragwürdigen Elfmeter, in der Nachspielzeit von Tobias Stieler in Verbindung mit dem Videoassistenten Christian Dingert gegeben, im Fokus.
Er sorgte dafür, dass das Topspiel der 2. Bundesliga zwischen Werder Bremen und Schalke 04 mit einem 1:1-Remis endete. Niclas Füllkrug verwandelte den Strafstoß in der 98. Minute ganz cool und problemlos. Eine Punkteteilung für beide Teams, die einen Sieg gebraucht hätten, um den Anschluss nach ganz oben zu halten.
Selbstverständlich war die Elfer-Entscheidung aus S04-Sicht ein riesiges Theater. Es zieht aber noch ein Problem mit sich: aufgrund der total verständlichen Emotionalität sprach nach dem Spiel niemand über die Leistung der Knappen. Grob zusammengefasst: erneut trat man offensiv ungefährlich und ohne durchdachten Plan auf.
Schalke ohne Waffen gegen stark angeschlagene Bremer - Elfer-Frust kaschiert erneut schwache S04-Leistung
Keine Frage, den Großteil des Spiels konnten die Gelsenkirchener gut verteidigen. Großchancen wurden in der ersten Halbzeit so gut wie gar nicht zugelassen, größere Sorgen gab es dahingehend nicht. In Halbzeit zwei zog sich Schalke spürbar weiter zurück, ließ die ein oder andere gute Torchance zu - aber weiterhin nichts, wofür man speziell die Abwehr kritisieren müsste.
Die Kritik muss - mal wieder - das Spiel in Ballbesitz treffen. Sowohl vom eigenen Spielaufbau heraus, als auch bei Ballgewinn: S04 dribbelte teilweise los, kam in potenziell gefährliche Zonen, nur um dann wieder die Planlosigkeit aufzuweisen, die schon seit Monaten zu beobachten ist. Wichtige Kombinationen, essenzielle und durchdachte Laufwege, ein Ziehen der Gegenspieler um einen Abschluss zu ermöglichen - erneut Mangelware.
Insgesamt wurden zwei Schüsse abgefeuert, die dann auch auf das Werder-Tor kamen (via Sofascore). Damit dürfte einmal der Abschluss vom eingewechselten Rodrigo Zalazar gemeint sein und der anschließende Kopfball-Treffer von Simon Terodde, der den Abpraller eben jenes Schusses in sein 154. Zweitliga-Tor verwandeln konnte. Das war es dann aber auch schon.
Gegen ein Bremen, das höchst turbulente letzte Tage hatte, dazu eine beinahe schon aus der Not zusammengewürfelte Innenverteidigung auf den Platz schickte und zehn Stunden vor Abpfiff den Trainer verlor, muss mehr bei rumkommen. Natürlich ist der Mit-Absteiger einer der besten Klubs in der Liga - doch der Anspruch muss angesichts des erhofften Aufstiegs und mit dieser Mannschaft sein, derartige Umstände beim Gegner dann auch entsprechend ausnutzen zu können.
Erneut wählte Grammozis die falsche Mittelfeld-Konstellation für die Startelf. Erneut setzte er neben Kapitän Danny Latza, der schon wieder einen gebrauchten Tag erwischte, auf Dominick Drexler. Wie schon gegen Darmstadt musste er diese Entscheidung korrigieren, indem er Zalazar einwechselte. Dieses Mal schon zur zweiten Halbzeit für den gelb-vorgewarnten Victor Palsson.
Auch Zalazar spielte zwar nicht die Sterne vom Himmel, sorgte aber immerhin für eine andere Dynamik und durch das ein oder andere gewonnene Dribbling für wichtigen Raum. Diesen hatte er auch vor seinem Abschluss, der dann zum S04-Treffer führte.
Topspiel-Remis als passendes Resultat - S04 geht ohne Zuversicht in schwere Wochen
Das Unentschieden ging schlussendlich in Ordnung. Weder hätte Königsblau den Sieg verdient gehabt, noch die Bremer, denen es schlussendlich auch nicht gelang, einen Heimerfolg zu erzwingen. Dennoch waren die Gastgeber die spielerisch bessere Mannschaft. Neben dem Elfmeter war die Art und Weise für die Schalker erneut auftraten die zweite Enttäuschung.
Zumal auch nicht vergessen werden sollte, dass das Trainerteam zurzeit aus dem Vollen schöpfen kann. Kein Stammspieler ist verletzt. Salif Sané gehört eigentlich eh kaum noch zum Team, Michael Langer würde nicht spielen und Darko Churlinov, der das Spiel mit Schulterproblemen verpasste, war zuletzt höchstens Einwechsel-Option. Angesichts all dieser Vorzeichen muss mehr kommen, als der berechtigte Frust über den sehr späten und nahezu geschenkten Ausgleich.
Das sind auch keine guten Vorzeichen für die nächsten Wochen. Bremen galt dahingehend als eine Art Vorschau: über die nächsten Spieltage geht es u.a. gegen den FC St. Pauli, den 1. FC Nürnberg und auch noch gegen den HSV. Mannschaften, die nicht deutlich schlechter spielen als Werder - teilweise eher das Gegenteil.
So wurde es kein Spiel, über das Schalke Hoffnung in diese Duelle mitnehmen kann. Diese Erkenntnis und die erneut sehr durchwachsene Leistung waren bei Schröder, Grammozis und Co. am Samstagabend aber kein Thema. Der Witz-Elfmeter sollte diesen Faktor aber keineswegs kaschieren, bei allem verständlichen Frust.